Düsseldorf. Im Tarifstreit mit der Gewerkschaft Verdi gliedert das Unternehmen seine 34.000 Mitarbeiter aus. Die Metro-Tochter spart so Kosten.

Die 34.000 Beschäftigten der SB-Warenhauskette Real gehen durch ein Wechselbad der Gefühle. Seit 2015 verzichten sie auf Teile ihres Urlaubs- und Weihnachtsgeldes sowie Gehaltserhöhungen, weil die Tochter des Handelskonzerns Metro aus dem Flächentarifvertrag für den Einzelhandel ausgetreten ist.

Diesen Schritt hat Real zuletzt korrigiert. „Das bedeutet bereits für 2018 volles Weihnachts- und Urlaubsgeld. Die vorgesehene Erhöhung der Tarifentgelte erfolgt in mehreren Schritten“, sagt Unternehmenssprecher Markus Jablonski.

Die Freude währte nicht lange. Am Freitag hat der Real-Aufsichtsrat beschlossen, alle Mitarbeiter in die Gesellschaft Metro Services zu überführen. Ziel: Personalkosten sparen. Für die bisherigen Mitarbeiter bedeute dies keine Einbußen, betont der Sprecher. Für sie würden bestehende Vereinbarungen weiter gelten.

Es fehlt ein wettbewerbsfähiges Konzept

Dieser Schritt markiert das vorläufige Finale im seit zwei Jahren währenden Streit zwischen Metro und der Gewerkschaft Verdi. Konzernchef Olaf Koch klagte schon lange, Real leide unter nicht wettbewerbsfähigen Personalkosten – schließlich seien viele Konkurrenten nicht tarifgebunden.

Ende März zog Metro wegen einer „offenkundigen Blockadesituation“ die Reißleine: Real verließ den Arbeitgeberverband HDE, wechselte zum Metro-eigenen Verband AHD. Dieser ermögliche, „modernere und flexiblere Tarifverträge zu verhandeln“, hieß es.

Der Tarifstreit ist nur eine Baustelle bei Real. Innerhalb von zehn Jahren ist das Filialnetz von 350 auf 280 geschrumpft, in 20 Jahren führte ein halbes Dutzend Manager das Unternehmen, aktuell Patrick Müller-Sarmiento. „Real hat als Unternehmen in der Vergangenheit die Entwicklung eines wettbewerbsfähigen Konzepts versäumt“, sagt der Handelsexperte Thomas Roeb. „Jetzt gibt es auch noch Gegenwind vom Markt.“

Auf Umsatzverluste reagierte Real mit Kostensenkungen

Seit etwa zehn Jahren beobachtet der Professor der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg eine Krise der großen SB-Warenhäuser. Während etwa Edeka seine Marktkauf-Standorte in die wettbewerbsstarke Supermarkt-Organisation integrierte, und damit das Konzept optimierte, musste Real auf kontinuierliche Umsatzverluste vor allem mit Kostensenkungen reagieren. „Real zehrt von der Substanz“, sagt er.

Zuletzt machte auch der Duisburger Metro-Großaktionär Haniel Druck. Der Investor zeigte sich mit dem Börsenkurs nicht zufrieden. Der rauschte seit einer Gewinnwarnung am Freitag um mehr als 20 Prozent nach unten.

Die Metro Services, die die 34.000 Real-Mitarbeiter aufnehmen soll, beschäftigt bislang 600 Mitarbeiter etwa aus der Buchhaltung. Sie werden nach einem Tarifvertrag bezahlt, den Metro mit der christlichen Gewerkschaft DHV ausgehandelt hat.

Die Gewerkschaft kritisiert den „Dumping-Tarifvertrag“

Laut Verdi liegt das Tarifniveau um 24 Prozent unter dem Flächentarif für den Einzelhandel. Verdi bezweifelt, dass die schlechtere Bezahlung auf Sicht nur für neue Beschäftigte gilt – und verweist auf Rivalen wie Kaufland und andere Discounter, die mindestens Tariflohn zahlten.

Gegenwind bekommt Real sogar von der Gewerkschaft DHV mit ihren 73.000 Mitgliedern. „Wir werden keine Dumping-Tarifverträge aushandeln“, sagt der Bundesvorsitzende Henning Röders. Schon im Vorfeld hatte er erklärt: „Tarifflucht auf dem Rücken der Beschäftigten wird die Gewerkschaft DHV nicht unterstützen.“ Röders drohte mit einer „Aufkündigung der Tarifpartnerschaft“ mit der Metro.

Trotz der Turbulenzen strebt Real eine Tarifpartnerschaft mit der DHV an, sagt Sprecher Jablonski. Der Verband AHD stehe jedenfalls bereit, über neue Tarifverträge zu verhandeln. Messlatte seien „wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen“.