Palo Alto. Mit dem Mittelklassewagen Model 3 wollte das Unternehmen zum Massenhersteller von Elektroautos werden. Doch die Probleme sind enorm.

Schnittige Silhouette, Glasdach, elegante Innenausstattung. Mit dem Model 3 wollte der kalifornische Elektroauto-Pionier Tesla in den Massenmarkt einsteigen. Doch es häufen sich die Probleme mit dem Fahrzeug, an dem das Schicksal des Konzerns hängt: Die Produktion stockt, die Kosten sind hoch und das Management wird mitten in der Krise umgebaut.

Zudem verwehrte die angesehene US-Zeitschrift „Consumer Reports“, die amerikanische Stiftung Warentest, soeben dem Model 3 die Kaufempfehlung. Der Fahrspaß sei groß, doch es gebe erhebliche Mängel. Der Bremsweg etwa sei länger als der eines Pick-up-Trucks, der zentrale Touchscreen schwer zu bedienen. Tesla-Chef und Gründer Elon Musk reagierte prompt, kündigte ein Softwareupdate an. Dabei blieb es nicht.

Deutsche Tesla-Kunden müssen warten

Musk musste am Wochenende eingestehen, dass Tesla mit dem Model 3 zum versprochenen Preis von 35.000 Dollar (29.500 Euro) bei den aktuellen Produktionsmengen „Geld verlieren und sterben“ würde. Nach Kalkulation des Finanzdienstes Bloomberg sind es aktuell 2900 Fahrzeuge pro Woche, ausschließlich Varianten für über 50.000 Dollar das Stück. Bis zur Jahresmitte will Tesla 5000 Stück des Model 3 je Woche bauen. Erst drei bis sechs Monate danach wird es den Wagen zum niedrigen Preis geben, so Musk. Mit der Limousine Model S und dem SUV Model X bedient die Firma ohnehin nur Besserverdienende.

Kunden in Deutschland müssen warten. Für sie sollte das Model 3 in der Grundausstattung nach Schätzungen zwischen 38.930 und 48.861 Euro kosten. Nach der Enthüllung im März 2016 stellte Tesla die Lieferung für das zweite Halbjahr 2018 in Aussicht. Daraus wurde im Februar ein „Anfang 2019“. Jetzt scheint auch dieser Termin fraglich. Firmenkreisen zufolge ruht die Fertigung des Model 3 für sechs Tage. Vom 26. bis zum 31. Mai sollen im Werk in Fremont Verbesserungen vorgenommen werden.

Experte: Musk lenkt von Problemen ab

Produktionspausen gab es bei Tesla schon öfter, doch parallel gibt es Veränderungen im Management. Musk kündigte vor einer Woche „eine gründliche Reorganisation“ an. Er wolle flachere Hierarchien schaffen, Funktionen zusammenfassen und andere Aktivitäten beschneiden. Dies folgte zeitnah auf die Nachricht, dass sich Produktionschef Doug Fields beurlauben ließ und mit Matthew Schwall ein leitender Angestellter zur Konkurrenz wechselt.

„Es läuft vieles unrund bei denen“, sagt Autoexperte Jürgen Pieper vom Bankhaus Metzler. Frank Schwope von der NordLB glaubt, Musk wolle durch die Neuorganisation von Problemen ablenken. „Es ist riskant, eine grundlegende Neustrukturierung in einem Moment vorzunehmen, wenn Tesla die Produktion des Model 3 hochfährt.“

Brände und Kollisionen mit Autopilot-System

Die Elektroautos von Tesla stehen auch wegen schwerer Unfälle im Fokus. In der Schweiz starb kürzlich ein Fahrer, weil sich die Akkus eines Autos nach einer schweren Kollision entzündet hatten. Laut Feuerwehr verursachten sie wohl eine schnelle und unaufhaltsame Temperaturerhöhung. In Silicon Valley fingen die Batterien in einem gelöschten Wrack nach Angaben der Feuerwehr dreimal erneut Feuer. Vor einer Woche geriet ein Tesla bei einem Unfall in Florida in Brand. Auch untersuchen die US-Behörden mehrere Kollisionen mit dem Autopilot-System.

Elon Musk reagiert auf schlechte Nachrichten meist dünnhäutig. In einer Telefonkonferenz zu den jüngsten Quartalszahlen bügelte er Fragen zum Finanzbedarf des notorisch defizitären Unternehmens ab. Die Anzahlungen zu je 1000 US-Dollar für die rund 500.000 vorbestellten Model 3 machen einen Großteil der Geldreserven aus. Wenn Kunden es sich anders überlegen, müssten sie erstattet werden.

Bei Tesla herrscht Nervosität. Analyst Pieper bringt die hohe Fluktuation auch mit Musks Führungsstil in Zusammenhang. Der Gründer erwecke den Eindruck, als müsse er 24 Stunden am Tag aktiv sein. „Dem Unternehmen würde einfach mal etwas Ruhe gut tun“, sagt der Autoexperte.