Energiekosten

Öl, Gas, Pellets – der große Kostenvergleich für Hamburger

| Lesedauer: 10 Minuten
Steffen Preißler
Schon jetzt ist absehbar, dass für viele Hamburger die Heizrechnung fast unbezahlbar wird. (Symbolbild)

Schon jetzt ist absehbar, dass für viele Hamburger die Heizrechnung fast unbezahlbar wird. (Symbolbild)

Foto: picture alliance / photothek | Ute Grabowsky

Egal, womit man heizt, fest steht: Der Winter wird teuer. Vielen ist das Ausmaß gar nicht bewusst. Wie hoch die Rechnungen ausfallen.

Hamburg.  Wer in diesen Tagen Post vom Gasversorger bekommt, dürfte keine guten Nachrichten vorfinden. So wie Thomas H. 4,6 Cent pro Kilowattstunde (kWh) zahlte der Hamburger bisher bei Vattenfall im Tarif Easy 12. Eine zwölfmonatige Preisgarantie hatte ihn bisher von den exorbitanten Preissteigerungen am Gasmarkt verschont. Doch jetzt erhöhte der Versorger den Preis auf 16,18 Cent je kWh. Fast eine Vervierfachung des Preises, stellt Thomas H. empört fest.

„Vattenfall kann sich nicht vom Marktgeschehen abkoppeln. Es liegt auf der Hand, dass der Einkauf von Gas generell teurer geworden ist, was zu höheren Beschaffungskosten führt“, sagt ein Sprecher des Unternehmens. Auch hätten viele Netzbetreiber zum 1. Januar 2022 ihre Netznutzungsentgelte angepasst. „Daraus folgen Kostensteigerungen für uns, weswegen sich die Preise für unsere Gastarife laufend verändern“, so der Vattenfall-Sprecher.

Energiekosten: Heizrechnung fast unbezahlbar

Ein schwacher Trost: Für diesen Tarif bleibt es weiter bei einer zwölfmonatigen Preisgarantie. Allerdings schränkt Vattenfall ein, dass es dennoch nach dem Energiesicherungsgesetz während der Vertragslaufzeit zu Preiserhöhungen kommen kann, sollten sich staatliche Umlagen ändern. So ist die Höhe der neuen Ga­sumlage in Höhe von 2, 419 Cent/kWh nur bis Ende Dezember 2022 festgezurrt.

Noch gibt es also viele Variablen für die finanzielle Belastung in diesem Winter, dabei ist jetzt schon absehbar, dass für viele Hamburger die Heizrechnung fast unbezahlbar wird, wie Berechnungen der Initiative Klimaneutrales Deutschland (IKND) und unserer Zeitung zeigen. Je höher der Energieverbrauch der Immobilie ist, umso gravierender wirken sich die Preiserhöhungen der Gasversorger aus. In schlecht gedämmten Häusern müssen Eigentümer oder Mieter mit jährlichen Kosten von mehr als 8000 Euro in der kommenden Heizsaison rechnen, wenn ihr Gaspreis knapp unter 20 Cent/kWh bleibt (siehe Grafik).

Ausmaß der Kostenexplosion vielen nicht bewusst

Wenn sich der Gasversorger nicht schon mit neuen Preisen gemeldet hat, dürfte vielen Hamburgern das Ausmaß der Kostenexplosion noch gar nicht bewusst sein. Das liegt auch daran, dass sie gar nicht wissen, wie schlecht ihr Haus bei der Energieeffizienz abschneidet, wie eine Studie der IKND zeigt. Niemand glaubt, dass seine Immobilie in die schlechtesten Energieeffizienzklassen G und H fällt, aber bei knapp 26 Prozent der Eigentümer ist das der Fall (s. Grafik). Nur fünf Prozent gehen davon aus, ihr Haus befinde sich in der Effizienzklasse D, tatsächlich sind es aber 13,5 Prozent.

Mit Klasse D schneide man noch gut ab, urteilt die IKND. Ein Fünftel aller Wohngebäude in Deutschland habe diese Klasse. „Häuser dieser Kategorie entsprechen einem gut sanierten Altbau. Ab einem Energieverbrauch von etwa 120 kWh pro Quadratmeter und Jahr rentiert sich zudem in den meisten Fällen der Einbau einer Wärmepumpe“, heißt es in der IKND-Studie.

Entlastung der Regierung bei Rechnung berücksichtigt

Für die Klasse D wird ein Endenergieverbrauch von 125 kWh pro Quadratmeter und Jahr angenommen. Doch bei den aktuellen Gaspreisen führt das bei einem Haus mit einer Wohnfläche von 150 Quadratmetern schon zu einer jährlichen Rechnung von 3667 Euro, also 305 Euro im Monat. Im Vergleich zum Winter 2021/22 sind das 226 Prozent mehr.

In der Energieeffizienzklasse F werden monatlich schon 440 Euro fällig, und in Klasse H sind es 672 Euro, also mehr als 8000 Euro im Jahr nur für die Heizung und das Warmwasser. Die geplante Entlastung der Regierung durch die Reduzierung der Mehrwertsteuer von 19 auf 7 Prozent für die Gasrechnung ist dabei schon berücksichtigt.

„Preis bildet die Bestandsverträge der Kunden gut ab"

Basis für die Berechnungen ist der Veri­vox-Verbraucherpreisindex Gas, der aktuell bei 21,75 Cent je kWh liegt. „Der Preis bildet die Bestandsverträge der Kunden gut ab, erfasst aber auch die aktuellen Erhöhungen“, sagt ein Sprecher von Verivox. Mit den von Oktober an geplanten reduzierten Mehrwertsteuersatz von sieben statt 19 Prozent auf die Gasrechnung ergibt sich ein Wert von 19,56 Cent/kWh, der für die Berechnungen in den Tabellen herangezogen wurde. Der Energieverbrauch stammt aus der IKND-Studie.

Die jährliche Energierechnung in einem Haus mit der Klasse H (8068 Euro) ist mehr als doppelt so hoch wie in Klasse D (3667 Euro). „Diese gravierenden Unterschiede zwischen sanierten und unsanierten Häusern zeigen, welche positiven Effekte die energetische Gebäude­sanierung in der Praxis haben könnte, um exorbitante Rechnungen mittelfristig und auf Dauer zu vermeiden“, sagt Clara Mewes, wissenschaftliche Referentin der IKND.

Ältere leben oft in alten Häusern

„Gerade Menschen mit geringem Einkommen und Ältere leben meist in älteren Häusern, die in einem schlechten energetischen Zustand sind. Genau diese Gruppen werden aufgrund der rasant gestiegenen – und wohl weiter steigenden – Energiepreise besonders belastet.“

In einer Wohnung ist der Endenergieverbrauch nach Einschätzung der IKND nicht geringer, aber die Wohnfläche in der Regel kleiner. Geht man von einer 60 Quadratmeter großen Wohnung mit Energieklasse D in einem Mehrfamilienhaus aus, so steigt die Energierechnung bei Gasheizung von 450 Euro im Winter 2021/22 auf 1467 Euro, also um 226 Prozent. In Effizienzklasse G erhöht sich die Energierechnung schon auf 2640 Euro, das sind 220 Euro im Monat.

Auch bei Heizöl steigen die Preise

Doch nicht nur mit einer Gasheizung muss in diesem Winter mit deutlich höheren Kosten gerechnet werden. Wer sich jetzt erst mit Heizöl oder Pellets bevorratet, hat nur noch geringe Kostenvorteile gegenüber dem Energieträger Gas. Die Ölheizung ist elf Prozent günstiger als die Gasheizung, und die Pelletheizung bringt einen Kostenvorteil von 15 Prozent. In einem noch recht gut gedämmten alten Einfamilienhaus mit 150 Quadratmeter Wohnfläche (Klasse D) zahlt der Besitzer mit der Pelletheizung 3106 Euro in der kommenden Heizsaison, während bei der Gasheizung 3667 Euro fällig werden.

Die Ölheizungsrechnung liegt bei 3259 Euro. Je schlechter das Haus gedämmt ist, desto größer ist die absolute Ersparnis. In der schlechtesten Effizienzklasse H spart die Pellet- gegenüber der Gasheizung 1234 Euro im Jahr. Aber auch die Nutzer von Pelletheizungen sind über die Preissteigerungen ihres Heizmaterials verärgert. Denn sie müssen im Vergleich zum vergangenen Winter überraschend die höchsten Steigerungen hinnehmen, wie Berechnungen unserer Zeitung zeigen. So stieg die Jahresrechnung für die Pelletheizung gegenüber dem vergangenen Winter um 279 Prozent. Das ist ein deutlich stärkerer Anstieg als bei Gas (226 Prozent) und bei der Ölheizung (142 Prozent).

Pelletpreis extrem angestiegen

Der Pelletpreis ist innerhalb eines Jahres von 21 Cent je Kilogramm auf 80 Cent gestiegen. „Angesichts einer weiterhin zufriedenstellenden Rohstofflage in Deutschland ist die aktuelle Preissteigerung im Wesentlichen auf eine sprunghaft gestiegene Nachfrage sowie erhöhte Kosten bei Produktion und Transport der Holzpresslinge zurückzuführen“, sagt Martin Bentele, Geschäftsführer des Deutschen Energieholz- und Pellet-Verbands (DEPI). „Viele Heizungsbetreiber bestellen Pellets auch ohne akuten Bedarf.“ Außerdem hat die EU bisher erhebliche Mengen an Holzpellets aus Russland und der Ukraine importiert. Das fällt jetzt weg.

Deutschland kann sich zwar gut selbst mit Holzpellets versorgen, allerdings steigen dadurch die Preise, weil nun auch Kunden aus anderen Ländern in Deutschland bestellen. Bisher dachten die Nutzer von Pelletheizungen einen preisstabilen Energieträger gefunden zu haben. Von 2012 bis 2021 lag die durchschnittliche jährliche Preissteigerung nur bei 0,24 Prozent. 2021 gab es laut DEPI 570.000 Pelletheizungen deutschlandweit. Für dieses Jahr wird mit 80.000 neuen Anlagen gerechnet. Der zeitnahe Abschied von Öl- und Gasheizungen, wie von der Bundes­regierung geplant, verstärke diesen Trend noch, sagt Bentele.

„Die Pelletheizung in Hamburg nicht gern gesehen"

Besitzer von Pelletheizungen müssen sich nicht nur über steigende Preise ärgern, sondern ihre Anlagen sind auch der Politik ein Dorn im Auge, obwohl die Holzpresslinge aus Abfallprodukten wie Sägemehl und Hobelspäne hergestellt werden und Pelletheizungen keiner CO2-Abgabe unterliegen. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) hält den Trend zu Holzpellet-Heizungen aus Klimaschutzgründen für problematisch.

„In der Klimakrise müssen wir schauen, wo wir mit dem geringsten Mitteleinsatz den maximalen Erfolg bekommen. Und das ist beim Holz nicht das Verheizen.“ Auch Sägespäne könne man sinnvoller nutzen und zu Spanholzplatten verarbeiten. „Die Pelletheizung ist in Hamburg wegen der Feinstaubbelastung nicht gerne gesehen“, sagt der Hamburger Energieberater Jan-Peter Peters.

Energiekosten: Nur noch ein Anbieter für Pellets

Ob Pellets oder Heizöl: Wer die Energieträger jetzt bestellt, muss auf jeden Fall Geduld mitbringen. Die Lieferzeiten für beide Energieträger liegen bei mindestens vier Wochen in Hamburg. Während es für Heizöl mehrere Lieferanten gibt, steht in Hamburg für Pellets auf der Vergleichsplattform Heizpellets24 nur noch ein Anbieter zur Verfügung.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Wirtschaft