Berlin. Carla Kriwet wird Chefin von Fresenius Medical Care. Von den 40 Dax-Konzernen haben dennoch nur zwei Firmen eine Frau an der Spitze.

Der Deutsche Aktienindex (Dax) bekommt seine zweite Frau an der Spitze eines Unternehmens: Carla Kriwet wird im Januar 2023 Vorstandsvorsitzende beim Bad Homburger Dialysekonzern Fresenius Medical Care. Die gebürtige Essenerin wird damit auf Rice Powell folgen, der altersbedingt mit dem Auslaufen seines Vertrages ausscheiden wird.

Noch immer sind Frauen auf den Chefposten der deutschen Top-Konzerne die Ausnahme. Erst 2019 schaffte es eine Frau an die Spitze eines Dax-Konzerns: Jennifer Morgan bildete damals beim Softwareriesen SAP eine Doppelspitze mit Christian Klein. Gerade einmal ein halbes Jahr später musste die US-Amerikanerin aber schon wieder ihren Hut nehmen.

Erste alleinige Chefin eines Dax-Konzerns wurde im Mai 2021 die Spanierin Belén Garijo, die dem Darmstädter Pharmakonzern Merck vorsteht. Nun steht erstmals eine Deutsche an der Spitze der 40 im deutschen Börsen-Leitindex notierten Firmen.

Dax: Carla Kriwet wird Chefin von Fresenius Medical Care

„Endlich kommt Bewegung in die Führungsetagen der ersten Börsenliga“, freute sich Anja Seng. Die Wirtschaftsprofessorin ist Vizepräsidentin der Initiative Frauen in die Aufsichtsräte (Fidar), die sich für mehr Frauen in Spitzenpositionen starkmacht.

Zugleich gebe es noch viel zu tun, mahnt Seng: „In anderen Ländern gehören weibliche Vorstandsmitglieder und CEOs zum Alltag, Deutschland hinkt bei der gleichberechtigten Teilhabe weiter hinterher.“

Zwar sinke die Zahl der Konzerne mit frauenfreien Führungsetagen. Aber: „Die Frauenquote für Aufsichtsräte und das Mindestbeteiligungsgebot für Vorstände gelten für viel zu wenige Unternehmen“, kritisierte Seng.

Carla Kriwet führte bisher die Bosch-Tochter BSH Hausgeräte.
Carla Kriwet führte bisher die Bosch-Tochter BSH Hausgeräte. © picture alliance/dpa | Bernd von Jutrczenka

Frauenquote gilt seit 2016

Seit sechs Jahren gibt es in Deutschland eine Frauenquote. Zunächst galt sie lediglich für Aufsichtsräte von börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen. Im vergangenen Jahr hatte die Bundesregierung dann die Zügel angezogen – und Änderungen beschlossen, die in diesem Jahr wirksam werden.

Ab dem 1. August müssen Firmen mit mehr als 2000 Beschäftigten und mehr als drei Vorstandsmitgliedern bei Neubesetzungen mindestens eine Frau und einen Mann im Vorstand haben. Bei Unternehmen, bei denen der Bund eine Mehrheit hält, müssen mindestens 30 Prozent der Aufsichtsratsmitglieder weiblich sein. Das betrifft beispielsweise die Deutsche Bahn.

Weibliche Doppelspitze bei Fresenius Medical Care

Bei Fresenius Medical Care kommt es nun zu einer weiblichen Doppelspitze, da auch der Vertrag von Finanzchefin Helen Giza um fünf Jahre verlängert wurde. Sie wird Kriwets Stellvertreterin werden.

Carla Kriwet selbst blickt auf eine abwechslungsreiche Karriere zurück. Die Mutter dreier Kinder arbeitete als Beraterin für die Boston Consulting Group, war für den Chemiekonzern Linde tätig und leitete den Vertrieb des Medizintechnikers Drägerwerk. Zuletzt war die Tochter des früheren Thyssen-Chefs Heinz Kriwet als Vorsitzende der Geschäftsführung der Bosch-Tochter BSH Hausgeräte tätig.

Neben Kriwet sorgte in dieser Woche die bisherige Fuchs-Petrolub-Finanzchefin Dagmar Steinert für Schlagzeilen. Als erste Frau rückt sie in den Vorstand des Rüstungskonzerns Rheinmetall auf und wird dort Finanzchefin.