Berlin. Flugausfälle und Verspätungen bei Lufthansa-Tochter Eurowings häufen sich. Reiseveranstalter sprechen von „unhaltbaren Zuständen“.

Wie groß die Unzufriedenheit der Flugreisenden in Deutschland ist, das offenbarten vor wenigen Wochen Zahlen der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr. Fast 8000 Beschwerden erreichten sie im ersten Halbjahr – ein Plus von 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Allein im Juni waren es mehr als 2000. Verspätungen, neue Abflugorte, Flugausfälle – seit der Pleite von Air Berlin und dem anschließenden Kampf der Fluggesellschaften um Marktanteile herrscht oft Chaos an deutschen Flughäfen. Das geht auch zulasten der Reisebüros und Reiseveranstalter.

Ungewöhnlich harsch kritisiert der Deutsche Reiseverband (DRV) nun die Fluggesellschaft Eurowings. „Die unverhältnismäßig hohe Anzahl von Flugannullierungen und Flugzeitänderungen bei Eurowings führten seit mehreren Wochen zu einem nicht mehr tragbaren Mehraufwand im Reisevertrieb und auch bei den Reiseveranstaltern“, heißt es vom Verband. Dies sei ein „unhaltbarer Zustand“. Der DRV bat Eurowings deshalb zum Gespräch.

Aufwand für Umbuchungen bekommen Reisebüros nicht erstattet

Flugverspätungen und -ausfälle sind für Reisebüros ein großes Pro­blem. Ganze Reiseverläufe können sich so ändern, etwa wenn es um Zubringerflüge für Kreuzfahrten geht oder um Anschlussflüge.

„Für die Reisebüros bedeutet diese Situation Mehrarbeit und dadurch hohe Kosten“, sagt eine Sprecherin des DRV unserer Redaktion. Denn den Aufwand für die Umbuchungen bekommen die Reisebüros nicht erstattet. Besonders ärgert die Reiseveranstalter, dass die Fluggesellschaft äußerst kurzfristig über Änderungen informiert. Und wenn Flüge abgesagt würden, seien Mitarbeiter schwer zu erreichen, heißt es aus der Branche.

Eigentlich sollen sich Reisebüros an ein spezielles Callcenter von Eurowings wenden. Doch: „Die Reisebüromitarbeiter hängen leider vielfach sehr lange in den Warteschleifen“, sagt ein Insider. Eurowings erklärt dies mit der „außergewöhnlichen Häufung von Störfaktoren“, wodurch das „Volumen an Anrufen gestiegen“ sei. Man habe „umgehend Maßnahmen ergriffen“, um die „operative Performance zu verbessern“, sagt ein Sprecher.

Kunden sind verärgert

Wenig Trost für die Reisebüros, die zunehmend um die Gunst der Kunden ringen. Denn die buchen Hotel und Flug immer häufiger separat und im Internet. Der Charme einer Pauschalreise liegt gerade darin, dass alles reibungslos funktioniert. Um so schlimmer, wenn es hakt.

Die Kunden sind verärgert, es bleibt ein Imageschaden“, ärgert sich der DRV. Denn die Kunden würden nicht unterscheiden, wer schuld sei an den Unannehmlichkeiten – die Fluggesellschaft oder das Reisebüro. „Viele Mitarbeiter in den Reisebüros wünschen sich zumindest eine Entschuldigung.“

Man nehme die Kritik „sehr ernst“, habe sich entschuldigt und Maßnahmen ergriffen, sagt Eurowings. Doch bleibt fraglich, wie schnell das Unternehmen die Probleme in den Griff bekommt. Nach der Insolvenz von Air Berlin wollte die Billigtochter der Lufthansa alle Teile der Pleite-Airline übernehmen und stellte einen ambitionierten Sommerflugplan auf – dann aber stimmte die EU der Übernahme nur in Teilen zu.

Viele Flugzeuge konnten nicht ohne Weiteres eingesetzt werden

Somit fehlen der Airline nun Maschinen, um den Flugplan erfüllen zu können. Hinzu kommt die Schulung des neuen Personals, viele Flugzeuge Air Berlins konnten zudem nicht ohne Weiteres eingesetzt werden.

„Die Dokumentation der Air-Berlin-Flugzeuge war nicht in dem Zustand, wie wir ihn erwartet haben“, sagte Oliver Wagner, Chief Commercial Officer von Eurowings, dem „Handelsblatt“. Die Maßnahmen, die Eurowings ergriffen hat, reichen dem DRV offenbar noch nicht aus. Der Verband jedenfalls hat bereits zum nächsten Gespräch geladen.