Berlin. “Wirtschaft unter Schock“ - das ist der Titel des Frühjahrsgutachtens führender Wirtschaftsforschungsinstitute. Die Finanzpolitik halte dagegen. Aber die Folgen der Corona-Krise sind für Millionen von Bürgern spürbar.

Die schweren wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise werden nach einer Prognose führender Wirtschaftsforschungsinstitute deutliche Spuren auf dem Arbeitsmarkt hinterlassen.

In der Spitze werde die Arbeitslosenquote auf 5,9 Prozent und die Zahl der Kurzarbeiter auf 2,4 Millionen hochschnellen, geht aus dem Frühjahrsgutachten der Institute hervor. Es wird am Mittwoch vorgelegt und lag der Deutschen Presse-Agentur vorab vor.

Im Durchschnitt werden demnach die Arbeitslosenzahlen im Vergleich zum Vorjahr um knapp eine Viertel Million auf 2,5 Millionen steigen, heißt es. Auswirkungen habe die Rezession auch auf die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte, die im laufenden Jahr erstmals seit der weltweiten Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09 sinken werden.

Die Konjunktur in Deutschland breche als Folge der Corona-Pandemie drastisch ein, heißt es im Gutachten. Um die Infektionswelle abzubremsen, habe der Staat die wirtschaftliche Aktivität in Deutschland stark eingeschränkt. Deshalb dürfte das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr um 4,2 Prozent schrumpfen.

Bereits im ersten Quartal 2020 dürfte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 1,9 Prozent im Vergleich zum Vorquartal geschrumpft sein, erwarten die Institute. Das Statistische Bundesamt will die erste Schätzung zum ersten Quartal am 15. Mai vorlegen. Im zweiten Quartal bricht es dann laut Gutachten als Folge des "Shutdowns" um 9,8 Prozent ein. Dies sei der stärkste je seit Beginn der Vierteljahresrechnung im Jahr 1970 gemessene Rückgang in Deutschland und mehr als doppelt so groß wie jener während der Weltfinanzkrise im ersten Quartal 2009. Für das kommende Jahr sagen die Institute eine Erholung und ein Wachstum von 5,8 Prozent voraus. Die Erholung könnte dem Gutachten zufolge bereits im dritten und vierten Quartal 2020 mit einem BIP-Zuwachs von 8,5 beziehungsweise 3,1 jeweils zum Vorquartal einsetzen.

Weiter heißt es, sowohl die Lohnsumme als auch die Einkommen aus selbstständiger Arbeit und Vermögen werden im laufenden Jahr zurückgehen. Dem wirke der beschleunigte Anstieg von monetären Sozialleistungen infolge steigender Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit entgegen. Gestützt werde die Kaufkraft der privaten Haushalte im laufenden Jahr durch den geringeren Preisauftrieb, der vor allem aus dem Absturz der Rohölpreise resultiert. Die Verbraucherpreise werden in diesem Jahr laut Gutachten nur um 0,6 Prozent steigen.

Mit der Prognose seien allerdings erhebliche Abwärtsrisiken verbunden, etwa weil sich die Pandemie deutlich langsamer abschwächen lasse - oder weil das Wiederhochfahren der wirtschaftlichen Aktivität schlechter gelingt als angenommen beziehungsweise eine erneute Ansteckungswelle auslöse.

An der Gemeinschaftsdiagnose beteiligt sind die Institute ifo, DIW Berlin, IfW Kiel, RWI Essen und IW Halle. Sie sind in ihrem Gutachten damit leicht optimistischer als Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), aber pessimistischer als die "Wirtschaftsweisen".

Altmaier hatte vor kurzem gesagt, die Einschnitte beim Wirtschaftswachstum würden mindestens so stark, wenn nicht stärker als in der Finanzkrise 2009. Damals war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 5,7 Prozent zurückgegangen. Die "Wirtschaftsweisen" hatten Ende März in einem Sondergutachten als derzeit wahrscheinlichstes Szenario einen fünfwöchigen "Shutdown" und eine anschließende kurze Erholungsphase unterstellt. Für diesen Fall würde das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands 2020 um 2,8 Prozent schrumpfen, um im folgenden Jahr gleich wieder um 3,7 Prozent zuzulegen.