Los Angeles/Berlin . Bereits in zwei Jahren will der Fahrdienst Uber abheben. Auch deutsche Experten glauben an die Flieger – das aber nicht so schnell.

Feierabend, jetzt schnell nach Hause zur Familie. Einmal Wischen, einmal Drücken, schon hat die motivierte Businessfrau ein Taxi übers Smartphone gebucht. So beginnt das neue Werbevideo des US-Fahrdienstleisters Uber – so weit nichts Neues. Aber dann: Die Frau betritt ein nah gelegenes Hochhaus, steigt in den Fahrstuhl und lässt sich aufs Dach befördern, 17. Stock – der „Uber-Skyport“.

Auf der Plattform starten und landen im Sekundentakt futuristisch wirkende Kleinflieger, strombetrieben, geräuscharm, spektakulärer Ausblick inklusive. Mit einem dieser Lufttaxis schwebt die Frau in wenigen Minuten nach Hause, hinweg über die verstopften Straßen am Boden.

Schon 2020 soll es die ersten Testflüge geben

Geht es nach Uber, soll ein solches Szenario schon in fünf Jahren Realität sein. Am Mittwoch präsentierte der amerikanische „Taxischreck“ sein Konzept für die Flying Taxis, die Lufttaxis, auf seiner hauseigenen Elevate-Konferenz im kalifornischen Los Angeles. „Wir denken, dass die Städte in Bezug auf den Verkehr vertikal werden, und wir wollen dies Realität werden lassen“, so Uber-Chef Dara Khosrowshahi gegenüber dem US-Fernsehsender CBS News.

Für das Überflieger-Projekt kooperiert die Lufttaxisparte Uber Air mit der US-Raumfahrtbehörde Nasa. Gemeinsam arbeite man an einer Technologie, mit der der Luftraum kontrolliert und Unfälle verhindert werden können. Spektakulär erscheint vor allem die zeitliche Dimension: Schon 2020 sollen die ersten elektrischen Test-Taxis in Dallas und Los Angeles abheben.

Prototyp hat Rotoren für senkrechte Starts und Landungen

Ein Rendering des geplanten Lufttaxis.
Ein Rendering des geplanten Lufttaxis. © Uber | Uber

Ab 2023 sollen dann die ersten kommerziellen Flüge mit den sogenannten eVTOLs (electric vertical take-off and landing vehicles) starten. Wie sich Uber so ein „elektrisch senkrecht startendes und landendes Vehikel“ vorstellt, demonstrierte das Unternehmen in Los Angeles anhand eines Miniaturprototyps. Das Konzept sieht ungewöhnlich aus, wie es das Technologie-Onlinemagazin „Futurezone“ beschreibt. Danach entspricht der Rumpf noch am ehesten dem eines Flugzeugs. Auf dem Rumpfheck gibt es einen Horizontal-Rotor für den Vorwärtsflug.

Der Steig- und Sinkflug wird durch vier Paare von gleichdrehenden Vertikalrotoren angetrieben. Laut Uber hat sich bei Experimenten mit gleichdrehenden Rotoren gezeigt, dass diese leiser sind als gegendrehende und eine allgemein bessere Leistung liefern. Normalerweise verbrauchen Senkrechtstarts viermal so viel Energie wie herkömmliche Flächenstarts.

Auf „Vertiports“ sind 200 Starts und Landungen pro Stunde geplant

Das Konzept des Lufttaxis sieht einen rein elektrischen Betrieb vor, die Flughöhe der Vehikels liegt Uber zufolge zwischen 300 und 600 Metern. Die Lufttaxis sollen auf sogenannten Vertiports auf Dächern von Hochhäusern oder Parkhäusern sowie auf eigenen Landeplätzen in Städten und auf Brachland in der Nähe von Verkehrsknotenpunkten starten und landen. Jeder dieser Standorte, so will es Uber, soll bis zu 200 Starts und Landungen pro Stunde abwickeln können.

Wer mit dem Lufttaxi künftig abheben möchte, müsse dann nur noch 60 Minuten im Voraus per App eines bestellen und sich auf einem sogenannten Vertiport einfinden, heißt es lax.

Der Knackpunkt ist die Regulierung der Lufttaxis

Für Prof. Rolf Henke, Luftfahrtvorstand beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), ist das Konzept der Flugtaxis auch hierzulande denkbar. „Wir dürfen nicht vergessen, dass sich ja heute schon jeder einen Shuttleflieger buchen kann, wenn er das nötige Geld dafür hat.“ Allerdings gehe es beim Uber-Konzept nicht nur um neuartige elektrische Fluggeräte, die Personen befördern sollen, sondern auch um eine hohe Taktung von Starts und Landungen.

Zudem sollen die Flugtaxis im niedrigen Luftraum unterwegs sein und irgendwann autonom fliegen. Der Knackpunkt sei die Regulierung, so Henke. „Es bedarf sehr komplexer Zulassungsregeln, die wir noch nicht haben – und das geht nicht so schnell.“

Der Deutsche Taxi- und Mietwagenverband sieht sein Geschäft von Ubers Luftsprüngen vorerst nicht bedroht. „Mittelfristig bereitet uns das keine Angst“, sagt Geschäftsführer Thomas Grätz. „Ich gehe davon aus, dass wir persönlich nicht mehr erleben, mit Lufttaxis ganz normal unterwegs zu sein – und wenn, dann wäre das nur für einen ausgewählten Personenkreis erschwinglich.“

1,55 Euro für 1,6 Kilometer ohne Pilot

Eine Skizze des Kleinfliegers.
Eine Skizze des Kleinfliegers. © Uber | Uber

In dem Punkt könnte er sich allerdings täuschen. Die Vision von Uber-Chef Khosrowshahi: ein Netzwerk rund um die Shuttles zu schaffen, sodass „gewöhnliche Menschen für längere Strecken diese Taxis in die Luft nehmen können, wenn sie Staus zu erschwinglichen Preisen vermeiden wollen.“ So soll die Meile, also rund 1,6 Kilometer, zum Start umgerechnet rund 4,83 Euro kosten. Mit steigender Passagierzahl sollen sich die Kosten auf 1,55 Euro pro Meile reduzieren lassen, lautet das ambitionierte Ziel. „Einer der wichtigsten Grundsätze dieser Technologie ist, dass wir in jedem Fahrzeug vier Fahrgäste haben. Im Wesentlichen sinken die Kosten pro Fahrt“, sagte Uber-Produktchef Jeff Holden.

Kosten einsparen will das Unternehmen am Ende auch durch den Verzicht auf Piloten. Sofern sicher und erfolgreich, sollen die Luftdroschken nach einer Anfangsphase völlig autonom unterwegs sein, kündigte Uber an. Allerdings muss sich das Unternehmen wohl erst einmal – unfallfrei – auf der Straße beweisen, bevor es in die Luft geht.