Hamburg. Seit etwas mehr als drei Jahren ist Klaus Brinkbäumer Chefredakteur beim „Spiegel“. Jetzt macht man sich Gedanken über seine Nachfolge.

So viel zumindest ist klar: Die Amtszeit seines direkten Vorgängers hat Klaus Brinkbäumer bereits deutlich übertroffen. Der war ein Jahr und vier Monate Chefredakteur des „Spiegels“. Brinkbäumer ist bereits drei Jahre und zwei Monate im Amt.

Ob er aber die Verweildauer seiner Vorvorgänger Georg Mascolo und Mathias Müller von Blumencron übertreffen wird, die als Doppelspitze fünf Jahre und zwei Monate die Geschicke des Nachrichtenmagazins bestimmten, ist zweifelhaft.

Im Verlagshaus auf der Hamburger Ericusspitze macht man sich Gedanken über die Nachfolge für den 51 Jahre alten Journalisten. Geschäftsführer der Spiegel Mitarbeiter KG, die 50,5 Prozent der Anteile des Verlags hält, sondieren den Markt nach geeigneten Kandidaten.

„Spiegel“-Mitarbeiter wollen sich nicht unter Druck setzen lassen

Der zweitgrößte Gesellschafter, das Zeitschriftenhaus Gruner + Jahr („Stern“, „Geo“), auf das 25,5 Prozent der Anteile entfallen und das der Berufung eines neuen Chefredakteurs zustimmen muss, hat grundsätzlich nichts gegen einen Wechsel in der Chefredaktion. Seine Zustimmung macht der Verlag davon abhängig, dass tatsächlich eine überzeugende Nachfolgeregelung für Brinkbäumer gefunden wird.

Susanne Amann, die Sprecherin der Mitarbeiter-KG-Geschäftsführung, sowie Gruner + Jahr-Chefin Julia Jäkel, die ihr Haus auch in der Gesellschafterversammlung des Spiegel Verlages vertritt, wollen sich zu der Sache nicht äußern.

Einen formellen Beschluss zur Ablösung des derzeitigen Chefredakteurs gibt es nicht. Die Mitarbeiter KG will sich in dieser Angelegenheit nicht unter Druck setzen. Dazu besteht auch kein Anlass, denn die Sache eilt nicht.

Keine Vergleiche zu Wolfgang Büchner

Anders als bei der Absetzung von Brinkbäumers Vorgänger Wolfgang Büchner, der sich wegen seiner Umbaupläne für den „Spiegel“ und einer Personalie mit nahezu der kompletten Belegschaft angelegt hatte, muss nicht von heute auf morgen gehandelt werden. Die Situation lässt sich auch in keinster Weise mit der Endphase der Ära Mascolo/Müller von Blumencron vergleichen, in der sich die beiden Chefredakteure gegenseitig blockierten.

Dass die Mitarbeiter KG dennoch erwägt, sich von Brinkbäumer zu trennen, hat mit einem Projekt zu tun, das erst umgesetzt werden muss: Im Zuge der engeren Verzahnung von Print und Online ist geplant, die Redaktion des gedruckten „Spiegels“ mit der von „Spiegel Online“ zu verschmelzen.

Brinkbäumer bleibt wohl beim „Spiegel“

Dieses Vorhaben will man offenbar mit einem neuen Chefredakteur oder mit einem Team neuer Chefredakteure angehen. Denn dass es die eine journalistische Lichtgestalt wohl nicht gibt, die den „Spiegel“ in eine strahlende Zukunft führt, ist in Redaktion und Verlag vielen bewusst. Mit mindestens zwei Kandidaten wurden bereits informell Gespräche geführt. Keiner von beiden dürfte den Job übernehmen.

Brinkbäumer wird dem „Spiegel“ wohl auch nach seiner Zeit als Chefredakteur erhalten bleiben. Er hat sich vertraglich zusichern lassen, nach seinem Ausscheiden aus der Chefredaktion als Korrespondent nach New York zurückkehren zu dürfen. Aus der US-Metropole hatte er bereits bis Ende 2010 berichtet.

*****

„Focus“-Gründer mit Spitze gegen ungeliebten Ex-Kollegen

Der Gründer und ehemalige Chefredakteur des Münchner Nachrichtenmagazins „Focus“, Helmut Markwort, ist ein Meister im Setzen von Nadelstichen. Der Journalist, der im reifen Alter von 81 Jahren für die FDP in den bayerischen Landtag einziehen will, hat der „Zeit“ ein Interview gegeben.

Darin sagt er, das Verlagshaus Burda, in dem „Focus“ erscheint, habe „kein journalistisches Vorstandsmitglied mehr“. Das ist falsch: Zeitschriftenvorstand Philipp Welte hat einst als Journalist für die „Hohenzollerische Zeitung“ gearbeitet. Noch heute gibt er als Beruf bei offiziellen Anlässen „Redakteur“ an.

Kaum vorstellbar, dass Markwort, der selbst Burda-Zeitschriftenvorstand war, dies entgangen ist. Seine Bemerkung war wohl eine gezielte Spitze gegen den ungeliebten Ex-Kollegen.

Weitere Medienmacher-Kolumnen von Kai-Hinrich Renner finden Sie hier:

PR des „Spiegel“-Chefs in eigener Sache sorgt für Verdruss

Warum ARD und ZDF eine neue Facebook-Strategie brauchen

„Spiegel“ arbeitet mit einer Arbeitsgruppe Sexismus auf