Berlin. EU-Kommissar Günther Oettinger hat an das EU-Parlament appelliert, der geplanten Urheberrechtsreform in vollem Umfang zuzustimmen.

Am Wochenende sind Menschen in großer Zahl auf die Straßen gegangen, um gegen die geplante europäische Urheberrechtsreform zu demons­trieren – sie fürchten um die Freiheit des Internet. An diesem Dienstag stimmt das Europaparlament über einen Reformvorschlag ab, den Günther Oettinger einst als EU-Digitalkommissar auf den Weg gebracht hat.

Haben Sie Verständnis für die Hunderttausende, die in Europa gegen die Urheberrechtsreform demonstrieren?

Günther Oettinger: Nein, dafür gibt es keinen Grund. Die Freiheit des Internet bedeutet ja nicht beliebige Freiheit – und geistiges Eigentum ist auch ein wichtiger Wert. Komponisten, Schriftsteller und andere, die kreativ arbeiten, stecken Zeit und Geld in ihre Werke. Sie können von der Politik erwarten, dass dieses Eigentum auch geschützt wird – also dass man für die Nutzung eine Vergütung verlangen kann und dass Missbrauch verhindert wird. Dann kommt man logischerweise zu dem Vorschlag, den ich in meiner Zeit als Digitalkommissar zur Reform des Urheberrechts gemacht habe und der jetzt im Europaparlament zur Abstimmung steht.

Die Demonstranten wenden sich vor allem gegen eine Passage, die Google oder Youtube zur Prüfung von Urheberrechten zwingt.

Oettinger: Dieser Artikel verpflichtet digitale Plattformen, Missbrauch zu verhindern. Er ist absolut notwendig und ich hoffe, dass es dafür – nach der Zustimmung des Justizministerrats – auch im Europaparlament eine Mehrheit gibt. Es geht um berechtigte Interessen der Kreativwirtschaft und eine kluge Modernisierung des Urheberrechts.

Sind dafür die umstrittenen Upload-Filter notwendig – also Programme, die das Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte verhindern?

Zehntausende protestieren gegen Uploadfilter

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    Oettinger: Das steht in Artikel 17 – dem bisherigen Artikel 13 – so nicht drin. Im Übrigen sind jetzt schon Upload-Filter in Betrieb – etwa um Hass, Gewaltaufrufe oder Diskriminierung von Minderheiten im Internet zu unterbinden. Es ist aber nicht zwingend, auch geistiges Eigentum mit Upload-Filtern zu schützen. Musiker oder auch Journalisten sind ja auf nationaler und europäischer Ebene in Verbänden organisiert. Plattformen wie Youtube oder Google können Rahmenverträge mit diesen Verbänden abschließen, die das Hochladen und die Nutzung erlaubt – gegen eine entsprechende Vergütung.

    Sie behaupten, die Demonstranten machen Lärm um nichts?

    Oettinger: Wer hier mit Upload-Filtern argumentiert, führt die Menschen in die Irre. Es geht darum, dass Google und andere die uneingeschränkte Macht haben wollen – und für Inhalte, die andere erarbeitet haben, nicht bezahlen wollen. Mit den Inhalten wandert auch die Werbung auf diese Plattformen und weg von klassischen Medien. Die sind dann die Verlierer.