Berlin. Engagierte Berufstätige tragen zum aktuellen Wirtschaftswachstum bei. Doch dieser Aufschwung könnte schon bald an seine Grenzen stoßen.

Zum Jahresauftakt jede Menge Rekorde: das höchste Bruttoinlandsprodukt aller Zeiten in Deutschland, der Staat zum vierten Mal in Folge mit einem Haushaltsüberschuss, der auch noch so hoch wie nie ausfällt. Die deutsche Wirtschaft ist in hervorragender Verfassung. Das hat vor allem mit den Beschäftigten zu tun.

Wenn sie nicht jeden Tag präzise arbeiten würden, Überstunden leisteten, liefe es nicht so rund, könnten die deutschen Unternehmen nicht qualitativ hochwertige Autos ins Ausland verkaufen, Kraftwerksanlagen per Fernwartung reparieren helfen oder die beste Maschinensteuerungssoftware der Welt entwickeln. Produkte aus Deutschland sind wegen ihrer Präzision und Qualität weltweit gefragt. Wenn irgendwo eine Produktionsanlage gebaut wird, ist ziemlich sicher eine deutsche Firma beteiligt.

Sparen lohnt sich für viele nicht

In den vergangenen Jahren haben die Beschäftigten auch vom Boom profitiert. Sie haben rein rechnerisch mehr verdient. Weil die Preise weniger stark gestiegen sind als die Löhne, blieb sogar mehr Geld übrig. Weil die Zinsen in der Euro-Zone wegen der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank niedrig sind, lohnt sich für viele auch nicht, zu sparen. Gleichzeitig sind Kredite günstig. Die Deutschen gönnen sich deshalb wieder mehr oder, wie es die Statistiker formulieren: Der Binnenkonsum steigt.

Das kurbelt die Wirtschaft wiederum an. Und über Steuern und Abgaben profitieren der Staat, Bund, Städte und Gemeinden ebenso wie die Sozialkassen. In den vergangenen Jahren wurde bereits der Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt. Der Gesundheitsfonds, der die Krankenkassen finanziert, ist prall gefüllt. Und auch Renten- und Pflegeversicherung nehmen mehr ein.

BDI erwartet auch 2018 weiter Wachstum

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    Wirtschaftswachstum stößt wegen Personalmangel an seine Grenzen

    Nicht außer Acht bleiben sollte angesichts der Rekordeuphorie: Die Weltkonjunktur läuft nicht immer so gut weiter. Und vor allem: Die Wirtschaft ist immer nur so gut wie die Leute, die sie am Laufen halten. Und da könnte es schon bald Probleme geben. Denn bereits jetzt finden deutsche Unternehmen nur schwer Personal. Es geht nicht nur um spezialisierte Programmierer, die weltweit gefragt sind. Mechatroniker sind gesucht, Verfahrenstechniker, klassische Handwerker wie Klempner, Maler, Tischler.

    Was noch wie eine Folge des Booms aussieht, kann ihn schnell abwürgen: Deutschland gehen die Arbeitskräfte aus. Nicht 2018, aber in fünf bis zehn Jahren. Wegen des demografischen Wandels kommen immer weniger Schüler auf den Arbeitsmarkt.

    Politik muss handeln

    Hier muss die Politik dringend handeln, sodass möglichst viele Menschen arbeiten können – und dafür auch die richtigen Qualifikationen haben. Dazu gehören etwa gute Aus- und Fortbildungschancen. Schüler ohne Abschluss kann sich Deutschland nicht mehr leisten. Und noch immer sind zu wenig Frauen berufstätig. Sie sind zwar gut ausgebildet, doch an vielen bleibt hängen, die Kinder zu erziehen oder Angehörige zu pflegen. Manche wollen nur Teilzeit arbeiten, werden deshalb aber eher nicht eingestellt. Zudem fehlt in Deutschland ein Einwanderungsgesetz, mit dem gezielt qualifizierte Menschen ins Land geholt werden können.

    Geredet wird darüber seit Jahren, ebenso lange wird kaum gehandelt, als ob sich das Problem durch Wegsehen von selbst lösen würde. Das Thema ist vielleicht noch wichtiger als 1,50 Euro Rentenerhöhung im Monat oder zwei Euro Erleichterung bei der Einkommensteuer. Denn ohne Fachkräfte, ohne motivierte und engagierte Mitarbeiter kann der hohe Standard von „Made in Germany“ nicht gehalten werden. Dann gibt es auch weniger zu verteilen, weil die Zeiten der Rekordergebnisse vorbei sind.