Hamburg. Unilever will den Werbeetat bei Google und Facebook einschränken – wegen Hassbotschaften. Deutsche Werbetreibende sind zurückhaltend.

Facebook und Google leben im Wesentlichen von Werbung. Nun hat der Marketingchef des britisch-niederländischen Konsumgüterkonzerns Unilever, dem Marken wie Langnese, Dove oder Knorr gehören, den Internet-Riesen angedroht, künftig mit ihnen nicht mehr zusammenarbeiten, wenn sie sich nicht ganz gewaltig ändern.

Sein Unternehmen, so der Unilever-Manager, könne nicht im Umfeld von Internetseiten werben, die „nicht vertrauenswürdig“ seien. Das, was Google und Facebook anböten, gleiche mitunter einem „Sumpf“.

Keith Reed, so heißt der Marketingchef, meint Fake-News und Hassbotschaften. Sein Konzern gilt als eines der größten werbetreibenden Unternehmen der Welt. Dessen jährliche Marketing-Ausgaben lagen zuletzt bei 7,7 Milliarden Euro. Wenn Unilever eine solch markige Drohung ausspricht, müsste das eigentlich Eindruck machen.

Deutsche Werbetreibende reagieren überrascht

Spricht man mit deutschen Werbetreibenden über das Thema, sind sie um Sachlichkeit bemüht. „Es kann nicht sein, dass die Werbung von renommierten Marken im Umfeld von Terrorvideos oder Hate-Speech platziert wird“, sagt Joachim Schütz, Geschäftsführer der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Ihr gehören alle großen deutschen Markenartikler an. Der OWM-Geschäftsführer sagt aber auch, sein Verband sei „im permanenten und kon­struktiven Dialog mit den Plattformen, die unsere Anmerkungen sehr ernst nehmen“.

Klaus-Peter Schulz, Geschäftsführer der Organisation der Mediaagenturen (OMG), findet es „grundsätzlich richtig, dass über digitale Werbeumfelder diskutiert wird“. Mediaagenturen beraten Unternehmen beim Schalten von Werbekampagnen. Ihn überrascht aber der Zeitpunkt des Vorstoßes von Unilever. „Das Problem ist doch längst erkannt“, sagt er. „Es beschäftigt uns schon seit zwei, drei Jahren.“

Schulz verweist auf erste Erfolge. So lasse Facebook inzwischen externe Dienstleister seine Seiten von Hassbotschaften säubern – im Rahmen des umstrittenen Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, einer deutschen Besonderheit.

Google platziert Werbung auf islamistischen Internetseiten

Schaut man etwas genauer hin, fällt auf, dass große Konsumgüterhersteller wie Unilever, Procter & Gamble oder Nestlé schon seit geraumer Zeit bemüht sind, ihre hohen Marketingetats zu senken. Procter & Gamble verkündete unlängst gar, man habe im zweiten Quartal 2017 testweise den digitalen Werbe-Etat um 100 Millionen Dollar gekürzt, ohne dass dies Folgen für den Abverkauf gehabt habe.

Auf die Umsätze der Internet-Riesen wirken sich diese Kürzungen bisher nicht aus. Ganz im Gegenteil: Im vierten Quartal 2017 stiegen die Erlöse von Facebook um 47 Prozent auf den Rekordwert von 12,97 Milliarden Dollar (10,6 Milliarden Euro).

„Online-Plattformen sind für die meisten Unternehmen ein zentraler Baustein in ihrem Kommunikationsmix“, sagt OWM-Geschäftsführer Schütz. „Gerade jüngere Zielgruppen“ seien nahezu ausschließlich so zu erreichen. Das weiß man auch bei Unilever. Kann es sei, dass es bei der Drohung Richtung Facebook und Google im Kern um bessere Konditionen geht?

Dabei ist das Problem durchaus ernst. Erst am Dienstag meldete „Report München“, Google habe Werbung deutscher Firmen auf islamistischen Internetseiten platziert.