Berlin. DuMont will sich offenbar von seinem bisherigen Kerngeschäft verabschieden und Zeitungen verkaufen. Der Betriebsrat ist alarmiert.

In einem offenen Brief an die Hauptgesellschafter der DuMont Mediengruppe, Isabella Neven DuMont und Christian DuMont Schütte, haben die Betriebsräte des Unternehmens am Mittwoch auf Pläne zum Verkauf der verlagseigenen Zeitungen reagiert.

In dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt, zeigen sie sich unzufrieden mit einer Erklärung, die am Dienstag der Vorstand abgegeben hatte, nachdem die Verkaufspläne von DuMont an die Öffentlichkeit gelangt waren.

In der Erklärung hatte es geheißen, der Verkauf sei nur eine von „verschiedenen Handlungsoptionen“. Die Prüfung dieser Optionen werde bis „mindestens Mitte des Jahres dauern“. Die Betriebsräte fordern von den Gesellschaftern dagegen, „kurzfristig Klarheit über den Kurs von DuMont“ zu schaffen: „Die Mediengruppe darf nicht monatelang gelähmt werden.“

Arbeitnehmervertreter bei DuMont gegen den Verkauf

Einen Verkauf lehnen die Arbeitnehmervertreter ab: „Bekennen Sie sich klar zur Zukunft der Verlagshäuser in Köln, Halle, Berlin und Hamburg“, schreiben sie an die Adresse der Gesellschafter. „Bekennen Sie sich zu Ihrer Verantwortung als Verleger.“

Neun Stunden hatte die Kölner DuMont Mediengruppe Dienstag geschwiegen, nachdem das Branchenblatt „Horizont“ gemeldet hatte, das Unternehmen wolle sich von seinem Kerngeschäft trennen – von seinen Zeitungen und Druckereien.

Verlag DuMont einer der traditionsreichsten in Deutschland

Der Verlag, dessen Wurzeln bis ins 17. Jahrhundert zurückreichen, gilt als eines der traditionsreichsten und größten deutschen Regionalzeitungshäuser. Ihm gehören der „Kölner Stadt-Anzeiger“, die „Kölnische Rundschau“ das Boulevardblatt „Express“, die in Halle erscheinende „Mitteldeutsche Zeitung“, die „Berliner Zeitung“, der „Berliner Kurier“ und die „Hamburger Morgenpost“.

Teil von DuMonts Zeitungsportfolio sind zudem mehrere Anzeigenblätter sowie eine 20-Prozent-Beteiligung an der israelischen Tageszeitung „Haaretz“, für die DuMont schon seit 2016 einen Käufer sucht.

Verkaufspreis für DuMont-Zeitungen wird nicht genannt

Quelle für den „Horizont“-Bericht ist ein Verkaufsprospekt, den die Münchner Goetzpartners Corporate Finance GmbH im Auftrag des Medienhauses erstellt hat. Das deckt sich mit Informationen, die auch dieser Redaktion vorliegen. Demnach kursieren die Verkaufsunterlagen schon seit Längerem in diversen Verlagen.

Ein Kaufpreis wird im Prospekt nicht genannt. Vielmehr werden Interessenten aufgefordert, ein unverbindliches Angebot abzugeben. Da laut den Verkaufsunterlagen auch einzelne Objekte bewertet werden können, geht „Horizont“ davon aus, dass DuMont bereit ist, einzelne Zeitungstitel zu verkaufen.

Zuletzt war der Wert des Unternehmens 2013 bestimmt worden. Damals taxierte ihn die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG laut „Manager Magazin“ auf weniger als 100 Millionen Euro.

DuMont will nicht alle Geschäftsbereiche verkaufen

Die Erstellung des Gutachtens war seinerzeit erforderlich, weil der Verlagserbe Konstantin Neven DuMont sich seinen Anteil in Höhe von sieben Prozent auszahlen ließ. Er erhielt für diese Beteiligung letztlich neun Millionen Euro, was den Schluss nahelegt, dass die Verantwortlichen des Medienhauses den Unternehmenswert eher bei knapp 130 Millionen Euro sahen.

Allerdings wurden bei dieser Bewertung auch die Geschäftsfelder „Business Information“ - mit dem hoch lukrativen Auftrag zur Produktion des „Bundesanzeigers“ – und dem Digitalableger „Marketing Technology“ berücksichtigt. Diese Geschäftsbereiche will DuMont aber nicht verkaufen.

DuMont will sich offenbar von seinem bisherigen Kerngeschäft verabschieden.
DuMont will sich offenbar von seinem bisherigen Kerngeschäft verabschieden. © imago/Future Image | imago stock

Der Käufer ist fraglich

Fraglich ist, wer als Käufer infrage kommt. Das Medienhaus Axel Springer, dessen „Bild“ und „Welt“ bundesweit erscheinen, scheidet schon aus kartellrechtlichen Gründen aus. Regionale Zeitungshäuser könnten jedoch interessiert sein. Denkbar wäre auch, dass der eine oder andere Finanzinvestor sich für die Blätter der Kölner erwärmen könnte.

Personalabbau ist beabsichtigt

Doch in Branchenkreisen wird eher damit gerechnet, dass die Zeitungen einzeln veräußert werden. Noch am leichtesten dürften sich die Kölner Blätter verkaufen lassen. Den Zeitungsmarkt der Domstadt beherrscht DuMont mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, der „Kölnischen Rundschau“ und dem „Express“ nahezu komplett.

Für das Boulevardblatt „Express“ hat der Verlag – ebenso wie für seine Boulevardtitel „Hamburger Morgenpost“ und „Berliner Kurier“ – aber offenbar andere Pläne. Wie es in Unternehmenskreisen heißt, sollen sie in einer neuen Dachgesellschaft gebündelt werden. Davon verspreche man sich Einspareffekte.

Beabsichtigt sei in diesem Zusammenhang ein Personalabbau. Tarifgehälter wolle man nicht mehr zahlen. Der Digitalauftritt von Express.de könne bundesweit ausgerollt werden – mit Ausnahme von Norddeutschland. Dort wolle man am vergleichsweise reichweitenstarken Mopo.de festhalten.

Zeitungshaus erholte sich nicht von der Insolvenz der „Frankfurter Rundschau“

Konstantin Neven DuMont führte die Krise des Verlags auf seinen 2015 gestorbenen Vater Alfred zurück. „Er hat sich an alte Geschäftsmodelle geklammert und niemand im Verlag war stark genug, um ihn zu stoppen“, sagte er. Der Firmenpatriarch kaufte zwischen 2006 und 2009 die „Berliner Zeitung“, den „Berliner Kurier“, die „Hamburger Morgenpost“, den Anteil an „Haaretz“ und die „Frankfurter Rundschau“.

Insbesondere von der Akquisition der defizitären Hauptstadtblätter und dem Kauf der „Frankfurter Rundschau“, die 2012 Insolvenz anmelden musste, hat sich das Zeitungshaus nie wieder erholt.

Arbeitnehmerverbände sind entsetzt

Arbeitnehmerverbände reagierten entsetzt auf den geplanten Verkauf der DuMont-Zeitungen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi forderte den Verlag auf, „die Belegschaft und die Öffentlichkeit unverzüglich und umfassend über eine geplante Zerschlagung der Mediengruppe zu informieren“. Der Deutsche Journalisten-Verband sieht in den Verkaufsplänen einen „verlegerischen Offenbarungseid“.

Der derzeitige Vorstandsvorsitzende Christoph Bauer, der 2014 als Sanierer zu DuMont kam, sieht die Zukunft des Unternehmens in digitalen Medien. Er unternahm, wie es in Branchenkreisen heißt, bereits 2017 einen ersten Versuch, die Zeitungen des Medienhauses zu veräußern. Damals seien jedoch Mondpreise aufgerufen worden, weshalb sich keine Käufer gefunden hätten. Dass Bauer nun beim zweiten Versuch seinen Blättern noch nicht einmal ein Preisschild umhängt, spricht Bände.