Berlin. Wer länger als ein Jahr ohne Job ist, profitiert nicht vom guten Arbeitsmarkt. Der DGB will mehr Weiterbildung für Langzeitarbeitslose.

Besser kann es eigentlich nicht laufen: Die Bundesagentur meldet einen „schwungvollen Start“ des Arbeitsmarkts ins neue Jahr. Auch in den nächsten Monaten werde der Boom nicht abreißen, erwarten die Experten aus Nürnberg. Doch bei genauerem Hinsehen ist nicht alles gut am Arbeitsmarkt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) macht in einer neuen Studie darauf aufmerksam, dass gerade Langzeitarbeitslose von der guten Entwicklung nicht profitieren. Die Studie, die dieser Redaktion vorliegt, zeigt: Immer weniger dieser Menschen, die länger als ein Jahr arbeitslos sind, finden wieder eine Beschäftigung auf dem ersten Arbeitsmarkt.

DGB verlangt mehr öffentliche Förderung

„Die Zahl der Arbeitslosen sinkt weiter, während die Chancen von Langzeitarbeitslosen auf einen Arbeitsplatz sich sogar noch verschlechtert haben“, kommentiert DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach die Ergebnisse. „Im letzten Jahr konnten weniger Hartz-IV-Bezieher eine Beschäftigung aufnehmen als ein Jahr zuvor.“

Buntenbach fordert deshalb mehr öffentlich geförderte Arbeitsplätze für Langzeitarbeitslose: „Die nächste Bundesregierung muss da ran“, sagt sie. Die Vorschläge aus den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD seien eine erste Grundlage.

Nur 16 von 1000 Langzeitarbeitslosen finden Job

Der DGB-Studie zufolge haben 2014 noch 200.000 Langzeitarbeitslose einen Job am ersten Arbeitsmarkt gefunden. Zuletzt gelang dies nur noch knapp 180.000 dieser Menschen. Wie schlecht die Chancen für sie sind, selbst ihren Lebensunterhalt zu verdienen, zeigt die sogenannte „Abgangsrate in Beschäftigung“.

Danach wechseln von 1000 Menschen, die länger als ein Jahr ohne Job sind, jeden Monat gerade einmal 16 in einen Job oder machen sich selbstständig. Bei den Kurzzeitarbeitslosen ist dieser Wert sechsmal so hoch: Hier schaffen es von 1000 Personen 102, erwerbstätig zu werden.

Mehr Menschen länger als vier Jahre arbeitslos

Besonders problematisch wird es für Menschen, die schon länger ohne Arbeit sind. Von fast einer Million Langzeitarbeitslosen, die es 2016 im Jahresdurchschnitt gab, hatte etwa jeder Zweite (437.000 Personen) zwischen einem und zwei Jahren keinen Job. Jeder Fünfte (199.000) suchte drei bis vier Jahre nach einer Beschäftigung. Und jeder Vierte (236.000) war länger als vier Jahre arbeitslos.

Der DGB-Studie zufolge ist im Laufe der Zeit gerade die letzte Gruppe größer geworden. „Bei sehr langer Dauer der Arbeitslosigkeit ist eine Verfestigung festzustellen“, schreiben die Autoren.

Fehlende Ausbildung und Sprachdefizit

Als problematisch für die Jobsuche erweist sich, dass mehr als die Hälfte der Langzeitarbeitslosen (54 Prozent) keinen Berufsabschluss hat, aber nur 20 Prozent der offenen Stellen auf dem ersten Arbeitsmarkt ohne Ausbildung zugänglich sind.

Stärker noch als eine fehlende Ausbildung senken geringe Deutschkenntnisse oder gesundheitliche Beeinträchtigungen die Chancen auf einen Job. Auch ein Lebensalter jenseits von 51 Jahren oder ein kleines Kind erschweren die Arbeitsaufnahme.

DGB: Mehr Geld ins Hartz-IV-System stecken

DGB-Vorstand Buntenbach leitet daraus die Forderung ab, Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung auszubauen, „damit Abschlüsse nachgeholt werden und neue Perspektiven eröffnet werden können“.

Von 100 Arbeitslosen im Hartz-IV-System, so Buntenbach, erhalte heute nur einer eine Weiterbildung, die zu einem Abschluss führe. Das sei viel zu wenig und liege auch daran, dass das Hartz-IV-System derzeit „völlig unterfinanziert“ sei. „Hier muss mindestens eine Milliarde Euro zusätzlich eingesetzt werden“, fordert das DGB-Vorstandsmitglied.

2,57 Millionen Menschen im Januar arbeitslos

Laut Bundesagentur für Arbeit waren im Januar 185.000 Menschen mehr arbeitslos als im Dezember. Der Anstieg sei aber geringer gewesen als üblich für die Jahreszeit. Die Zahl der registrierten Arbeitslosen lag bei 2,57 Millionen. Dazu kommt eine Million Arbeitslose in Weiterbildung.