Berlin/Frankfurt. Dieser Rückzug wird Politik und Finanzmärkte länger beschäftigen. Ein starker EZB-Kritiker und Warner vor einer neuen Inflation geht.

Paukenschlag für die Bundespolitik und die Finanzmärkte: Der Präsident der Deutschen Bundesbank, Jens Weidmann, tritt nach zehn Amtsjahren überraschend zurück. Weidmann erklärte am Mittwoch, er habe in einem Schreiben an Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier um seine Entlassung zum 31. Dezember diesen Jahres gebeten.

Der 53-Jährige hatte die Bundesbank sei 2011 geleitet, zuvor war der promovierte Volkswirt enger Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Leiter der wirtschaftspolitischen Abteilung im Kanzleramt. In Bundesbank-Kreisen hieß es, Weidmann habe seinen Schritt bewusst auf die Zeit nach der Bundestagswahl gelegt - die politische Zäsur in Berlin sei ein guter Zeitpunkt für den Wechsel an der Spitze der Notenbank, ein Rückzug schon vor der Bundestagswahl hätte große Irritationen im Wahlkampf ausgelöst.

Weidmann sagte: "Nach zehn Jahren ist es Zeit für einen neuen Abschnitt - für die Bundesbank und auch für mich persönlich." In seiner Abschiedserklärung mahnte Weidmann erneut, die Inflationsgefahr nicht zu unterschätzen.

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Bundesbank-Präsident Jens Weidmann warnte vor Inflationsgefahr

Einen unmittelbaren politischen Anlass hat der Rücktritt offenbar nicht. Weidmann galt zwar als schärfster Kritiker der lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und hat zuletzt auch energisch gewarnt, die Inflationsgefahr in der Eurozone zu unterschätzen. Doch heißt es in Bundesbankkreisen in Frankfurt, zehn Jahre an der Spitze der Bundesbank seien für den Präsidenten eine sehr anstrengende Zeit gewesen.

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Weidmann hatte wegen seiner kritischen Haltung zur EZB-Politik, etwa zum gigantischen Ankaufprogramm von Staatsanleihen der EU-Länder, immer wieder im Zentrum kontroverser Debatten gestanden. 2019 wurde er als möglicher neuer EZB-Präsident gehandelt, die Hoffnung auf diesen Karrieresprung erfüllte sich aber nicht. Für die geplante Ampel-Koalition kommt mit Weidmanns Rückzug eine weitere, wichtige Personalentscheidung zu.

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