Hamburger Banken verzeichnen ein wachsendes Neugeschäft. Verbraucherschützer warnen vor übereilten Entscheidungen.

Hamburg. Bei Hamburger Banken floriert das Geschäft mit Baufinanzierungen. Im ersten Quartal hat es noch einmal einen richtigen Schub bekommen, ergab eine Umfrage des Abendblatts. Immer mehr Hamburger kaufen eine Immobilie zur Selbstnutzung oder als Kapitalanlage.

Die Sparda-Bank Hamburg verzeichnet einen regelrechten Boom bei den Baufinanzierungen: Im ersten Quartal hat sich das Zusagevolumen auf knapp 100 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Allein die Hälfte des Volumens entfiel auf den Monat März. "Die Dynamik nimmt noch weiter zu", sagt der Vorstandsvorsitzende Heinz Wings dem Abendblatt.

Auch andere Institute spüren dies. "Im ersten Quartal haben wir die Neuzusagen bei Baufinanzierungen um 36 Prozent erhöht", sagt Heidi Melis von der Hamburger Volksbank. "Unsere Kunden investieren lieber in die eigene Immobilie als in unsichere Börsenprodukte." Auch die Hamburger Sparkasse verzeichnete in den ersten drei Monaten eine kräftige Nachfrage, wollte aber keine Zahlen nennen. Das Geschäft könnte laut Haspa sogar noch besser laufen. "Das Problem ist, dass es mehr Kaufwillige als Immobilien gibt", sagt Ulrike Zobel, Baufinanzierungsexpertin der Hamburger Sparkasse. Steigende Preise sind die Folge, die für die Banken zu einem höheren Finanzierungsvolumen führen. Bei der PSD Bank Nord legte das Geschäft mit Baufinanzierungen im ersten Quartal um zwölf Prozent zu, wie Vorstandsvorsitzender Dieter Jurgeit dem Abendblatt sagte. Ein Drittel des Neugeschäfts entfällt dabei auf Forward-Darlehen. Mit diesem Finanzprodukt sichern sich Anleger gegen einen kleinen Aufschlag die aktuellen Konditionen, da ihre Zinsbindungsfrist erst in einigen Monaten oder Jahren ausläuft. Sie fürchten aber, dass bis dahin die Zinsen noch weiter gestiegen sind.

Lange Zeit war es sehr ruhig am Immobilienmarkt. Es dauerte viele Monate, bis ein Haus oder eine Wohnung einen neuen Käufer fand. Selbst als es im Herbst 2010 die Baufinanzierung mit einer Zinsbindung von zehn Jahren für weniger als drei Prozent Zinsen gab, elektrisierte das potenzielle Immobilienkäufer kaum. "Fallende Zinsen verleiten Bauherren eher zum Abwarten", sagt Erich Gluch vom Ifo-Institut. "Denn eine solche Entwicklung spricht für eine schwache Wirtschaft", sagt Max Herbst von der FMH-Finanzberatung dem Abendblatt. "Die Verbraucher fürchten dann den Verlust des Arbeitsplatzes und nehmen eine abwartende Haltung ein", so Herbst weiter.

Inzwischen hat sich das Bild gewandelt: Knapp 4,5 Prozent Zinsen kostet jetzt eine zehnjährige Baufinanzierung. "Wieder anziehende Zinsen, steigende Immobilienpreise und zunehmendes Misstrauen in die Geldwertstabilität haben die Nachfrage stark erhöht", sagt Wings. So verteuerten sich Eigentumswohnungen aus zweiter Hand in Hamburg innerhalb eines Jahres um im Schnitt 8,2 Prozent, wie aus dem Immobilienmarktatlas der LBS hervorgeht. Einfamilienhäuser kosten 4,2 Prozent mehr. Neu gebaute Eigentumswohnungen wurden um knapp zwölf Prozent teurer. "Wenn die Leute merken, dass die Immobilienpreise innerhalb eines Jahres um bis zu zehn Prozent steigen, dann kaufen sie auch wieder verstärkt", sagt Gluch.

Seit dem Tief im vergangenen Jahr sind die Baugeldzinsen um knapp 1,5 Prozentpunkte gestiegen. Die Gefahr massiver Finanzhilfen im Rahmen des Euro-Rettungspakets und die anziehende Inflation werden die Zinsen weiter steigen lassen, erwartet Robert Haselsteiner vom Baugeldvermittler Interhyp. Dagegen sieht Chefvolkswirt Jochen Intelmann von der Haspa "keinen weiteren großen Zinsanstieg". Die Belastungen für Deutschland aus der Euro-Rettung seien bereits im jetzigen Zinsniveau enthalten.

Die Immobilienkäufer haben aber weiterhin Zweifel an der Stabilität des Euro. Häufig gehe es bei den Immobilienkäufen um Kapitalanlagen durch Personen, die bereits Eigenheimbesitzer sind, sagt Wings. Um noch eine Alternative zu Immobilien zu haben, hat die Sparda-Bank zwei Sachwerte-Fonds aufgelegt, die unter anderem in Gold und andere Rohstoffe sowie in ausgewählte Aktien anlegen.

Weitere Gründe für den verstärkten Immobilienerwerb sind nach Einschätzung von Jurgeit die Angst vor Inflation und die niedrigen Sparzinsen. "Da die Verzinsung des Ersparten gering ist, wird es lieber in die eigenen vier Wände investiert", sagt er. "Auch der Anstieg der Mieten in Hamburg fördert den Immobilienkauf", sagt Melis.

Verbraucherschützer warnen allerdings, sich von der großen Euphorie beim Immobilienkauf anstecken zu lassen. "Eine solche Entscheidung muss man auch langfristig finanziell verkraften können", sagt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Er plädiert für eine unabhängige Beratung, denn 70 Prozent der Baufinanzierungen der Banken gingen am Bedarf der Kunden vorbei. Die Verbraucherschützer hatten die Finanzierungskonzepte überprüft und fanden Mängel bei der Zinsbindung und zu geringer Flexibilität. Nauhauser: "Fast jede dritte Finanzierung war zu teuer, weil der Kunde keine Vergleichsangebote eingeholt hatte."

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