Frankfurt/Main. Opel überrascht mit einem Gewinn. Doch das geht auch auf Kosten von Forschung und Entwicklung. Ein Experte fürchtet Qualitätseinbußen.

Das Ergebnis überrascht: Opel hat unter seiner neuen französischen Konzernmutter PSA im ersten Halbjahr schwarze Zahlen geschrieben. Das ist eine bemerkenswerte Wende. Denn zuvor hatte der Rüsselsheimer Autobauer immerhin zwei Jahrzehnte lang hohe Verluste eingefahren. Das Blatt hat sich offenbar rasch gewendet, seitdem PSA – mit seinen Marken Citroën, Peugeot und DS – Opel im vergangenen August von General Motors übernommen hat.

Der Konzern weist für Opel und seine britische Schwester Vauxhall nunmehr einen operativen Gewinn von 502 Millionen Euro für das erste Halbjahr aus. „Der Turnaround von Opel/Vauxhall ist in vollem Gang“, sagte PSA-Finanzvorstand Jean-Baptiste de Chatillon bei der Präsentation der Geschäftszahlen am Dienstag. Die Rüsselsheimer hätten ihre Fixkosten um 28 Prozent gesenkt. Die Betriebsmarge bei Opel liege nun bei fünf Prozent des Umsatzes, der im Halbjahr knapp zehn Milliarden Euro betragen habe.

3700 der 19.000 Stellen an Opel-Standorten fallen weg

Das Erfolgsrezept: Neue Opel-Modelle entstehen nunmehr auf von PSA bereitgestellten Plattformen, was zu Kostenvorteilen etwa im Einkauf und bei der Entwicklung führt. Zudem profitiere Opel vom Verkauf von Geländewagen und einer generell höheren Ausstattung, an der mehr verdient werde. „Opel erhebt sich aus der Asche“, urteilt der Investmentberater Arndt Ellinghorst von Evercore ISI.

Allerdings belasten die Sanierungskosten noch die Bilanz. Denn der Umbau von Opel ist in vollem Gang. So hat sich die Konzernführung nach zähem Ringen mit den Vertretern der Arbeitnehmer Ende Mai darauf geeinigt, dass 3700 der 19.000 Stellen an den Opel-Standorten wegfallen. Im Gegenzug hat das Management zugesichert, bis 2023 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Nach Angaben des Betriebsrates ist der vereinbarte Jobabbau bei Opel bereits in den vergangenen Monaten erreicht worden. Und das kostet Geld – etwa in Form von Abfindungen. Deswegen liege der Gewinn von Opel unterm Strich bei „nur“ 30 Millionen Euro.

Ci­troën Aircross C5 ist eine weitere Spielart des Grandland

Zu dem Gewinn dürften auch niedrigere Kosten für Forschung und Entwicklung beigetragen haben. Während unter General Motors die Entwicklung bilanziell vergleichsweise teuer zu Buche schlug, hat sich das nun geändert, meint Hans-Peter Wodniok aus dem Analystenhaus Fairesearch. Und in Zukunft könnte das noch weiter gehen.

Ein Beispiel dafür ist der Opel Grandland X. Das Mittelklasse-SUV für rund 24.000 Euro wurde im Herbst 2017 vorgestellt. Der Fahrzeugtyp wird zusammen mit dem Peugeot 3008 auf einem Band produziert – im französischen Werk Sochaux. In Großbritannien kommt das Pendant des SUV unter dem Namen Vauxhall auf den Markt. Der Ci­troën Aircross C5 ist eine weitere Spielart des Grandland, der bald seinen Weg auf die Straßen finden soll. Alle diese Modelle fahren auf den gleichen technischen Plattformen und mit den gleichen Motoren. Das minimiert im PSA-Konzern die Entwicklungskosten.

Der PSA-Chef beteuert, an der Marke Opel festzuhalten

Diese Modellpolitik stärkt die Profite, schwächt aber die Eigenständigkeit einer Marke. Wenn in Zukunft unter der Haube eines Opel die PSA-Technik steckt, könnten sich treue Kunden fragen, warum sie überhaupt bei der Marke bleiben sollten.

Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen fürchtet mögliche Qualitätseinbußen. So weit ist es aber noch nicht. Bisher hat PSA-Chef Carlos Tavares beteuert, an der Marke Opel mit eigenständiger Technik festzuhalten. Angesichts der jüngsten Entwicklungen zweifeln Experten jedoch an dieser Zusicherung. „Opel scheint für PSA nicht mehr als eine Verkaufsplattform für konzerneigene Produkte zu werden“, meint Dudenhöffer.

Dazu passen auch Gedanken der PSA-Konzernleitung, das Entwicklungszentrum in Rüsselsheim ganz oder zum Teil zu verkaufen. „Bisher wurde nichts entschieden“, sagt der PSA-Finanzchef de Chatillon. Für die Beschäftigten ist das jedoch kein Trost. Sie fürchten in diesem Fall einen weiteren Jobabbau von bis zu 7000 Stellen. Die Wende hin zu schwarzen Zahlen ist bei Opel im PSA-Verbund zwar geschafft. Der Stellenwert von Opel in der Zukunft bleibt aber ungewiss.