Berlin. Die Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank sind gescheitert. Es war ohnehin unklar, was das hätte bringen sollen.

Das Ende der Fusionsgespräche zwischen Deutscher Bank und Commerzbank ist auch Ausdruck einer zunehmend fehlgeleiteten Industriepolitik der Bundesregierung. Man kann ihre Denkweise auf zwei Formeln herunterbrechen.

Erstens: Je größer ein Unternehmen ist, desto besser.

Zweitens: Wenn sie aus eigener Kraft nicht stark werden, dann muss der Staat nachhelfen. Wie er die deutsche Wirtschaft umbauen will, zeigte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) vor einigen Wochen bei der Vorstellung seiner „Nationalen Industriestrategie 2030“. Er wünscht sich mehr „nationale Champions“ – notfalls sollen sie per Staatshilfe auf Weltniveau katapultiert werden.

Berlin setzt wieder auf Verquickung von Staat und Wirtschaft

Es ist erstaunlich, dass die Bundesregierung wieder verstärkt auf eine Verquickung von Staat und Wirtschaft setzt. Obwohl es zahlreiche Belege dafür gibt, dass der Staat nicht der bessere Unternehmer ist. Wem das zu abstrakt ist, der soll sich mal wieder in einen Zug der Deutschen Bahn setzen. Bei dem Staatsunternehmen wird die Misere besonders deutlich.

Zuletzt hatte sich Altmaier auch bei der Fusion der Zugsparten von Siemens mit dem französischen Pendant Alstom verspekuliert. Sicher, der deutsche-französische Konzern wäre bei der internationalen Auftragsvergabe chancenreich gewesen. In Europa aber hätte es keinen Wettbewerb mehr gegeben, etwa bei der Signaltechnik – mit allen Folgen für Qualität und Preis.

Hintergrund: Deutsche Bank und Commerzbank: Ende eines Hochzeitstraums

Beide Banken sind auf ihre Weise schwach

Daher war es richtig, dass EU-Wettbewerbskommissarin Margre­the Vestager den Zusammenschluss untersagte. Doch anstatt ihr Votum anzunehmen, drohte Altmaier im Nachklapp mit einer Lockerung des Wettbewerbsrechts – um derlei Großfusionen künftig möglich machen zu können.

Ähnlich kurz gedacht war nun auch die Bankenfusion. Dem Vernehmen nach sollen Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär Jörg Kukies (bestens vernetzt in der Finanzwelt durch seine frühere Spitzenposition bei Goldman Sachs) ordentlich Druck gemacht haben. Manch ein Beobachter sagt, den Chefs von Commerzbank und Deutscher Bank sei gar nichts anderes übrig geblieben, als eine Fusion auszuloten – um den Minister nicht zu brüskieren.

Rätselhaft, was sich hier zum Besseren hätte addieren sollen. Beide Banken sind auf ihre Weise schwach: veraltete IT, lahmendes Privatkundengeschäft, marode Staatsanleihen in den Bilanzen. Hinzu kommt: Die Deutsche Bank ist bereits eine globale Bank – und unter anderem in den USA aktiv.

Fusion auf europäischer Ebene wäre sinnvoll

Die Commerzbank hätte dies auch nicht potenzieren können, denn ihr Auslandsgeschäft ist verschwindend gering. Und es bleibt die Frage, warum ausgerechnet ein SPD-Finanzminister eine Fusion vorangetrieben hat, bei der vermutlich Zehntausende Stellen weggefallen wären.

Was hingegen Sinn ergeben würde, ist eine Fusion auf europäischer Ebene. Die Übernahme der Commerzbank durch die italienische Unicredit wäre eine denkbare Lösung.

Protektionismus nicht stumpf nacheifern

Wer sich die veränderte geopolitische Lage ansieht, der mag nachvollziehen können, warum die Bundesregierung derzeit die schützende Hand ausfährt. Weltweit gibt es eine Rückbesinnung auf Nationalismus, setzen Staaten auf Alleingänge statt auf Kooperation und Handel.

Und tatsächlich: Angesichts dieser Risiken hat es Sinn, die Industrie zu unterstützen. Überall dort, wo gute Rahmenbedingungen geschaffen werden: etwa mit Subventionen für den Ausbau der E-Lade­infrastruktur, für den Ausbau des Mobilfunknetzes.

Hingegen sollte die Regierung dem Protektionismus anderer Staaten – den sie selbst so oft kritisiert – nicht stumpf nacheifern. Es schadet nicht nur der Wirtschaft, es ist auch ­wenig glaubwürdig.

(Anja Stehle)