Berlin. Der Staat schwimmt derzeit in Steuereinnahmen. Das birgt aber auch große Gefahren, denn es wird nicht ewig weitergehen mit dem Boom.

Für die Bundesregierung könnte es nicht besser laufen: Der Staat hat so viel Geld wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Die Einnahmen übersteigen die Ausgaben allein im ersten Halbjahr um 48,1 Milliarden Euro. Und einige der Wirtschaftsforschungsinstitute glauben, dass es erst einmal so weitergeht. Die Bundesregierung kann also viel Geld ausgeben, etwas, was in den vergangenen Jahrzehnten eher selten war. Entsprechend viele Vorschläge gibt es. Die Gefahr besteht, dass sich die Regierung verzettelt und vor allem nicht berücksichtigt, dass viel Geld zum sorgfältigen Umgang damit verpflichtet und auch nicht davon entbindet, längerfristig zu denken.

Der Staat und die Sozialkassen profitieren derzeit davon, dass die deutschen Unternehmen auch dank des Exports in alle Welt prosperieren wie lange nicht. Deshalb haben so viele Menschen in Deutschland Arbeit wie noch nie zuvor. Und auch die Löhne steigen. Hinzu kommen die niedrigen Zinsen, weshalb die Deutschen auch mehr Geld ausgeben, was wiederum die Wirtschaft ankurbelt. Und bei allem kassiert der Staat in Form von Steuern oder die Sozialversicherungen über Arbeitslosenversicherungs- und Rentenbeiträge mit.

Geld muss dann aber für mehr Rentner reichen als heute

Verknüpft mit dem sorgfältigen Umgang mit den Einnahmen sind grundsätzliche Fragen, die in den aktuellen Debatten eher zu kurz kommen oder von wolkigem Politsprech überlagert werden: etwa wie Deutschland in 20 Jahren dastehen soll. Investieren wir mehr in die jüngere Generation und damit in die Zukunft? In Bildung und Breitbandausbau? Oder sind uns die Rentner wichtiger? Müssen wir Unternehmen mehr Freiraum von Abgaben und Steuern geben? Brauchen wir Einwanderung, um genügend Arbeitskräfte für die Betriebe zu haben und das hohe Niveau im internationalen Wettbewerb zu halten?

Vor allem der demografische Wandel und Arbeitskräftemangel hat direkte Folgen für die Sozialkassen. Wenn in zehn, zwanzig Jahren weniger Menschen beschäftigt sind, wird auch weniger eingezahlt. Das Geld muss dann aber für mehr Rentner reichen als heute. Gleichzeitig schrumpft eine Indus­trie, die nicht genug Arbeitskräfte findet. Firmen wandern ins Ausland ab oder geben auf. Vor diesem Hintergrund ist es gefährlich, etwa die Rentenkassen heute mit Aufgaben zu versehen, die sie jetzt zwar zahlen könnten, angesichts einer schlechteren Konjunktur aber wohl nicht mehr. Zur Sorgfalt gehört eben auch die Einsicht, dass es nicht ewig weitergeht mit dem Boom. Zugegeben, er hält mit fast neun Jahren schon sehr lange an. Aber mit jedem Jahr steigt die Wahrscheinlichkeit, dass das Ende näherkommt.

Risiken eines weltweiten Handelskriegs sind nicht gebannt

Weil zum Beispiel andere Länder versuchen, mit veränderten Rahmenbedingungen für die Wirtschaft im internationalen Wettbewerb besser dazustehen. Deutschland merkt das jetzt schon, etwa weil die Arbeitskosten wegen der staatlichen Abgaben höher sind als in vielen anderen Ländern. Reformen hier, die letzte große ist mehr als 13 Jahre her, kosten auch Geld. Zudem sind die Risiken eines weltweiten Handelskriegs nicht gebannt. Er würde die deutsche Wirtschaft, die in großem Maße exportorientiert ist, empfindlich treffen. Einfach darauf zu hoffen, dass es dazu schon nicht kommen wird, ist naiv.

Wer also jetzt Geldausgaben plant, die sich gerade so finanzieren lassen, etwa aus wahltaktischen Gründen, plant auch gleich die Probleme für die Jahre ohne Boom mit. In denen wird es dann umso schwerer zu sparen, weil ja eigentlich Investitionen gut wären, für die dann aber das Geld fehlt.