Mexiko-Stadt. Das neue Handelsabkommen zwischen Mexiko und USA gibt den Autoherstellern neue Perspektiven – sie betreiben 430 Werke in der Region.

Der freie Handel zwischen den USA, Kanada und Mexiko, vereinbart im Nordamerikanischen Freihandelsabkommen (Nafta) – er betrifft die Autoindustrie im fernen Deutschland im besonderen Maße. Deutsche Hersteller und Autozulieferer haben die Zahl ihrer Standorte in der Region seit Ende der 1990er-Jahre auf mehr als 430 verdreifacht. Bis zum fertigen Fahrzeug, das in Amerika, aber auch in Deutschland verkauft wird, passieren die benötigten Teile mitunter mehrfach die Grenze.

Zufrieden zeigt sich daher der Verband der Deutschen Automobilindustrie mit dem neuen Handelsabkommen, das die USA und Mexiko soeben vereinbart haben. Der Name Nafta soll verschwinden, doch ein barrierefreier Handel zwischen den USA und Mexiko bleibt möglich. Die grenzüberschreitende Produktion von Autos kann weiterlaufen. Kanada ist jedoch zunächst außen vor.

Mexiko macht große Zugeständnisse

Mexiko hat nach 13 aufreibenden Verhandlungsmonaten erreicht, was das Land um jeden Preis wollte. Ein neues Freihandelsabkommen mit den USA. Aber der Vertrag, den US-Präsident Trump am Montag in Washington mit der Geste des Triumphes vorstellte, hat einen hohen Preis für das Schwellenland. Inhaltlich machte Mexiko vor allem bei der für das Land so wichtigen Automobilindustrie schmerzhafte Zugeständnisse. Die lag auch Trump besonders am Herzen.

Künftig muss ein Auto, um zwischen den USA und Mexiko Zollfreiheit zu genießen, einen regionalen Wertschöpfungsanteil von 75 Prozent haben. Das sind 12,5 Prozent mehr als bisher. Dass das grundsätzlich machbar ist, haben Vertreter der Automobilbranche in Mexiko schon vor längerer Zeit klargemacht. Bis Ende 2020 muss der „Regional Content“ erhöht werden, was der Autoindustrie einen ordentlichen Zeitraum zur Umstellung zugesteht.

2017 hat Mexiko vier Millionen Autos produziert

Die größte Unbekannte verbindet sich mit der 16-Dollar-Regel in dem Abkommen. Demnach müssen rund 40 Prozent der Fahrzeuge von Arbeitern gefertigt werden, die mindestens 16 Dollar die Stunde verdienen. Das ist zunächst mal ein Problem für die Unternehmen in Mexiko, denn die Automobilbranche zahlt den Arbeitern dort durchschnittlich 2,70 Dollar die Stunde. Das ist der geringste Verdienst aller Länder, die Autos fertigen.

Selbst wenn in die Berechnungen nicht nur die Bandarbeiter einbezogen werden, sondern auch die Angestellten in der Verwaltung, kommt auf die internationalen Autobauer, auch die deutschen, ein großer Lohnkostensprung zu. Dieser könnte die Wettbewerbsfähigkeit Mexikos infrage stellen. Denn die Kfz-Industrie ist die Vorzeigebranche des Landes. Im Jahr 2017 hat Mexiko insgesamt vier Millionen Pkw produziert und war damit weltweit die siebtgrößte Autonation. Schon bald will das Schwellenland auf den fünften Platz vorrücken.

Deutsche Autobauer haben viel Geld in Mexiko investiert

Eine Alternative wäre, dass mehr Teile aus den USA kommen müssen, wo Arbeiter mindestens 16 Dollar pro Stunde verdienen. „Das ist tatsächlich mehr als jetzt. Aber für die Autokonzerne wäre das trotzdem insgesamt positiv: Das neue Abkommen soll ja eine Laufzeit von 16 Jahren haben, das heißt, man hat jetzt wieder Planungssicherheit“, sagt der Chefanlagestratege der Commerzbank, Chris-Oliver Schickentanz. Planungssicherheit ist das eine, investiertes Geld spielt zudem bei einem Blick in die Vergangenheit eine Rolle. Denn deutsche Autobauer haben viel Geld in Produktionsstätten in Mexiko gesteckt, um dort günstig Autos zu produzieren.

Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto.
Mexikos Präsident Enrique Peña Nieto. © REUTERS | HANDOUT

Politisch haben die Mexikaner bei dem neuen Deal mit den USA den früheren Partner Kanada im Regen stehen lassen, weil sie aus der gemeinsamen Verhandlungsfront ausscherten. Der im Dezember aus dem Amt scheidende Präsident Enrique Peña Nieto wollte seinem Nachfolger Andrés Manuel López Obrador aber auf keinen Fall den Triumph des Abschusses eines neuen Vertrags überlassen.

Trump will neunen Namen für das Abkommen

US-Präsident Trump hat unterdessen klargemacht, dass das von ihm verachtete Nordamerikanische Freihandelsabkommen, das 1994 in Kraft trat, künftig verschwinden werde. Der Name Nafta sei zu negativ belegt, weil „die USA hier benachteiligt wurden“, behauptete Trump. Das Abkommen ist – Kanada mit eingerechnet – das größte Freihandelsabkommen der Welt, das einen Binnenmarkt von 460 Millionen Menschen umfasst und eine gemeinsame Leistung von umgerechnet rund 16,72 Billionen Euro erwirtschaftet hat. Aber das scheint nun Geschichte.