Berlin. Die Regierung fordert flächendeckende Verträge in der Altenpflege. Doch laut einem Bericht stemmt sich ein großer Lobbyverband dagegen.

Die privaten Arbeitgeber wollen die flächendeckende Einführung von Tariflöhnen in der Altenpflegebranche offenbar verhindern. Wie der „Spiegel“ berichtet, wirbt der Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) gegenüber der Bundesregierung für ein unverbindliches Alternativmodell. Ein entsprechender Brief des Lobbyverbandes an Politiker der Großen Koalition liege dem „Spiegel“ vor.

Der frühere Wirtschaftsminister und derzeitige bpa-Präsident Rainer Brüderle (FDP) schreibt darin, der Verband rate seinen Mitgliedern, in ihren Betrieben sogenannte Arbeitsvertragsrichtlinien anzuwenden. Solche von den Arbeitgebern selbst festgelegten Mindestanforderungen haben jedoch Nachteile: So wird kein Recht auf Weihnachts- oder Urlaubsgeld erwähnt, vorgesehen ist zudem nur der gesetzliche Mindest-Urlaubsanspruch von 20 Tagen im Jahr.

Union und SPD einig über Verbesserung bei Pflege

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    Kommen allgemeingültige Tarifverträge in der Altenpflege?

    Der Brief des Verbandes, der nach eigenen Angaben zufolge mehr als 10.000 private Pflegeheime und ambulante Dienste und damit rund die Hälfte des Marktes vertritt, geht zu einer heiklen Zeit an die Große Koalition.

    SPD und Union hatten sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, zusammen mit Arbeitgebern und Gewerkschaften gezielte Maßnahmen gegen den Personalnotstand in der Pflege zu entwickeln. Dazu sollen allgemeingültige Tarifverträge in der Altenpflege ausgearbeitet werden. Würde ein entsprechender Tarifvertrag zuvor ausgehandelt, könnte er dann per Erlass für alle Arbeitgeber verpflichtend werden.

    Brüderle: Gewerkschaften haben keine Legitimation, Tariflöhne auszuhandeln

    In der kommenden Woche will die Bundesregierung offiziell die sogenannte Konzertierte Aktion Pflege in Gang setzen. Gemeinsam mit Arbeitgebern und Beschäftigten sollen dabei Ideen entwickelt werden, wie der Pflegeberuf attraktiver gemacht werden kann. Ein naheliegender Aspekt dabei: höhere Löhne.

    Spahn legt Programm für 13.000 zusätzliche Pflegekräfte vor

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      Doch der frühere FDP-Wirtschaftsminister Brüderle meint, den Gewerkschaften stehe es nicht zu, die Tariflöhne auszuhandeln. „Unsere Mitarbeiter entscheiden sich aus freien Stücken in erdrückender Mehrheit gegen Mitgliedschaften in Gewerkschaften. Somit fallen diese als Tarifpartner aus“, schreibt der bpa-Präsident in dem Brief.

      In der Alten- und Krankenpflege sind bundesweit etwa 35.000 Stellen für Fachkräfte und Helfer unbesetzt. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat inzwischen für ein Milliardenpaket entwickelt, das unter anderem 13.000 zusätzliche Stellen in der Altenpflege vorsieht, einen Gesetzentwurf erarbeitet. Es soll am 1. Januar 2019 in Kraft treten. (nsa)