Berlin. Pendler, Fernreisende, Nutzer von Deutschland-Tickets: Wer Anspruch auf Entschädigung hat – und über welche Summe.

Die Lokführer sind im Warnstreik. Seit Mittwochabend fahren viele Züge der Deutschen Bahn im Fern- und Nahverkehr nicht. Die Bahn bittet ihre Fahrgäste, an diesem Donnerstag auf nicht unbedingt notwendige Reisen zu verzichten oder Fahrten zu verschieben. „Im gesamten Fern- und Regionalverkehr kommt es zu massiven Beeinträchtigungen durch den GDL-Streik“, teilte die Bahn am frühen Donnerstagmorgen mit.

Die Auswirkungen des am Mittwochabend begonnenen 20-stündigen Warnstreiks im Regionalverkehr sind je nach Bundesland unterschiedlich. „In einzelnen Regionen fahren aufgrund der Streikbeteiligung teilweise gar keine Züge“, teilte der bundeseigene Konzern weiter mit.Was Fahrgäste jetzt wissen müssen – und welche Entschädigungen möglich sind.

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Fahren während des Warnstreiks überhaupt noch Züge?

Die Deutsche Bahn hat für den Fernverkehr einen Notfahrplan mit einem stark reduzierten Angebot aufgestellt. Während des Warnstreiks werden weniger als 20 Prozent aller Fernzüge – IC und ICE – fahren. Für diese Fahrten werden längere ICE-Züge eingesetzt, um möglichst viele Menschen zu befördern. Dennoch könne keine Mitfahrt garantiert werden, so die Bahn. Welche Züge fahren, kann in der Bahn-Navigator-App und oder unter Bahn.de/aktuell nachgesehen werden. Der Regionalverkehr ist ebenfalls massiv eingeschränkt, auch die S-Bahn-Verkehre. Regional gibt es hier große Unterschiede, in manchen Gegenden fahre nichts, so ein Bahn-Sprecher. Die Bahn hat eine kostenlose Streikhotline unter der Telefonnummer 08000 99 66 33 mit Informationen an Fahrgäste eingerichtet.

Was kann man tun, wenn der Zug nicht fährt?

Fällt ein Zug wegen des Streiks aus oder ist verspätet, so können Reisende einen anderen Zug zu ihrem Ziel nehmen. Die Zugbindung für Spartickets wird aufgehoben. Sitzplatzreservierungen können kostenlos storniert werden. Die Bahn rät allen, geplante Fahrten während der Streikzeit – von Mittwoch, 22 Uhr bis Donnerstag, 18 Uhr – zu verschieben. Alle Tickets, die in die Streikzeit fallen, können bereits vor Beginn des Streiks oder danach genutzt werden. Ein Ersatzverkehr durch Busse ist nicht geplant, da sowohl Busse als auch Fahrpersonal dafür fehlten, sagte eine Bahn-Sprecherin dieser Redaktion.

ICE-Zug ohne Lokführer: Der GDL-Warnstreik legt große Teile des Fernverkehrs lahm.
ICE-Zug ohne Lokführer: Der GDL-Warnstreik legt große Teile des Fernverkehrs lahm. © DPA Images | Marijan Murat

Haben Fahrgäste bei Streiks Anspruch auf Entschädigung?

Wenn Züge wegen Streiks oder Warnstreiks verspätet sind oder ausfallen, haben die Reisenden einen Anspruch auf Entschädigung. Es gelten die Fahrgastrechte der EU-Fahrgastverordnung. Zwar wurde im Sommer neu geregelt, dass der Entschädigungsanspruch für Passagiere entfällt, sofern dieser auf „außergewöhnliche Umstände“ zurückzuführen ist, die nicht im Verantwortungsbereich der Bahn liegen. Dies gilt beispielsweise für Wetterkapriolen. Ein Streik ist dagegen kein außergewöhnlicher Umstand, so der europäische Gesetzgeber. Also muss entschädigt werden.

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Wie hoch ist die Entschädigung?

Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Dauer der Verspätung. Kommen Fahrgäste mindestens 60 Minuten später als geplant an, haben sie einen Anspruch auf 25 Prozent Erstattung. Bei mehr als 120 Minuten Verspätung werden 50 Prozent des Ticketpreises ersetzt. Ab einer absehbaren Verspätung von mehr als einer Stunde können Fahrgäste auch auf die Fahrt verzichten und den kompletten Ticketpreis zurückverlangen. Die Erstattung erfolgt nach Wahl als Gutschein oder durch Auszahlung des Betrags.

Die Bahn ist zudem verpflichtet, bei Verspätungen von mehr als einer Stunde, kostenlose Erfrischungen und Mahlzeiten in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anzubieten. Erhalten die Fahrgäste keine Snacks, sollten sie sich mögliche Rechnungen für ihre Verpflegung aufbewahren.

Durch den Warnstreik drohen zahlreiche Züge auszufallen: Doch Fahrgäste haben viele Rechte auf Entschädigung.
Durch den Warnstreik drohen zahlreiche Züge auszufallen: Doch Fahrgäste haben viele Rechte auf Entschädigung. © picture alliance/dpa | Bodo Marks

Bekommt man auch Streik-Entschädigung mit dem Deutschlandticket?

Das Deutschlandticket gilt als Zeitfahrkarte des Nahverkehrs, für die ebenfalls die Fahrgastrechte gelten. Verspätungen oder Ausfälle werden pauschal mit 1,50 Euro pro Fahrt entschädigt. Insgesamt werden maximal 25 Prozent des Zeitfahrkartenwertes entschädigt. Fahrgäste haben jedoch die Möglichkeit, Verspätungsfälle ab 20 Minuten zu addieren und gesammelt einzureichen. Denn: Entschädigungsbeträge unter 4 Euro werden nicht ausgezahlt. „Maßgeblich für die Geltendmachung von Fahrgastrechteansprüchen sind in dem Fall die Angaben der Kunden und Kundinnen. Die Vorlage einer Bescheinigung ist nicht erforderlich“, so eine Bahn-Sprecherin.

Für Zeitfahrkarten im Fernverkehrs gibt es bei Zugausfall oder Verspätung 5 Euro (2. Klasse) und 7,50 Euro (1. Klasse). Bei der BahnCard 100: 10 Euro (2. Klasse) und 15 Euro (1. Klasse).

Wo kann man die Entschädigung beantragen?

Bei der Deutsche Bahn kann man die Entschädigung entweder im Internet auf bahn.de, auf der DB-Navigator-App oder in einem Servicecenter der DB beantragen. Bei online gebuchten Fahrscheinen besteht die Möglichkeit, den Entschädigungsantrag direkt im DB Navigator zu stellen. Auch nicht genutzte Platzreservierungskosten werden ersetzt.

Was passiert mit Rail-and Fly-Tickets?

Die Rail-and-Fly-Zugtickets zu Flughäfen sind in der Regel Teil der Flugbuchung. Insofern ist die Airline dafür zuständig und muss für eine Ersatzbeförderung sorgen. Wurden die Tickets separat gebucht, müssen die Fahrgäste alleine nach Alternativen suchen. Am besten setzt man sich dazu mit der Deutschen Bahn in Verbindung.

Darf man auch andere Verkehrsmittel benutzen?

Wenn die Bahn nicht innerhalb von 100 Minuten nach der planmäßigen Abfahrt darüber informiert, welche Möglichkeit zur Weiterreise zur Verfügung steht, haben Fahrgäste das Recht, mit anderen Eisenbahnen (wie Flixtrain oder Nightjet) oder einem Bus die Reise fortzusetzen. Die Kosten für die Nutzung eines Taxis, Flugzeugs oder einer Privatabholung werden in diesem Fall nicht erstattet, so die Bahn.

Wann darf man ein Taxi nehmen?

Wenn die Deutsche Bahn kein anderes Verkehrsmittel zur Verfügung stellt und die planmäßigen Ankunftszeit zwischen 0 und 5 Uhr liegt, ein Zug ausfällt, der die letzte fahrplanmäßige Verbindung des Tages ist oder der Zielbahnhof ohne Nutzung eines anderen Verkehrsmittels nicht mehr bis um 24 Uhr erreicht werden kann, werden die Kosten für ein anderes Verkehrsmittel bis max. 120 Euro ersetzt. Kosten für Fahrten mit dem privaten Pkw werden nicht erstattet.

Wann muss die Bahn eine Übernachtung bezahlen?

Wenn wegen eines Zugausfalls oder einer Verspätung die Fahrt am selben Tag nicht fortgesetzt werden kann, werden den Kunden angemessene Übernachtungskosten ersetzt, sofern die DB keine Übernachtungsmöglichkeit zur Verfügung stellt.

Was sollte man bei der Buchung der Weihnachtsreise beachten?

Die Deutsche Bahn rechnet bereits ab dem 18. Dezember bis zum 24. Dezember in der gesamten Weihnachtswoche mit einer hohen Nachfrage. Die Bahn empfiehlt, in jedem Fall einen Sitzplatz zu reservieren. Zu den am stärksten nachgefragten Strecken gehören die Verbindungen zwischen den großen Metropolen – z. B. zwischen Berlin und Hamburg, München und Hannover, Frankfurt am Main und Berlin oder Stuttgart und München.

Wie kommt man noch an preisgünstige Tickets?

Am schnellsten und einfachsten lassen sich günstige Tickets mit der Bestpreissuche auf bahn.de oder in der Navigator-App finden. „Wer flexibel reisen kann, sollte die Hauptreisezeiten meiden und eher nach Verbindungen am frühen Morgen und späteren Abend suchen“, rät eine Bahn-Sprecherin. Die Tickets sind schon seit Oktober buchbar.

Sollten Fernstrecken zu Weihnachten mit dem Deutschlandticket gefahren werden?

„Auf kurzen Strecken kann die Nutzung des Regionalverkehrs mit dem Deutschlandticket eine gute Alternative sein, allerdings rechnen wir auch hier auf vielen Strecken mit einer hohen Nachfrage“, sagt eine Bahn-Sprecherin.