Washington/Peking. Die USA belegen fast die Hälfte der Importe mit Strafzöllen. Peking kontert mit Importschranken. Und deutsche Firmen sorgen sich jetzt.

Ein einzelnes Abendessen im Weißen Haus im August zeigt aus Sicht von Kritikern, wie willkürlich die eskalierte Strafzollpolitik des US-Präsidenten gegenüber China ist. Zu Tisch saßen seinerzeit Apple-Chef Tim Cook und Donald Trump. Danach war klar, dass der kalifornische Milliardenkonzern in nennenswertem Umfang von Strafzöllen ausgenommen bleibt, mit denen Trump den Handelskrieg mit Peking jetzt verschärft.

Vom kommenden Montag an werden Alltagsgüter wie Möbel, Lampen, Bekleidung, Koffer, Staubsauger und Kochtöpfe aus China bei der Einfuhr in die USA mit zehn Prozent Strafzoll belegt – insgesamt etwa 6000 Produkte im Wert von 200 Milliarden Dollar. Ausnahmen gelten unter anderem für bestimmte Apple-Produkte.

Vor Wochen hatte Trump bereits Waren im Wert von 50 Milliarden Dollar mit Strafzöllen versehen. Mit seiner neuen Entscheidung sind insgesamt 50 Prozent der US-Importe aus China mit Zöllen belegt.

Sollte China den USA nicht entgegenkommen, steigt der Straftarif ab Januar 2019 auf 25 Prozent. Das Weiße Haus verlangt Maßnahmen, die den chinesischen Exportüberschuss gegenüber den USA senken, den Verzicht auf Produktpiraterie und Diebstahl geistigen Eigentums, ein Ende des Zwangs zum Technologietransfer von US-Firmen zu chinesischen Konzernen und ein Ende des staatlichen Schutzes industrieller Schlüsselbereiche zulasten von US-Firmen.

China geht die Muniton aus

Aller Erfahrung nach werden die Zusatzkosten durch neue Strafzölle an den US-Kunden weitergegeben und wirken darum den Wirtschaftsverbänden zufolge wie eine Steuererhöhung. Die Verbände kritisieren Trump fast einhellig. Weil Peking Gegenmaßnahmen angedroht hat, hat Trump bereits Strafzölle auf weitere Güter im Wert von 267 Milliarden Dollar angekündigt. Fast alle Waren aus China wären dann betroffen.

China verhängte umgehend Strafzölle auf US-Waren im Wert von 60 Milliarden Dollar. Doch der Führung geht die Munition aus. Denn China importiert nicht so viel aus den USA wie die USA aus China. 2017 lieferten die Chinesen Waren im Wert von mehr als 500 Milliarden Dollar in die USA, kauften dort aber nur Waren im Wert von 130 Milliarden Dollar.

Chinesischen Medien zufolge erwägt die Regierung deshalb, die Einfuhr von bestimmten Bauteilen aus den USA einzuschränken, um gezielt einige wenige Konzerne zu treffen. Sie sollen dann entsprechend Druck auf Trump ausüben. Um welche US-Unternehmen es sich dabei handelt, ist bislang nicht bekannt.

Der US-Kaffeekettenbetreiber Starbucks, der Technologiekonzern Apple und der Sportartikelhersteller Nike bangen bereits. Für sie ist die Volksrepublik inzwischen der wichtigste Markt der Welt. Starbucks-Chef Howard Schultz war erst kürzlich in Peking, um der Regierung zu verdeutlichen, dass Sanktionen gegen Starbucks vor allem chinesische Arbeitsplätze kosteten. Wie Trump auf bürokratische Hindernisse für US-Firmen reagieren würde, ist unklar.

Auswirkungen des Handelskriegs betreffen auch Europa

Trumps Strafzölle kommen für China nicht überraschend. Er droht damit seit Monaten. Allerdings gab es in Peking die Hoffnung, der Streit könnte entschärft werden. US-Finanzminister Steve Mnuchin wollte in diesen Tagen eine China-Delegation empfangen, um die Zerwürfnisse zwischen den beiden größten Volkswirtschaften der Welt auszuräumen. Ob Chinas Vizepremier Liu He wie geplant nach Washington kommt, gilt als „sehr fraglich“.

Ökonomen fürchten, dass der Handelskrieg Folgen für die gesamte Weltwirtschaft hat. Vor allem die deutsche Industrie ist sowohl mit den USA als auch mit China eng verwoben. „Die Auswirkungen des Handelskriegs auf europäische Firmen in China sind erheblich und überwiegend negativ“, sagte Mats Harborn, Präsident der Europäischen Handelskammer in Peking.

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    5200 deutsche Unternehmen in China tätig

    Die Unternehmen befürchten erhebliche Störungen der globalen Lieferketten. Daimler etwa hat bereits seine Gewinnprognose für das laufende Jahr gesenkt. Der Autobauer produziert in den USA unter anderem Geländewagen für den chinesischen Markt. Die unterliegen den Strafzöllen, die Peking bereits als Vergeltungsmaßnahme verhängt hatte. Daimler kann die Verteuerung der Autos nicht vollständig an die Kunden weitergeben. Zudem sinkt der Absatz von Autos des Konzerns in China, weil sie sich verteuern.

    Auch der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) ist besorgt. „Viele deutsche Unternehmen haben in China und den USA Produktionsstätten aufgebaut“, sagte der Außenhandelschef des DIHK, Volker Treier. „Sie werden negativ betroffen sein und Einbußen hinnehmen müssen.“ Rund 5200 deutsche Unternehmen sind nach Auskunft des DIHK in China tätig.