Berlin. 9,3 Milliarden Euro investiert die Bahn ins Netz. Das hat Folgen für die Reisenden. Der Konzern verspricht mehr Tempo bei den Arbeiten.

Ob Bahnhöfe, Gleise, Brücken oder Schienen: Die Deutsche Bahn plant in diesem Jahr das größte Modernisierungsprogramm aller Zeiten für ihre Infrastruktur. Bundesweit sollen 9,3 Milliarden Euro investiert werden – und damit noch einmal 800 Millionen mehr als im vergangenen Jahr.

Auf zahlreichen Strecken wird sich die Fahrzeit deshalb zeitweise um bis zu 30 Minuten verlängern, manchmal werden die Züge kürzere Strecken zurücklegen, wie Ronald Pofalla, Bahnvorstand für Infrastruktur, ankündigte. Entsprechende Verzögerungen sollen frühzeitig – etwa drei Monate vor Baubeginn – in die Fahrpläne eingearbeitet werden, damit sich die Reisenden darauf einstellen können.

2000 zusätzliche Mitarbeiter gesucht

Für ihr gigantisches Bauprogramm will der Staatskonzern 2000 zusätzliche Fachkräfte in baurelevanten Berufen einstellen – darunter 180 in Berlin. Aktuell arbeiten in dem Bereich 17.700 Beschäftigte. In Spitzenzeiten gibt es täglich bis zu 800 Baustellen.

Um die Folgen für die Reisenden so gering wie möglich zu halten, sollen die Baustellen im neuen „Lagezentrum Bau“ der Bahn koordiniert werden. „So konnten wir 2017 die durch Baustellen verursachten Verspätungen gegenüber 2016 um zehn Prozent reduzieren“, erläuterte Pofalla. Ziel sei es trotz allem, die Pünktlichkeitsquote der Fernzüge in diesem Jahr auf 82 Prozent zu erhöhen.

Das meiste Geld fließt in Streckenerneuerung

In der Regel baut die Bahn „unter rollendem Rad“ – also bei laufendem Betrieb der täglich rund 40.000 Zugfahrten. Die Bauzeiten sollen zum Teil durch den Einsatz von mehr Personal, leistungsfähigen Maschinen sowie Wochenend- und Nachtarbeit verkürzt werden, wie Pofalla sagte. Räumlich beieinander liegende Maßnahmen würden gebündelt.

Der größte Teil der Investitionen – 5,5 Milliarden Euro – fließt in die Erneuerung von Gleisen, Brücken, Tunnel und Technik. Weitere 2,6 Milliarden Euro werden in den Neu- und Ausbau von Strecken gesteckt. Größere Baustellen gibt es unter anderem auf den Strecken Hamburg–Hannover–Göttingen, Köln–Düsseldorf-Flughafen, Kassel–Frankfurt und Dortmund–Hamm.

700 Bahnhöfe werden umgebaut

In die Bahnhöfe investiert die Bahn bundesweit 1,2 Milliarden Euro – verteilt auf rund 700 Stationen. Das Geld ist besonders für neue Rolltreppen, Aufzüge, Infotafeln für Reisende, Sitzbänke und Rampen für barrierefreie Zugänge vorgesehen. Mittlerweile sind der Bahn zufolge 77 Prozent der 5400 Bahnhöfe stufenfrei.

Beim Streckenausbau setzt die Bahn auf Digitalisierung von Weichen. „Die Digitalisierung des Systems bietet die Chance, die Kapazität – und damit die Fahrleistungen – im Netz um 20 Prozent zu steigern“, sagt Pofalla. Seit 2010 wurden bei der Bahn bereits 14.000 der 33.000 Kilometer Schienen komplett erneuert – damit fast jeder zweite Kilometer. Von den insgesamt 60.000 Weichen sollen 30.000 besonders relevante bis 2020 mit digitaler Diagnostik ausgestattet werden.

Kostenloser Nahverkehr „außerordentlich interessant“

Generell hält Bahnvorstand Pofalla den Ausbau der Schiene auch aus Umweltgesichtspunkten für erforderlich. „Ohne eine zunehmende Verkehrsverlagerung auf die Schiene werden wir die Klimaziele nicht erreichen“, ist der Manager überzeugt.

Insofern bezeichnet der Bahnvorstand den jüngsten Vorstoß Deutschlands an die EU-Kommission, Pilotprojekte für einen kostenlosen Öffentlichen Nahverkehr zu erproben, als „außerordentlich interessant“, sagte Pofalla. „Nur wenn wir die Kostenseite günstiger gestalten, werden wir eine Verkehrsverlagerung weg vom Auto bekommen.“