Essen. Die IG Metall hat neue Zweifel an der geplanten Stahlfusion von Thyssenkrupp und Tata. Konzernchef Heinrich Hiesinger ist unter Druck.

Die IG Metall droht überraschend wieder mit einer Ablehnung der geplanten Stahlfusion von Thyssenkrupp mit dem indischen Hersteller Tata. Der Auslöser ist die vorgesehene Führungs- und Finanzstruktur für das holländische Tata-Stahlwerk in Ijmuiden, das Teil des neuen Stahlkonzerns werden soll. Vereinbarungen des Tata-Managements mit den dortigen Gewerkschaften sehen vor, dass Tata Steel in den Niederlanden weiterhin die Verfügungsgewalt über die erzielten Gewinne behalten soll. Das ruft die IG Metall auf den Plan.

„Dieser Sachverhalt ist uns bislang völlig neu. Das ist zu keinem Zeitpunkt von Thyssenkrupp erwähnt worden“, sagte der frühere Gewerkschaftschef Detlef Wetzel, der die IG Metall im Aufsichtsrat der Thyssenkrupp-Stahlsparte vertritt und Vize-Vorsitzender des Kontrollgremiums ist. Wetzel äußerte sich gegenüber unserer Redaktion besorgt: „Sollte sich das als Tatsache erweisen, wäre das für uns völlig inakzeptabel. Es kann doch nicht sein, dass sich die niederländische Gesellschaft völlig von den Risiken des Joint Ventures freistellen lässt. Unter solchen Voraussetzungen könnten wir dem auf keinen Fall zustimmen.“

Müssen deutsche Standorte für Verluste im Ausland aufkommen?

Thyssenkrupp will mit Tata den zweitgrößten Stahlkonzern in Europa mit 48.000 Mitarbeitern und Werken in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden formen. Das Joint Venture soll Thyssenkrupp Tata Steel heißen und über eine Holding mit Sitz in den Niederlanden geführt werden. Werke in NRW sind unter anderem in Duisburg, Bochum, Gelsenkirchen und Dortmund. Bei der IG Metall gibt es die Befürchtung, dass künftig die deutschen Standorte für mögliche Verluste im Ausland – etwa im britischen Tata-Stahlwerk Port Talbot – aufkommen müssen.

In Konzernkreisen wird bestätigt, dass die Finanz- und Führungsstruktur in den Niederlanden der Knackpunkt in den Verhandlungen mit Tata ist. Bislang gibt es lediglich eine Grundsatzvereinbarung der Konzerne. Die offiziellen Unterschriften zur Fusion hatte Thyssenkrupp-Chef Heinrich Hiesinger im vergangenen September für Anfang 2018 angekündigt. Eigentlich schien es Klarheit der Thyssenkrupp-Führung mit der IG Metall zu geben. Vor Wochen hatte sich das Management mit der Gewerkschaft auf einen Tarifvertrag geeinigt, der einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis Ende September 2026 vorsieht.

Dieser Text ist zuerst auf waz.de erschienen.