Berlin. Nach dem Datenskandal bei Facebook wird eine staatliche Kontrolle gefordert. Die SPD fordert auch Nachbesserungen beim EU-Datenschutz.

Der Druck auf Facebook wächst. Am Wochenende ist bekannt geworden, dass die Datenanalyse-Firma Cambridge Analytica im großen Stil Nutzerdaten des sozialen Netzwerks für eigene Zwecke verwendet hatte. Die US-Aufsichtsbehörde FTC ermittelt bereits. Sollte sie eine Verletzung der Datenschutz-Regeln feststellen, kann sie hohe Strafen verhängen.

Was ist passiert?

Die „New York Times“ berichtet unter Berufung auf ehemalige Mitarbeiter von Cambridge Analytica, die Firma habe Zugriff auf Daten von mehr als 50 Millionen Facebook-Nutzern ohne deren Zustimmung erhalten. Cambridge Analytica wertete die Daten aus.

Das Unternehmen unterstützte Donald Trump im US-Präsidentschaftswahlkampf und soll ihm zum Sieg verholfen haben. Facebook erklärt, beim Großteil der betroffenen Nutzer seien nur Grund-Informationen zum Profil zugänglich gewesen.

Wo liegt das Geschäftsfeld von Cambridge Analytica?

Das Unternehmen erstellt für Kunden aus Politik und Wirtschaft Verbraucherstudien und bietet personalisierte Werbung sowie andere datenbezogene Dienstleistungen an. Auf der Internetseite werden als Beispiele für Auftraggeber eine Tageszeitung genannt, die mehr über ihre Abonnenten wissen möchte, und ein US-Autoversicherer, der sich selbst besser vermarkten will.

Cambridge Analytica wurde vor etwa fünf Jahren gegründet und konzentrierte sich zunächst auf US-Wahlen. Der republikanische Milliardär Robert Mercer stellte 15 Millionen Dollar (mehr als zwölf Millionen Euro) bereit, den Namen wählte der spätere Trump-Berater Steve Bannon. Bevor die Firma Trump im Wahlkampf unterstützte, soll sie dem republikanischen Senator Ted Cruz geholfen haben.

Wie kam Cambridge Analytica an die Daten der Nutzer?

Um die Nutzerdaten zu sammeln, hatte ein Professor eine Umfrage zu Persönlichkeits-Merkmalen aufgesetzt, die bei Facebook als wissenschaftliche Forschung angemeldet wurde. Die Daten gingen dann ohne Wissen der Nutzer an Cambridge Analytica.

Facebook sperrte die Analyse-Firma später aus, weil sie die unrechtmäßig erhaltenen Nutzerdaten entgegen früheren Zusicherungen nicht gelöscht habe. Allerdings zeigen sich Datenschützer entsetzt, dass es für Cambridge Analytica überhaupt so leicht möglich war, nicht nur an Informationen der Nutzer zu kommen, die sich an der Umfrage beteiligt hatten, sondern auch an Daten von deren Freunden.

Welche Folgen hat der Skandal?

Facebook schlittert in eine schwere Krise. Rufe nach mehr staatlicher Aufsicht über Online-Plattformen werden lauter. Die Aktie fiel kräftig, mehr als 35 Milliarden Dollar Börsenwert gingen binnen weniger Tage verloren. Gründer und Chef Mark Zuckerberg werde sich erst äußern, wenn interne Untersuchungen abgeschlossen seien, hieß es.

Alexander Nix wurde von Cambridge Analytica suspendiert.
Alexander Nix wurde von Cambridge Analytica suspendiert. © dpa | Dominic Lipinski

Gleichzeitig rumort es auch im Konzern. So will Sicherheitschef Alex Stamos das Unternehmen wohl verlassen. Er habe sich dafür eingesetzt, offener über die russische Einmischung in den US-Präsidentenwahlkampf 2016 zu informieren, sei aber von anderen Managern abgebügelt worden, schrieb die „New York Times“. Stamos habe bereits im Sommer 2016 erste Untersuchungen eingeleitet und zum November klare Hinweise auf die Einmischung aus Russland gehabt. Die Firmenführung habe jedoch gezögert, die Informationen öffentlich zu machen.

Erst nach Untersuchungen im US-Kongress gab das Online-Netzwerk zu, dass 150 Millionen Nutzer von Facebook und dem zum Unternehmen gehörenden Onlinedienst Instagram mit politischer Propaganda aus Russland in Berührung gekommen sein dürften.

Am Dienstagabend suspendierte Cambridge Analytica seinen Chef Alexander Nix. Nix werde bis zu einer vollständigen, unabhängigen Untersuchung mit sofortiger Wirkung von seiner Aufgabe entbunden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend mit.

Wie reagiert Deutschland?

Mehr Sicherheit soll die EU-Datenschutzverordnung geben, die ab Mai gilt. Sie regelt den Datenschutz einheitlich für alle Mitgliedstaaten. „Entscheidend ist hierbei auch, dass nicht europäische Unternehmen, die sich an europäische Bürger wenden, ebenfalls europäisches Datenschutzrecht einhalten müssen“, sagt Lina Ehrig vom Bundesverband der Verbraucherzentrale. Erfasst sind damit auch Facebook & Co.

SPD-Datenschutzexperte Ulrich Kelber (SPD).
SPD-Datenschutzexperte Ulrich Kelber (SPD). © dpa | Tim Brakemeier

Ulrich Kelber (SPD), Ex-Staatssekretär beim Bundesjustizminister, fordert Facebook auf, schnell und umfassend aufzuklären, was mit welchen Daten passiert sei. „Die EU muss darauf pochen, dass die neue Datenschutzgrundverordnung konsequent umgesetzt wird. Außerdem müssen die rechtlichen Regelungen für die Bildung von personalisierten Profilen überprüft werden. Ich sehe hier Nachbesserungsbedarf.“

Andrea Voßhoff (CDU), Datenschutzbeauftragte des Bundes, ist besorgt. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, sei das ein alarmierendes Beispiel für die großen Risiken der Profilbildung im Internet. „Auch die Politik sollte in Anbetracht von Vorfällen wie diesem erkennen, dass zum Schutz des Menschen in der digitalen Welt ein starker Datenschutz erforderlich ist und nicht das Gegenteil.“