Amazon-Chef Jeff Bezos bei Axel Springer Awards: "Brauchen keine Gewerkschaften"
Preisverleihung
Amazon-Gründer Bezos: „Wir brauchen keine Gewerkschaften“
| Lesedauer: 3 Minuten
Kai-Hinrich Renner
Mitarbeiter protestieren gegen Preisverleihung an Ámazon-Chef
Mitarbeiter protestieren gegen Preisverleihung an Ámazon-Chef
Mehrere hundert Beschäftigte des Online-Händlers Amazon haben in Berlin gegen die Verleihung des Axel Springer Awards an Konzernchef Jeff Bezos protestiert. Sie forderten einen Tarifvertrag und w...
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Amazon-Gründer Jeff Bezos erhält den Axel Springer Award in Berlin. Draußen vor der Tür wird währenddessen gegen ihn demonstriert.
Berlin.
Drinnen, im Berliner Axel-Springer-Haus, wurde dem Gründer des Online-Kaufhauses Amazon, Jeff Bezos, der Axel Springer Award verliehen. Draußen auf der Axel-Springer-Straße standen etwa 150 Menschen, unter ihnen die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles, die gegen Bezos demonstrierten. Die Stimmung war gelöst: „Pay, pay, make Amazon pay“, skandierten die Demonstranten mit Inbrunst. Und: „Wir sind hier und wir sind laut, weil ihr unsere Zukunft klaut.“
Die Laune der SPD-Vorsitzenden war spätestens in dem Moment nicht mehr ganz so gut, als sie von den Protestern ausgebuht wurde. „Hartz IV, das seid ihr“, riefen einige. Eine Gruß-Adresse verkniff sich die Politikerin, die eine knallgelbe Verdi-Weste zu ihrem blauen Hosenanzug kombinierte. Dabei hatte sie zuvor der Nachrichtenagentur dpa gesagt, sie verstehe nicht, weshalb das Medienhaus Axel Springer Bezos für sein „visionäres Unternehmertum in der Internetwirtschaft“ auszeichne.
Geschätztes Vermögen Bezos’ liegt bei 130 Milliarden US-Dollar
Das Online-Kaufhaus Amazon sei „Weltmeister im Steuervermeiden“. Die Arbeitsbedingungen bei Amazon in Deutschland seien schlecht, ein Tarifvertrag werde verweigert. „Und das ist glaube ich nicht hinnehmbar und verdient auch keinen Preis.“ Ob Bezos, mit einem geschätzten Vermögen von 130 Milliarden Dollar der reichste Mann der Welt, davon drinnen im Axel-Springer-Haus irgendetwas mitbekommen hat?
Sein Gastgeber, Springer-Chef Mathias Döpfner, dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gewusst haben, was da vor seinem Verlagshaus vor sich ging. Jedenfalls sprach er in einem langen Interview auf offener Bühne – dem Herzstück der Preisverleihung – den Unternehmer auf die Kritik der Gewerkschafter an, auf niedrige Löhne und schlechte Arbeitsbedingungen.
Bezos eierte zunächst ein wenig herum. Es sei wichtig „Kritik, die etwas verbessern will“ von Kritik zu unterscheiden, die „eigensüchtige Interessen“ verfolge. Es wurde ziemlich schnell klar, dass für Bezos die Kritik der Gewerkschaften in letztere Kategorie gehört. „Wir haben 16.000 Mitarbeiter in Deutschland“, sagte er. „Wir zahlen ordentlich. Wir haben Betriebsräte. Wir brauchen keine Gewerkschaften als Vermittler. Aber letztlich entscheiden das unsere Mitarbeiter.“
Bezos präsentiert sich als Musterunternehmer
Ansonsten präsentierte sich der 54-Jährige als aufgeklärter Musterunternehmer. Ob man Amazon wegen der schieren Größe des Unternehmens zerschlagen müsse, wie es der US-Präsident wohl gerne täte, wollte Döpfner wissen. Man müsse Amazon überprüfen, entgegnete Bezos. Alle großen Unternehmen müssten ständig überprüft werden.
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Ähnlich beantwortete der Amazon-Gründer eine Frage zum Thema Datenschutz. Man müsse skeptisch gegenüber der Politik aber auch gegenüber großen Internet-Unternehmen sein. Eine Nachfrage zu Amazons Daten sammelnden Sprachsteuerungssystem Alexa stellte Döpfner nicht.
Gegen Ende des Interviews empfahl der bekennend Star-Trek-Fan Bezos dann noch der Menschheit, den Weltraum zu besiedeln. Allein schon wegen der Energieproblemen, die es in ein paar Hundert Jahren auf der Erde geben werde, sei das nötig.
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