Menlo Park/Brüssel. Facebook hat zur Europawahl neue Regeln für Wahlwerbung eingeführt. Bei den Wahlen zum US-Kongress 2018 funktionierten sie nur bedingt.

Das Stück von Facebooks Politik-Chef Richard Allan verspricht nicht weniger als „Maßnahmen zum Schutz der Europawahl“. So lautet die Überschrift eines Blog-Eintrags des Managers, in dem er erklärt, wie die Plattform künftig verhindern will, dass fremde Mächte Wahlen via Facebook beeinflussen.

Inzwischen gilt als gesichert, dass sowohl bei der US-Präsidentschaftswahl im November 2016 als auch beim Brexit-Referendum im Juni 2016 in Großbritannien vom Ausland aus versucht wurde, mit Falschinformationen mitzumischen.

Wer Wahlwerbung bei Facebook zeigen will, muss sich registrieren

Um dies bei der bevorstehenden Europawahl zu verhindern, wird Facebook laut Allan „ab Mitte April“ Wahlwerbung blocken, die nicht offiziell von der Plattform als solche registriert wurde. Den Begriff „Wahlwerbung“ legt Facebook dabei weit aus. Darunter fallen laut Allan auch „stark politisierte Themen wie zum Beispiel Einwanderung”.

In der Nacht zum Freitag wurde um 0:01 Uhr das neue Registrierungsverfahren freigeschaltet. Das hat zur Folge, dass die kommenden zwei Wochen sowohl registrierte als auch nicht registrierte Wahlwerbung bei Facebook zu finden sein wird. Eine Unternehmenssprecherin sagt, die kommenden 14 Tage seien eine „Übergangsphase”.

Schon im vergangenen Juli hatte die EU-Kommission vor Cyberattacken auf die Europawahl gewarnt. Im Januar hatte die EU Facebook gedrängt, konsequenter gegen „Fake News“ vorzugehen.

Wahlwerbung nur noch in dem Land, in dem der Urheber lebt

Die neuen Regeln sehen vor, dass auf Facebook – aber auch auf Instagram, das ebenfalls zu dem Konzern aus dem Silicon Valley gehört – Wahlwerbung nur noch von Werbetreibenden für das Land geschaltet werden kann, in dem sie auch leben. Dazu muss ein „Identitätsnachweis“ erbracht werden, was bedeutet, dass „Werbetreibende entsprechende Dokument vorlegen“ müssen, aus denen ihr Standort hervorgeht.

Facebook will Wahlwerbung ab Mitte April auch als solche kennzeichnen, beispielsweise durch einen, wie Allan es nennt, „,Finanziert durch‘-Disclaimer“. Klickt man auf die entsprechende Anzeige, sieht man wer sie „bezahlt hat und – im Falle eines Unternehmens oder einer Organisation – die Kontaktmöglichkeiten”. Und nicht nur das: Es werden auch weitere Informationen angezeigt „darunter das Kampagnenbudget, das hinter einer bestimmten Anzeige steht, und die Anzahl der Personen, die diese Anzeige gesehen haben – aufgeschlüsselt nach Alter, Standort und Geschlecht”.

Wahlwerbung wird sieben Jahre gespeichert

Die Wahlwerbung wird in einer sogenannten „Werbebibliothek“ sieben Jahre lang gespeichert, die für jeden einsehbar sein soll. Darüber hinaus will Facebook „Medien, Regulierungsbehörden, Wahlbehörden und anderen Interessierten” einen speziellen Zugang zu der Bibliothek zur Verfügung stellen. In ihr soll auch Werbung gespeichert werden, die von Facebook gestoppt wurde. „Höhere Transparenz“ führe zu „mehr Verantwortung“, schreibt Allan.

Die nun von dem Politikchef angekündigten Maßnahmen sind nicht neu. Facebook hatte sie erstmals bei den Kongresswahlen in den USA im Mai 2018 eingeführt. Auch bei Wahlen in Brasilien, Kanada und Indonesien kamen sie bereits zum Einsatz. Dank der neuen Regeln weiß man nun, dass Donald Trump und sein „Political Action Committee“ mit 274.000 Dollar während der Kongresswahlen das meiste Geld für Wahlwerbung bei Facebook ausgaben.

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Schutzsystem lässt sich umgehen

Es gab aber auch Kritik: Ein Team um den amerikanischen Wissenschaftler Damon McCoy fand heraus, dass in 43.575 Fällen es Werbetreibenden gelungen war, ohne Registrierung Wahlwerbung bei Facebook zu platzieren.

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Wie leicht sich das System aushebeln lässt, zeigten Reporter des US-Magazins „Vice“. Sie schalteten Testanzeigen, für die sie sich bei der Registrierung mal als US-Vizepräsident Mike Pence, mal als „Islamischer Staat“ ausgaben. Facebook akzeptierte ihre Werbung in beiden Fällen anstandslos.

Es gibt immer wieder Sicherheitsprobleme bei dem Unternehmen. So waren im September wieder 50 Millionen Facebook-Nutzer von einem Hacker-Angriff betroffen.