Berlin. Vor der zweiten Verhandlungsrunde bei der Bahn sind die Fronten verhärtet. Streiks auch kurz vor Weihnachten sind möglich.

Vor Beginn der zweiten Tarifrunde der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL sind die Fronten weiter verhärtet. An diesem Donnerstag treffen beide Seiten erneut aufeinander. Es könnte eine kurze Zusammenkunft werden. Denn in der Sache liegen Arbeitgeber und Gewerkschaft in entscheidenden Punkten weit auseinander. So droht GDL-Chef Claus Weselsky bereits mit einem neuen Streik.

Ein neues Angebot will die Bahn nicht vorlegen. In der ersten Runde hat das Unternehmen elf Prozent mehr Lohn und Gehalt angeboten. Auch ist Personalvorstand Martin Seiler bereit, noch vor einem Abschluss 1400 Euro als Inflationsausgleichsprämie an die Beschäftigten im GDL-Tarif zu überweisen. Die Gewerkschaft lehnt das Angebot ab. Sie fordert unter anderem 555 Euro mehr im Monat und eine Prämie von 3000 Euro.

Der materiell größte und wichtigste Block im Forderungskatalog ist jedoch die Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter um 3 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich. Die solle „maßvoll in Schritten“ erfolgen, relativierte Weselsky die Arbeitszeitverkürzung, durch die der Job bei der Bahn attraktiver werden soll. Die Arbeitgeber ziehen hier aber eine rote Linie. Als „unerfüllbar“ bezeichnet Seiler diese Forderung. Es müssten 10.000 neue Leute eingestellt werden. Außerdem käme die kürzere Arbeitszeit allein schon einer Kostensteigerung um 20 Prozent gleich.

Streiks um die Weihnachtszeit wahrscheinlich

Damit steigt die Gefahr eines weiteren Warnstreiks. Weselsky hat schon angekündigt, dass er damit nicht lange warten will. Reisende könnten also schon in den nächsten Tagen erneut vergebens auf ihre Züge warten. Gleichzeitig hat die GDL ihre Mitglieder bereits zur Urabstimmung über einen unbefristeten Arbeitskampf aufgerufen. Das Votum soll noch vor Weihnachten vorliegen.

An den Feiertagen selbst will die GDL nicht streiken. Unklar ist allerdings, welchen Zeitraum der GDL-Chef mit dieser Zusage meint. Der Hauptreiseverkehr zu Weihnachten beginnt schon eine Woche zuvor und endet erst im Januar am Dreikönigstag. Es ist also möglich, dass die Hin- und Rückfahrt zur Familie kurz vor und kurz nach den Feiertagen durch Ausstände erschwert wird. Die Bahn will eine rasche Klärung dieser Frage erreichen, denn einen längeren Weihnachtsfrieden hatte Weselsky schon im Vorfeld der Tarifrunde abgelehnt. Den Fahrgästen droht bis dahin eine große Unsicherheit hinsichtlich eines verlässlichen Weihnachtsverkehrs.

Der erste Warnstreik in der vergangenen Woche hat den Zugverkehr bundesweit schon erheblich beeinträchtigt. Während des 20-stündigen Ausstands fuhr nur noch jeder fünfte Zug. Auch im Regionalverkehr blieben viele Züge im Depot. Rund 5000 Lokführer und Zugbegleiter haben sich nach Einschätzung der Bahn daran beteiligt.

In anderen Bereichen wie dem Netz oder den Bahnhöfen soll die Streikbeteiligung dagegen sehr gering gewesen sein. In diesen Sparten will die GDL Fuß fassen und für die Beschäftigten dort ebenfalls Tarifverträge abschließen. Doch dagegen spricht das Tarifeinheitsgesetz (TEG). Es sieht vor, dass in jedem der 300 Betriebe der Bahn nur der Tarifvertrag der jeweils größeren Gewerkschaft angewendet wird. Nur in 18 Betrieben wird diese Mehrheit der GDL zugesprochen. In allen anderen kommt die größere Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zum Zug. Auch diese Regelung spielt im Hintergrund eine wichtige Rolle für die Härte der Tarifauseinandersetzung.