Berlin. Die AGB von PayPal sind etwa 80 Seiten lang. Unzumutbar finden das Verbraucherschützer – und gehen gegen den Online-Bezahlservice vor.

Für jeden Verbraucher ist es eine lästige Pflicht, aber auch wichtige Absicherung. Wer ein Auto, einen Computer oder eine Waschmaschine kauft, sollte immer das Kleingedruckte lesen. Sprich: Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die sich dahinter verbergen.

Erst recht ist dies eine Pflicht bei Einkäufen oder Nutzung von Diensten im Internet. Wer nicht unter die angehängten AGB einer App sein Häkchen setzt, kann die Angebote oft überhaupt nicht nutzen. Der Zugang bleibt dem potenziellen Kunden versperrt.

PayPal in der Kritik

Doch viele Verbraucher erleben beim Lesen der AGB eine besondere Herausforderung. Statt die Bedingungen einfach und verständlich erläutert zu bekommen, folgen oft verschachtelte Sätze in Juristendeutsch. Schwer nachvollziehbar und kompliziert.

Ein viel genutzter Online-Bezahlservice hat die Unübersichtlichkeit nun offenbar auf die Spitze getrieben. PayPal hat seine rund 19 Millionen Nutzer im Januar über die neuen AGB informiert – ohne dabei die Neuerungen besonders hervorzuheben. Ihre AGB umfassen 80 Seiten, ausgedruckt entspricht dies etwa 24 Meter Papier.

AGBs nicht transparent genug

Bei einer angenommenen Lesegeschwindigkeit von 250 Worten pro Minuten benötige man 80 Minuten, um die Bedingungen vollständig zu lesen, berichtet Carola Elbrecht, Rechtsreferentin für den Marktwächter Digitale Welt beim Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV). Wer die AGB auf seiner Smartphone-App lesen möchte, müsse dafür sogar rund 330-mal den Bildschirm herunterscrollen, um bis an das Ende des Textes zu gelangen. „Das ist aus Verbrauchersicht unzumutbar und muss geändert werden.“

PayPal verstößt mit dieser umfangreichen AGB nach Ansicht der Verbraucherschützer gegen den gesetzlich vorgeschriebenen Grundsatz der Transparenz. „Wir sehen darin eine spürbare Benachteiligung der Verbraucherinteressen.“ Die VZBV-Marktwächterexperten haben deshalb PayPal bis Ende Februar zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert. „Hier liegt nach unserer Auffassung ein Wettbewerbsverstoß vor.“

111 Wörter hat der längste Satz in den Geschäftsbedingungen

Es könne nicht sein, dass sich Unternehmen einen systematischen Wettbewerbsvorteil verschaffen, indem sie Verbraucher mit überlangen AGB konfrontieren, für deren Lektüre diese weit mehr als eine Stunde benötigen, kritisiert die Verbraucherschützerin. „So haben die Verbraucher keine realistische Chance, sie in ihrer Gänze und Reichweite zu erfassen.“

Die Geduld der Verbraucher sei begrenzt. Selbst für Datenschutzerklärungen möchten sich Bürger laut Meinungsumfragen nur maximal fünf Minuten Zeit nehmen.

Zudem haben die Marktwächter den Text auf Verständlichkeit mit einer wissenschaftlichen Software überprüft. Dabei kam heraus, dass der Text mehr als 20.000 Wörter und 1000 Sätze enthält, wovon der längste Satz 111 Wörter umfasst. Damit seien die AGB auch „formal unverständlich“, sagt Elbrecht.

Keine Stellungnahme von PayPal

Tatsächlich handelt es sich bei den AGB von PayPal um ein ausführliches Vertragswerk mit allen Zahlungsbedingungen, Fristen, Gebühren und Haftungsfragen. Bei PayPal gibt es offenbar viel zu klären, handelt es sich doch um eine eingetragene Bank. PayPal selbst wollte zu den Vorwürfen inhaltlich keine Stellung beziehen. „Wir prüfen die Angelegenheit“, sagte die PayPal-Sprecherin Sabrina Winter. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt werde sich das Unternehmen nicht dazu äußern.

Die Verbraucherzentrale hat bereits dazu beigetragen, AGB übersichtlicher zu machen. So müssen Geschäftsbedingungen in Deutschland auch in deutscher Sprache verfasst sein. Unübersichtliche AGB konnten sie gerichtlich aber noch nicht verhindern. Auch das Bundesjustizministerium hat das Thema auf der Agenda, allerdings ohne Gesetzesinitiativen.

Bislang gibt es nur eine Empfehlung an Unternehmen, berichtet eine Ministeriumssprecherin. Sie sollten im Interesse der Verständlichkeit die wesentlichen Datenschutzhinweise bei Internetauftritten für die Nutzer „auf eine Seite“ begrenzen – sogenannte One-Pager. Ein Angebot, das schon einige Firmen anbieten.