Brüssel. Heikler Vorstoß im EU-Parlament: Vegetarische Nahrungsmittel sollen keine Fleisch-Bezeichnungen mehr tragen. Das sorgt für viel Unmut.

An dieser Idee werden viele Vegetarier schwer zu knabbern haben: Darf ihr Veggie-Burger künftig nicht mehr Burger heißen? Ist bald Schluss mit dem Tofu-Steak und dem Soja-Schnitzel? Diese Forderung kommt jetzt aus dem EU-Parlament: Der Agrarausschuss des Parlaments verlangt in einem Antrag, dass die Bezeichnung für Nahrungsmittel wie Steak, Wurst, Schnitzel, Burger oder Hamburger in der gesamten EU künftig allein Fleisch-Produkten vorbehalten bleibt.

Es gehe darum, die Verbraucher richtig zu informieren, sagt der federführende EU-Abgeordnete Eric Andrieu, ein Sozialdemokrat aus Frankreich. Ein Burger ohne Fleisch – das sei nahe an der Verbrauchertäuschung, sagt Andrieu. Entschieden ist noch nichts: Den Antrag muss erst das Parlament absegnen, dann muss mit dem EU-Rat der Mitgliedstaaten verhandelt werden. Aber die Abgeordneten meinen es mit dem Verbot ernst.

Sie verweisen auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das schon eine ähnliche Richtung eingeschlagen hat: Danach sind Bezeichnungen wie Milch, Käse, Butter allein tierischen Produkten vorbehalten; da die Rechtsprechung dazu widersprüchlich ist, wollen die Agrarexperten auch dieses Verbot jetzt ausdrücklich fixieren.

Vegetarier-Union: Begriffe wie Wurst irritieren nicht

Die Europäische Vegetarier-Union schlägt bereits Alarm: Wenn das EU-Parlament abschließend über den Antrag entscheide, müssten die Passagen wieder gestrichen werden, fordert der Verband. Verbraucher wählten bewusst pflanzliche Produkte – deshalb werden sie nicht durch Begriffe wie vegane Wurst irritiert.

Julia Klöckner (CDU), Bundeslandwirtschaftsministerin.
Julia Klöckner (CDU), Bundeslandwirtschaftsministerin. © dpa | Guido Kirchner

Informative und attraktive Bezeichnungen für Fleischalternativen blieben wichtig. Kritiker des Beschlusses im Agrarausschuss haben die Fleischindustrie im Verdacht, sie habe Einfluss auf die Parlamentarier genommen. Doch der zuständige Abgeordnete Andrieu widerspricht: Die Fleischindustrie sei nicht involviert. Generell geht der Trend zu Ersatzprodukten. Burger King testet einen veganen Whopper mit Labor-Fleisch.

Der Beschluss richte sich auch nicht gegen vegetarische Nahrungsmittel, versichert er. Die Abgeordneten hätten im klaren Interesse der Verbraucher entschieden: „Die Menschen müssen wissen, was sie essen.“ Der Streit um die Wurst geht seit geraumer Zeit: Veggie dürfe etwa nicht Wiener heißen.

EU-Parlament fordert mehr als deutsche Bundesregierung

Mit dem Vorstoß gehen die Agrarexperten des EU-Parlaments auch weit über aktuelle Empfehlungen in Deutschland hinaus. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte vor wenigen Monaten Leitsätze der Lebensmittelkommission veröffentlicht, nach denen vegetarische Lebensmittel nicht mehr die Bezeichnung „Filet“ oder „Steak“ tragen sollen. Zum Beispiel „Schnitzel“ oder „Gulasch“ blieben weiterhin zulässig – mit dem Hinweis „vegetarisch“ oder „vegan“.

Aber: Diese Leitsätze sind nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums „nicht rechtsverbindlich“, um eine bindende gesetzliche Vorschrift handele es sich nicht. Die Ministerin mahnte jedoch bei der Vorstellung der Leitlinien: „Die Verbraucher haben ein Recht auf Klarheit und Wahrheit.“ (Christian Kerl)