Berlin. Nach IT-Chaos: Deutsche Bank will 250 Filialen ihrer Postbank-Tochter schließen. Verbraucherschützerin Ramona Pop übt heftige Kritik.

Nach der Ankündigung der Deutschen Bank, bei ihrer Tochter, der Postbank, in den nächsten zwei Jahren bis zu 250 der derzeit 550 Zweigstellen schließen zu wollen, gibt es harsche Kritik vonseiten der Verbraucherzentrale. „Die Nachricht, gerade jetzt nahezu die Hälfte der Filialen schließen zu wollen, klingt wie blanker Hohn für die Kundinnen und Kunden der Postbank“, sagte Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), unserer Redaktion. Die Postbank kämpfte im Zuge einer IT-Umstellung monatelang mit zu langen Bearbeitungszeiträumen und anderen Problemen, Kunden konnten teilweise nicht auf ihre Konten zugreifen, der Kundenservice war kaum erreichbar.

„Angesichts massiver und anhaltender Probleme beim Online-Banking in den vergangenen Monaten sollte die Deutsche Bank den Kundenservice endlich verbessern, statt diesen durch Filialschließungen zu schwächen“, sagte Pop weiter. Ihren Angaben zufolge liegen seit Jahresbeginn rund 1700 Beschwerden bei der Verbraucherzentrale von Kunden der Postbank und dazugehörigen DSL-Bank vor. Das seien zwischen Januar und September 2023 bereits fast dreimal so viele Beschwerden wie im gesamten Vorjahr. Allein im dritten Quartal dieses Jahres erfassten die Verbraucherzentralen demnach zu den beiden Banken mehr als 1100 Beschwerden. „Die Deutsche Bank ist angehalten, die anhaltenden Probleme bei der Postbank zügig zu lösen und die geschädigten Kundinnen und Kunden unbürokratisch zu entschädigen“, forderte Pop.

Nach Filialschließungen: Das wird an den verbliebenen Postbank-Standorten als Service angeboten

Die Postbank hatte Anfang der Woche angekündigt, rund die Hälfte aller Filialen schließen zu wollen. Den Plänen zufolge sollen die verbleibenden Postbank-Filialen als sogenannte Tech-Center Dienstleistungen für die Kundinnen und Kunden erbringen. Ob und wie viele Arbeitsplätze durch die Filialschließungen verloren gehen werden, ist derzeit noch nicht bekannt.

Ramona Pop ist Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Sie kritisiert die Postbank-Entscheidung, Standorte schließen zu wollen.
Ramona Pop ist Chefin des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Sie kritisiert die Postbank-Entscheidung, Standorte schließen zu wollen. © FUNKE Foto Services | Reto Klar

In 200 der verbleibenden Postbank-Standorte sollen weiterhin Post- und Paketdienstleistungen angeboten werden. An den weiteren rund 100 Standorten können sich Kundinnen und Kunden in einem neuen, ausschließlich auf Bankdienstleistungen fokussierten Filialformat persönlich vor Ort beraten lassen. Pakete aufgeben und Briefmarken kaufen wird in diesen 100 Filialen dann also nicht mehr möglich sein.

Postbank: Wollen zur „Mobile first“-Bank werden

Die Postbank betonte auf Nachfrage unserer Redaktion, mit den Filialschließungen ihr digitales Angebot stärken und ausbauen zu wollen. Dominik Hennen, seit 1. Oktober neuer Leiter des Personal Bankings der Privatkundenbank der Deutschen Bank, erklärte: „In den kommenden Jahren passen wir das Postbank-Filialnetz an die veränderte Kundennachfrage an. Dies geschieht schrittweise bis Mitte 2026. Parallel hierzu bauen wir unser digitales Angebot aus, stärken unsere Bargeldversorgung sowie die immer häufiger nachgefragten Direktkanäle mit zusätzlichen Beraterinnen und Beratern.“

Der Großteil der Postbank-Kunden würde schon heute bevorzugt das Digitalangebot nutzen. „Das führt derzeit bereits zu über 350 Millionen Logins im Jahr – Tendenz kontinuierlich steigend“, sagte Hennen. Man wolle daher den Kunden ein „volldigitales Produkt- und Serviceangebot“ anbieten; die Postbank solle so „als Mobile first Bank moderner und digitaler“ werden. Mit den verbleibenden Filialen wolle man hingegen „weiterhin persönliche Beratung vor Ort“ sicherstellen, versprach Hennen.

Nach IT-Chaos: Postbank gibt Entwarnung

Neben dem Ärger, den die Filialschließungen wohl bei vielen Postbank-Kunden auslösen dürften, hat die Deutsche-Bank-Tochter aber auch gute Neuigkeiten: Das IT-Chaos, das die Bank und ihre Kunden monatelang beschäftigt hatte, ist weitestgehend behoben. Die Migration der zwölf Millionen Postbank-Kundendaten auf die IT-Systeme der Deutschen Bank ist abgeschlossen. Seit September hat die Postbank eigenen Angaben nach „umfangreiche personelle, organisatorische und IT-technische Maßnahmen umgesetzt, die die Bearbeitungssituation kontinuierlich verbessern“.

Der Großteil der Bearbeitungen sei seitdem wieder in den Normalbetrieb zurückgekehrt, teilte die Postbank auf Nachfrage mit. Insbesondere bei Pfändungen, Auszahlungen von DSL-Baufinanzierungen und Nachlassangelegenheiten war die Bearbeitungszeit während der IT-Migration besonders lang. Das sei nun wieder weitestgehend normalisiert. Die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos könne innerhalb von durchschnittlich vier Tagen geschehen, die Freigabe gesperrter Konten innerhalb von durchschnittlich zwei Tagen.

Übernimmt bei der Deutschen Bank die Leitung des Bereichs „Personal Banking“: Dominik Hennen. | Foto: Deutsche Bank
Übernimmt bei der Deutschen Bank die Leitung des Bereichs „Personal Banking“: Dominik Hennen. | Foto: Deutsche Bank © Deutsche Bank | Deutsche Bank

Das Chaos bei der Migration der Daten von zwölf Millionen Postbank-Kunden auf die IT-Systeme der Deutschen Bank hatte auch die Finanzaufsicht Bafin auf den Plan gerufen. Die Bonner Wächterbehörde hatte geprüft, „ob aufsichtlich relevante Mängel“ bestehen. Schließlich hatte sie Anfang Oktober der Postbank dann sogar einen Sonderbeauftragten ins Haus geschickt, der dafür sorgen soll, dass der Kundenservice schnell wieder läuft.

Mit der Entscheidung, einen Teil ihrer Filialen vor Ort zu schließen, steht die Postbank indes nicht alleine da. Getrieben von der Digitalisierung schließen in Deutschland immer mehr Bankfilialen. Laut Zahlen der Bundesbank aus dem Sommer sank die Zahl der Zweigstellen im vergangenen Jahr insgesamt um fast sechs Prozent auf noch 20.446 Bankfilialen. Damit hat sich die Zahl der Standorte binnen zehn Jahren fast halbiert. 2021 hatte der Schwund sogar bei fast zehn Prozent gelegen.