Berlin. Volkswagen will Milliarden in die E-Flotte und vernetzte Autos stecken. Dafür sieht sich das Unternehmen trotz Einbruchs in der Corona-Krise gut gerüstet. Investoren stört aber, dass der Dieselskandal immer noch nicht ausgestanden ist.

Der Volkswagen-Konzern hat seinen Ausblick für dieses Jahr trotz der Corona-Krise bestätigt. Demnach geht der Dax-Konzern weiter von einem positiven operativen Ergebnis aus, wie der Autobauer am Mittwoch auf der Online-Hauptversammlung in Berlin mitteilte.

Die milliardenschweren Zukunftsinvestitionen in die Elektroflotte bekräftigte das Unternehmen. VW-Konzernchef Herbert Diess hob aber auch die Bedeutung des digitalen Wandels für die Branche und den Konzern hervor.

Der Wandel der Antriebstechnik sei der einfachere Weg, den die traditionellen Autohersteller bewältigen müssten. "Viel weitreichender wird es sein, dass das Auto sich in den kommenden zehn Jahren zu einem vollvernetzten Mobilitätsdevice entwickelt", sagte Diess. VW müsse in der Lage sein, nicht nur die Transporthülle anzubieten, sondern auch das Gehirn, das das Fahrzeug mit Künstlicher Intelligenz sicher steuere. Um das zu erreichen, müsse sich der Konzern hin zu einem Digitalunternehmen wandeln.

"Der Umbau des Unternehmens wird von Corona nicht gebremst, sondern beschleunigt", kündigte Diess an. Allein 14 Milliarden Euro fließen den Angaben zufolge bis 2024 in den Aufbau der IT-Kompetenz und das autonome Fahren. In den Ausbau der E-Mobilität sollen bis 2024 33 Milliarden Euro fließen. VW will Marktführer bei batterie-elektrischen Fahrzeugen werden.

Trotz der Pandemie will der Konzern seinen Aktionären wie geplant eine Dividende zahlen. Wegen der nach wie vor schwer einschätzbaren Entwicklungen und der großen Auswirkungen der Corona-Krise auf den Konzern blieb das aber Management dabei, den ursprünglichen Dividendenvorschlag für das vergangene Jahr um 1,70 Euro auf 4,86 je Vorzugsaktie zu kürzen, um die Kasse zu schonen. Stammaktionäre sollen jeweils 6 Cent weniger bekommen.

Fünf Jahre nach Aufdeckung des Dieselskandals wehrt sich der VW-Konzern weiter gegen eine externe Prüfung. "Wir sind der Auffassung, dass die Anordnung der Sonderprüfung und der Austausch des Sonderprüfers Volkswagen in seinen durch die Verfassung geschützten Rechten verletzen", sagte Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch. Die erneute Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht hatte das Unternehmen zuvor im Halbjahresbericht für 2020 angekündigt.

Der Antrag für eine externe Aufarbeitung war von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) gekommen. Im Mai dieses Jahres hatte das Oberlandesgericht in Celle eine frühere Entscheidung dazu bestätigt und dabei den ursprünglich ernannten Prüfer aus Altersgründen ersetzt. Da die OLG-Entscheidung formal rechtskräftig ist, gehen die Wolfsburger den Weg zum Verfassungsgericht in Karlsruhe.

Aus Sicht von Volkswagen werden die Vorgänge, die der Sonderprüfer aufklären soll, bereits sehr breit und auch unabhängig aufgeklärt. Pötsch verwies auf den vom US-amerikanischen Justizministerium eingesetzten unabhängigen Kontrolleur (Compliance Monitor) Larry Thompson. Im Übrigen kooperiere der Konzern vollumfänglich mit den Behörden in zahlreichen Ländern. Nach VW-Angaben hat der neue Sonderprüfer die Bestellung zwischenzeitlich angenommen. Die Verfassungsbeschwerde habe keine aufschiebende Wirkung.

Obwohl die Anleger in Berlin nicht dabei sein konnten und das ungewöhnliche Format der Online-Hauptversammlung einen direkten Dialog mit der VW-Führung verhinderte, übten die Aktionärsvertreter mit ihren schriftlichen Einlassungen und Fragen teils deutliche Kritik. So monierte etwa Fondsmanager Ingo Speich von der Sparkassen-Fondsgesellschaft Deka, dass der Dieselskandal noch nicht ausgestanden sei und "althergebrachte Kontrollschwächen" die VW-Investoren weiterhin teuer zu stehen kämen.

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