Hamburg. Die Zeiten der dicken Kataloge sind vorbei. Die Druckbranche stürzt das in die Krise. Bertelsmann muss eine Druckerei dicht machen.

Es war eine kleine Meldung Ende November vergangenen Jahres: In der Nürnberger Druckerei der Bertelsmann-Tochter Prinovis wurde damals der letzte Otto Katalog produziert. Er wird dieses Frühjahr erscheinen. Danach ist Schluss.

97 Prozent der Otto-Kunden bestellen mittlerweile online. Damit endete eine für die Tiefdruck-Branche höchst lukrative Ära: In seinen besten Zeiten erschien der einst mehr als 1000 Seiten starke Otto Katalog viermal im Jahr in Millionen-Auflage. Auch die Otto-Wettbewerber Neckermann und Quelle verschickten dicke Kataloge. Sie segneten aber schon 2009 und 2012 das Zeitliche.

Nächster deutscher Prinovis-Standort schließt

Die Kommunikationsumstellung der Versandhausbranche ist nur ein Grund für die akute Krise des Tiefdrucks. Auch andere Branchen verzichten im digitalen Zeitalter auf Werbeprospekte im teuren Vierfarbdruck. Prinovis hat diese Probleme schon früh zu spüren bekommen: 2008 musste der Konzern seine Druckerei in Darmstadt schließen. 2014 machte er sein Druckhaus in Itzehoe dicht. Nun soll der nächste deutsche Prinovis-Standort aufgegeben werden.

Mit einem Aushang hatte bereits Ende Januar der Gesamtbetriebsrat die Belegschaft der drei verbliebenen deutschen Standorte darüber informiert, dass er mit einem Gewerkschaftsvertreter „über die von der Geschäftsleitung angekündigte Schließung eines Prinovis-Standorts“ gesprochen habe.

Druckerei dürfte Ende 2020 geschlossen werden

Wie es in Unternehmenskreisen heißt, sind vor allem die Druckereien in Ahrensburg mit gut 500 – nicht zu verwechseln mit der dortigen Zeitungsdruckerei – und in Nürnberg mit gut 700 Mitarbeitern von der Stilllegung bedroht. Der Standort Dresden dagegen sei mit seinen etwa 350 Mitarbeitern zu klein, um das angestrebte Einsparvolumen zu erreichen.

Mit einer Schließung der betroffenen Druckerei dürfte Ende 2020 zu rechnen sein. Dann läuft ein Ende 2017 zwischen Betriebsrat und Geschäftsführung vereinbartes Kündigungsschutzabkommen aus.

Aufsichtsratsbeschluss steht noch aus

Dass schon jetzt die Stilllegung geplant wird, hat wohl damit zu tun, dass die Verlagerung der Aufträge der zu schließenden Druckerei auf die beiden verbleibenden Standorte kompliziert und zeitaufwendig ist. Unklar ist zudem, ob und wenn ja, wie Prinovis künftig enger mit Bertelsmanns Offset-Druckereien, etwa mit Mohn Media in Gütersloh, zusammenarbeiten wird.

Ein Bertelsmann-Sprecher sagt, „Spekulationen zu unternehmerischen Prozessen und Planungen“ kommentiere man „grundsätzlich nicht“. Dabei sollen sowohl die Geschäftsführung von Prinovis als auch der Bertelsmann-Vorstand die Schließung eines Tiefdruck-Standorts längst abgesegnet haben. Was noch aussteht, ist ein Beschluss des Bertelsmann-Aufsichtsrats.

Der wurde von einigen im Konzern für Januar erwartet. Nun heißt es hinter vorgehaltener Hand, das Gremium werde im März oder April entscheiden. Dass der Aufsichtsrat die Vorstandsvorlage zurückweist, gilt als unwahrscheinlich.

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Bei „Bild“ wird man sich spätestens ab 1. März sehr warm anziehen müssen. Dann übernimmt die frühere „Bild“- Chefredakteurin Tanit Koch nicht nur die Geschäftsführung des zur RTL-Senderfamilie gehörenden Nachrichtenkanals n-tv. Sie wird auch als „Chefredakteurin Zentralredaktion“ alle journalistischen Einheiten der Gruppe bündeln. Insbesondere dem Ausbau des boulevardesken Online-Portals RTL.de, von dem sich die Senderführung sehr viel verspricht, dürfte ihre Aufmerksamkeit gelten.

Auf allen Ebenen versucht RTL „Bild“-Leute abzuwerben. Schon jetzt gilt der Sender als härtester Wettbewerber von „Bild“. Dieser Wettbewerb dürfte sich noch verschärfen. Er hat übrigens auch eine persönliche Komponente. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Koch „Bild“ im Streit verlassen hat, wo sie einen Machtkampf mit ihrem Nachfolger Julian Reichelt verlor.