Berlin. Jede dritte Pensionskasse in Deutschland steht unter einer strengen Aufsicht. Der Niedrigzins macht den Kassen zu schaffen.

Die niedrigen Zinsen bedrohen die betriebliche Altersvorsorge. Nachdem die Finanzaufsicht Bafin Probleme mit Pensionskassen, die etwa jede vierte Betriebsrente verwalten, eingeräumt hat, wächst die Verunsicherung. „Wir bekommen sehr viele Anfragen zu Betriebsrenten“, sagt Kerstin Becker-Eiselen von der Verbraucherzen-trale Hamburg. „Die Verunsicherung wächst, da nicht klar ist, welche Pensionskassen eventuell ihre Leistungen kürzen müssen.“ Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Um welche Betriebsrenten geht es?

Es gibt fünf Formen der betrieblichen Altersvorsorge. In die Schlagzeilen sind Verträge mit Pensionskassen gekommen. Das betrifft etwa jede vierte Betriebsrente, knapp fünf Millionen Policen. 137 Pensionskassen verwalten ein Kapital von 165 Milliarden Euro. Die Verträge haben meist günstigere Gruppenkonditionen und sind höher verzinst als private Rentenversicherungen. Pensionskassen führen die betriebliche Altersversorgung im Auftrag des Arbeitgebers durch.

Was sind die Probleme der Pensionskassen?

Die lange Phase niedriger Zinsen macht ihnen zu schaffen. „Sie sind besonders langfristige Verpflichtungen eingegangen, denn es geht fast ausschließlich um Rentenzahlungen“, erklärt Klaus Stiefermann, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersvorsorge. Einmalzahlungen wie bei normalen Lebensversicherungen gibt es fast nicht. Gleichzeitig werden die Betriebsrentner immer älter und beziehen länger Leistungen. Jede dritte Pensionskasse steht unter besonderer Beobachtung der Finanzaufsicht Bafin. Bei 13 Kassen soll die Lage besonders dramatisch sein.

Welche Pensionskassen sind betroffen?

Einige Pensionskassen bräuchten dringend mehr Kapital.
Einige Pensionskassen bräuchten dringend mehr Kapital. © dpa | Karl-Josef Hildenbrand

Die Namen sind nicht bekannt, aber eine Gruppe von Pensionskassen ist besonders betroffen: sogenannte firmennahe oder regulierte Kassen. Sie machen den größten Teil der Pensionskassen aus. „Regulierte Kassen dürfen einen höheren Garantiezins ansetzen, müssen aber ihre Tarife und Versicherungsbedingungen von der Bafin genehmigen lassen“, sagt Constantin Papaspyratos vom Bund der Versicherten. Der vereinbarte Garantiezins muss über die gesamte Laufzeit eingehalten werden. „In der aktuellen Niedrigzinsphase sind die regulierten Kassen offensichtlich damit überfordert, diese hochverzinsten garantierten Leistungen zu erbringen“, sagt Papaspyratos.

Was droht den Versicherten?

Einige Pensionskassen bräuchten dringend zusätzliches Kapital, um ihre Leistungen weiter in voller Höhe erbringen zu können, sagt der für Versicherungen und Pensionskassen zuständige Exekutivdirektor der Bafin, Frank Grund. Etwa sieben Prozent der Versicherten müssten damit rechnen, dass ihre ehemaligen Arbeitgeber im Zweifelsfall nicht bereit seien, Geld nachzuschießen. Das heißt aber nicht automatisch, dass sich Betriebsrentner mit weniger Geld abfinden müssen. „Kann eine Pensionskasse ihre Verpflichtungen nicht mehr erfüllen, muss in der ­Regel der Arbeitgeber für zugesagte Leistungen einstehen und die Differenz zahlen“, sagt Verbraucherschützerin Becker-Ei­selen. Das funktioniert aber nur, wenn der Arbeitgeber noch existiert und das Geld aufbringen kann. Nur rund 20 Pensionskassen sind Mitglied der Sicherungseinrichtung Protektor, die im Krisenfall einspringt.

Gab es schon Kürzungen?

Zumindest in der Ansparphase wurden Bedingungen bereits verschlechtert. 17 Pensionskassen haben den Rentenfaktor gesenkt – künftige Rentner erhalten also geringere Auszahlungen. Die BVV Versorgungskasse des Bankgewerbes senkte die Verzinsung von Beiträgen, die ab 2017 eingezahlt werden. Angesichts der Niedrigzinsen sei ein Renditeniveau von vier Prozent nicht erreichbar, beschloss die BVV-Mitgliederversammlung. In diesem Fall wollen die Arbeitgeber die Differenz ausgleichen.

Haben nur Pensionskassen Probleme?

Die niedrigen Zinsen belasten auch andere Vertragsarten der betrieblichen Altersversorgung. Bei der Direktzusage, die etwa jeder vierte Betriebsrentner hat, müssen Unternehmen bestimmte Beträge zurückstellen, um die Zusagen einzuhalten. Je niedriger die Zinsen, desto höher müssen die Rückstellungen ausfallen. Geht die Firma pleite, kommt der Pensionssicherungsverein für die Zahlungen auf. Bei Direktversicherungen schließt der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Rentenversicherung ab. Die Beiträge werden steuer- und sozialabgabenfrei direkt vom Gehalt abgezogen. Diese Verträge leiden darunter, dass die Verzinsung des angesparten Kapitals immer niedriger ausfällt.

Was können Verbraucher tun?

„Sie sollten sich nicht verunsichern lassen und im Zweifelsfall fachkundigen Rat einholen“, rät Becker-Eiselen. „Eine Kündigung des Vertrags ist ohnehin nicht möglich, da die Leistungen einer betrieblichen Altersversorgung erst mit Erreichen des Rentenalters ausgezahlt werden dürfen“, sagt Papaspyratos vom Bund der Versicherten. Allenfalls eine Beitragsfreistellung sei möglich.