Frankfurt/Main. Erneut wird das größte deutsche Geldinstitut ein Geschäftsjahr mit einem Verlust abschließen. Die Zweifel am Chef John Cyran wachsen.

Zum dritten Mal tritt John Cryan an diesem Freitag vor die Medien, um über die Jahresbilanz der Deutschen Bank zu berichten. Und zum dritten Mal wird der Deutsche-Bank-Chef einen Verlust für das abgelaufene Geschäftsjahr präsentieren müssen.

Immerhin wird er, gemessen an den Milliardenverlusten der vergangenen Jahre – 6,8 Milliarden Euro für 2015, 1,4 Milliarden Euro für 2016 – relativ gering ausfallen, Analysten schätzen ihn auf einen kleinen dreistelligen Millionenbetrag. Dabei erwarten vor allem Anleger endlich belastbare Zeichen, dass Cryan den Umbau der Bank in den Griff bekommt.

US-Steuerreform drückt auf das Ergebnis

Dass auch für 2017 rote Zahlen unter dem Strich stehen, hat die Bank nicht ausschließlich selbst zu verantworten. Die US-Steuerreform drückt auf das Ergebnis. 1,5 Milliarden Euro wird die Bank das kosten. Weil der Steuersatz von 35 auf 21 Prozent sinkt, können Verluste nicht mehr so abgeschrieben werden wie geplant.

Dennoch bleibt es ein Dauerproblem der Deutschen Bank: Immer wieder machen ihr externe Einflüsse einen Strich durch die Rechnung. Zuletzt waren das vor allem die hohen Prozesskosten in den USA. Das zeigt, dass das Geschäftsmodell noch nicht stabil aufgestellt ist. Und das, obwohl das Institut seit Jahren im Umbau steckt.

Mitarbeitern wurden die Boni stark gekürzt

Die Aktionäre wurden für 2015 und 2016 mit einer Mini-Dividende von 19 Cent je Aktie abgespeist, den Mitarbeitern die Boni stark gekürzt. Deren Unzufriedenheit wächst offenbar, wie Umfragen zeigen. Das ist wohl ein Grund, warum der Vorstand sich nach offenbar heftigen Diskussionen entschieden hat, für das vergangene Jahr wieder mehr zu zahlen – von einer Milliarde Euro ist die Rede.

Das kam in der Öffentlichkeit nicht gut an, auch wenn große Aktionäre Verständnis für die Entscheidung zeigten. Das Argument: Gute Mitarbeiter verlassen auf der Suche nach besseren Verdienstmöglichkeiten die Bank.

Ist John Cyran noch der richtige Mann für den Umbau?

Die Investoren vermissen bei Deutsche-Bank-Chef John Cryan eine „Vision“.
Die Investoren vermissen bei Deutsche-Bank-Chef John Cryan eine „Vision“. © dpa | Boris Roessler

Schon mehrfach hat Cryan um Geduld für den Umbau der Bank gebeten. Allmählich jedoch werden die Investoren unruhig, sie verlangen nach einer „Vision“, sie wollen wissen, wohin der Konzern steuert. Dass Cryan dafür der richtige Mann ist, bezweifeln inzwischen viele Beobachter. Die Bank verliert den Anschluss an die internationale Konkurrenz.

„Von ihren Zielen, eine global führende Investmentbank zu sein, muss sie sich verabschieden“, glaubt etwa Markus Rießelmann, Analyst von Independent Research. Die US-Institute ziehen davon – sicher auch, weil sie von der „America First“-Politik ihres Präsidenten Donald Trump profitieren.

Hat die Bank etwas mit den Russland-Geschäften Trumps zu tun?

Gerade in den USA häufen sich die Rückschläge, beobachtet Christoph Schalast, Professor an der Frankfurt School of Finance and Management: „Ich bin sicher kein Freund von Verschwörungstheorien. Aber es ist schon auffällig, dass die Deutsche Bank immer wieder auch aus den USA so angegriffen wird. Dahinter könnten auch Interessen stehen.“

Noch ist nicht klar, welche Rolle die Deutsche Bank als Finanzierer von Trump spielt, dem sie für sein Bauunternehmen Kredite in dreistelliger Millionenhöhe gewährt hatte. Hatte sie gar etwas mit den angeblichen Russland-Geschäften Trumps zu tun? Das wird in den USA heftig diskutiert werden und dem Ruf der Bank dort schaden.

Postbank soll wieder eingegliedert werden

Und es bindet Managementkapazität, die das Geldhaus dringend braucht. Die Postbank soll wieder eingegliedert werden, um das Privatkundengeschäft zu stärken. Das aber leidet unter den niedrigen Zinsen.

Zudem sind hohe Investitionen erforderlich – die IT des Geldhauses ist nicht auf dem modernsten Stand, das Bankgeschäft wird aber immer digitaler. Unruhe kommt auch von einem Großaktionär, der chinesischen HNA-Gruppe. Diese Woche machte der Investor mit Finanzschwierigkeiten von sich reden.

Kommt die Bank nicht auf die Beine, droht die Zerschlagung

Am Investmentbanking hält die Bank fest. Immerhin trägt es – gemessen an der Bilanz von 2016 – zu den Konzernerträgen von 30 Milliarden Euro noch 17 Milliarden Euro bei. Experten aber empfehlen kein Investmentbanking, wie es der ehemalige Co-Chef Anshu Jain aufbaute. Die Zockermentalität dort hatte der Bank Milliardenstrafen eingebrockt. Sie meinen vielmehr das Geschäft, in dem die Deutsche Bank seit ihrer Gründung 1870 aktiv ist: deutsche Unternehmen ins Ausland zu begleiten und eine Brücke zu bauen zwischen ihnen und dem internationalen Kapitalmarkt.

Sollte Deutschlands größte Privatbank nicht wieder auf die Beine kommen, dann droht nach Meinung von Ingo Speich, Fondsmanager des großen deutschen Fondsanbieters Union Investment, das schlimmste Szenario: die Zerschlagung.