Hannover. Der Tourismus unterliegt starken saisonalen Schwankungen, oft sind Arbeitsverträge des Personals vor allem an den Reisezielen befristet. 2020 kam dann noch der Corona-Einbruch. Beim Branchenführer Tui sinkt die Gesamtbeschäftigung erheblich - der Sparkurs im Konzern läuft.

Das 2020 über weite Strecken eingebrochene Tourismusgeschäft hat beim Branchenprimus Tui nach Informationen aus Konzernkreisen zu einem personellen Aderlass geführt.

Im vergangenen November habe die gesamte Gruppe 37 Prozent weniger Mitarbeiter beschäftigt als ein Jahr zuvor, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag. Demnach schrumpfte die Belegschaft von knapp 60.300 Menschen im November 2019 auf rund 38.200 vor dem Jahresende 2020.

Zu üblichen Saisoneffekten wie einer geringeren Auslastung außerhalb des Sommers kamen diesmal noch die Pandemie-Folgen. Nebenbei fährt der weltgrößte Reiseanbieter einen scharfen Sparkurs, vor allem im Ausland.

Bereits bei der Vorlage der offiziellen Zahlen zum Geschäftsjahr 2019/2020 im Dezember hatte sich gezeigt, dass die Corona-Krise stark auf die Beschäftigung durchschlägt. Zum Stichtag September 2020 hatte Tui noch etwa 48.300 Mitarbeiter - nach gut 71.500 ein Jahr zuvor.

Im zurückliegenden Sommer brauchte der Konzern in den Urlaubsgebieten zunächst weniger Saisonkräfte als in normalen Jahren. Es habe nach der Rücknahme von Reisebeschränkungen zwischenzeitlich zwar wieder mehr Einstellungen gegeben, erklärte das Unternehmen in Hannover. Hinzu kämen nun allerdings auch Schließungen in Wintersport-Regionen sowie an südlichen Zielen wie den Kanarischen Inseln oder in Ägypten.

Im Winter ist das Tourismusgeschäft auch sonst schwächer - vor Corona hatte die Differenz beim Personal gegenüber dem Sommer bei 15.000 gelegen, wie ein Sprecher berichtete. Insgesamt dürfte jedoch auch das Sparprogramm eine Rolle spielen. Tui-Chef Fritz Joussen will 8000 Stellen abbauen, besonders außerhalb Deutschlands. Bisher hält er weitere Kürzungen nicht für nötig, weil die eingeleiteten Maßnahmen ab 2023 mehr Einsparungen brächten als zunächst kalkuliert.

Wie es aus dem Konzernumfeld weiter hieß, soll der Jobabbau in Deutschland bis zum November im Vorjahresvergleich bei etwa 17 Prozent gelegen haben. In den Hotels an den Urlaubsorten dagegen kam es demnach zu mehr als einer Halbierung der Belegschaft (minus 57 Prozent). Die Airline Tuifly soll 12 Prozent, das Unternehmen Tui Deutschland 7 Prozent weniger Mitarbeiter beschäftigt haben. Bei Tuifly sind Stellenabbau und Flottenkürzung heftig umstritten.

Der Betriebsrat bestätigte die Entwicklung auf Nachfrage. Der Saisoneffekt bleibe speziell in den Feriengebieten groß: "Wir haben auch sonst viele Befristungen. Im Sommer geht es rauf, im Winter etwas runter." Angesichts der aktuellen Lage habe man zuletzt aber besonders viele zeitlich begrenzte Verträge nicht verlängern können. "Allein in Mexiko haben wir normalerweise bis zu 300 Reiseleiter – aber 2020 so gut wie kein Geschäft. Das geht dann nicht anders."

In Deutschland habe das Unternehmen für den laufenden Personalabbau ebenso auslaufende Verträge und die Altersfluktuation genutzt. "Einige Leute haben auch von sich aus gekündigt", berichtete Konzernbetriebsratschef Frank Jakobi. Betriebsbedingte Kündigungen habe es nicht gegeben. Zudem habe die Insolvenz des Ex-Rivalen Thomas Cook 2019 zunächst die Beschäftigung bei Tui hochgetrieben: "Wir hatten damals das höchste Buchungsaufkommen aller Zeiten in Großbritannien, auch in Deutschland gab es erst viel Zusatzgeschäft." Auch deshalb sei das Personalvolumen Ende 2019 sehr groß gewesen.

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