Berlin. Für Banken sind Münzen mitunter mehr Last als Wert, viele nehmen Gebühren für die Einzahlung. Die US-Firma Coinstar will das ausnutzen.

In einem Supermarkt in Berlin-Wedding kippt ein älteres Ehepaar Münzen aus zwei vollen Drei-Liter-Frischhaltebeuteln in einen blauen Automaten der US-Firma Coinstar. „Ich will sie einfach nur loswerden“, sagt die Frau. Am Ende bekommt das Paar 17,40 Euro als Wertcoupon für die mehr als 1100 gesammelten Münzen. Aber: Zehn Prozent der Summe behält Coinstar.

Und alles, was der Automat nicht als Euro-Münzen identifizieren kann, spuckt er wieder aus. Den erhaltenen Coupon können sich Kunden – wie die beiden Eheleute – an der Supermarkt-Kasse auszahlen lassen. Oder es direkt wieder für den Einkauf ausgeben.

Kleingeld verursacht Banken Kosten

Durchaus bequem für die Kunden der mit Coinstar kooperierenden Einzelhandelskette Real. Und ein lohnendes Geschäft für das amerikanische Unternehmen: Rund 2,3 Milliarden Euro Hartgeld werden jährlich im deutschen Handel verwendet. Der Bundesbank zufolge sind aber deutlich mehr – nämlich 8,7 Milliarden Euro – als Münzen in Deutschland ausgegeben worden. Kurzum: Den Großteil davon horten die Menschen offenbar.

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Trotz dieser enormen Summe haben die Banken nur wenig Interesse am vielen Kleingeld. Denn es verursacht Kosten. Seit 2015 sind Kreditinstitute dazu verpflichtet, jede eingezahlte Münze auf ihre Echtheit zu überprüfen. Deshalb lassen sich viele Banken den Aufwand mittlerweile von ihren Kunden bezahlen.

Kosten von Bank zu Bank unterschiedlich

So verlangt etwa die Berliner Sparkasse 7,50 Euro pro Einzahlung, sofern der Kunde 25 Jahre oder älter ist. Der Frage, weshalb sich die Gebühr auf genau 7,50 Euro beläuft und wie diese sich im Detail zusammensetzt, weicht das Kreditinstitut aus. Ein Sprecher des Unternehmens teilte lediglich mit, es sei ein „mit hohem Aufwand, Kosten und externen Dienstleistern verbundener Service“.

Das Geld müsse ausgezählt, auf Umlauffähigkeit geprüft, für den Geldtransport aufbereitet und versichert transportiert werden. Die Hamburger Sparkasse nimmt für denselben Service 3,50 Euro. Die Kreissparkasse Köln nichts.

Banken müssen bis zu 50 Münzen kostenlos annehmen

Eine Sprecherin der Deutschen Bundesbank sagt dieser Redaktion dazu: „Im wettbewerbsintensiven Bankgeschäft könnte dies zum Verlust von Kunden führen.“ Davon betroffen sein könnte auch die Deutsche Bank. Sie veranschlagt fünf Euro für jede Einzahlung, die Commerzbank wiederum gar nichts.

Immerhin: Bis zu 50 Münzen müssen ­alle Banken in Deutschland nach dem Münzgesetz kostenfrei entgegennehmen. Um die rund 1100 Münzen abzugeben, hätte das Berliner Ehepaar 22 Tage lang jeweils täglich die Bankfiliale aufsuchen müssen. Für 17,40 Euro.

Einzahlungsservice bei Bundesbank kostenlos

Dass Banken Gebühren für die Annahme von Kleingeld nehmen, spürt besonders die Bundesbank. Sowohl Anzahl als auch Volumen der Münztauschgeschäfte seien in den Filialen in den vergangenen Jahren „deutlich gestiegen“, sagt die Sprecherin. Dort ist der Service kostenlos.

Für Menschen, die in Kleinstädten oder auf dem Land leben, ist das aber kein Vorteil: Die 35 Filialen der Bundesbank befinden sich ausschließlich in größeren Städten. Supermärkte dagegen gibt es überall – vom bayerischen Traunstein bis nach Breege auf Rügen.

Coinstar hat Ärger mit Verbraucherschützern

Die US-Firma Coinstar will sich das zunutze machen – mit bislang 350 Maschinen in allen Real-Filialen bundesweit. Allerdings hat sie Ärger mit dem Verbraucherschutz, weil ein Werbespruch auf den Automaten in die Irre führt. „Tauschen Sie Ihre Münzen gegen Bargeld ein“ steht dort. Dabei bekommt man nur einen Coupon.

Es sei „zugegeben eine etwas freie Übersetzung“ aus dem Amerikanischen gewesen, sagt ­Coinstar-Chef Jim Gaherity. Das Unternehmen will den Slogan nun ändern: „Zu viele Münzen, machen Sie etwas damit.“ Wie Coinstar: Die Firma macht in Deutschland nach eigenen Angaben 35 Millionen Euro Umsatz pro Jahr. Und es soll noch mehr werden.

Coinstar will mit weiteren Supermärkten kooperieren

Man wolle den „sehr attraktiven deutschen Markt“ weiter ausbauen, erklärt Gaherity. Gespräche mit weiteren Supermarkt-Ketten liefen bereits. Das Geschäft ist einfach: Coinstar darf im Eingangsbereich auf einem Quadratmeter einen seiner blauen Münzautomaten aufstellen.

Dafür bekommt der Markt eine Umsatzbeteiligung, die „weitestgehend mit der normalen Handelsspanne vergleichbar ist“. Und – ob ihres gerade eingetauschten Kleingeldes – euphorische Kunden in Kauflaune.

Anfallende Gebühr muss man sich vorher ausrechnen

Für Bankkunden, denen die Gebühren der eigenen Bank zu hoch sind, können die blauen Maschinen in den Supermärkten eine praktische Alternative sein. Aber: Auch hier bezahlen sie eine Gebühr. Und wie viel, weiß nur, wer vorab alle Münzen gezählt hat.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen empfiehlt daher „grundsätzlich“ kleinere Münzgeldbeträge einfach auszugeben. Und bei größeren Münzsammlungen, sagt David Riechmann von der Verbraucherzentrale NRW, wisse man bei den Fixbeträgen der Banken „wenigstens, was auf einen zukommt“.