Berlin. Aktionäre des US-Konzerns Apple fürchten negative Folgen durch Handy-Abhängigkeit bei Jugendlichen. Helfen sollen ausgerechnet: Apps.

Wohl nicht einmal Apple selbst hat vor mehr als zehn Jahren, als das erste iPhone auf den Markt kam, damit gerechnet, wie sehr das Gerät in das Leben der Menschen vordringen würde. Ein durchschnittlicher Jugendlicher in Amerika bekommt sein erstes Smartphone mit zehn Jahren geschenkt und verbringt fortan 4,5 Stunden am Tag mit chatten, Fotos posten und surfen. Für Deutschland zeigen Studien, dass 95 Prozent der Zwölf- bis 19-Jährigen ein Smartphone besitzen.

Wissenschaftler warnen längst vor dem Suchtpotenzial, das der ständige Blick auf das Telefon birgt. Apple hingegen hat sich bislang kaum um die gesundheitlichen Folgen der Dauer-Nutzung gekümmert. Das dürfte sich nun ändern. Denn die Smartphone-Sucht alarmiert nun auch Großaktionäre des Konzerns. In einer ungewöhnlichen Kampagne rufen sie den Konzern dazu auf, gegen die Abhängigkeit junger Menschen vorzugehen – auch um langfristig den Aktienkurs zu sichern. Denn der Konzern, so der Tenor der Kampagne, könnte bald über den Erfolg seiner eigenen Produkte stolpern.

Ein neu erschaffenes Expertenkomitee soll über Maßnahmen beraten

In einem offenen Brief haben sich die Manager des US-Hedgefonds Jana Partners und des kalifornischen Lehrer-Pensionsfonds CalSTRS an Apple gewandt. Gemeinsam verfügen sie über Anteilsscheine im Wert von über zwei Milliarden Dollar. In dem Schreiben fordern sie die Konzernspitze etwa dazu auf, Apps zu entwickeln, mit denen Eltern jugendfreundliche Einstellungen auf dem Smartphone vornehmen können. Sie sollten in der Lage sein, die Smartphone-Nutzung auf bestimmte Tageszeiten zu beschränken.

Auch den Zugang zu sozialen Medien sollten Eltern einschränken können, das Surf- und Spielverhalten ihrer Kinder überwachen können. Über die Maßnahmen beraten solle ein neu erschaffenes Expertenkomitee. Auf Nachfrage wollte sich Apple zu dem Aufruf nicht äußern. Bereits vor einigen Monaten räumte Apples Chefdesigner, Jony Ive, bei einer Diskussionsveranstaltung einen „Missbrauch“ des iPhones durch ständiges Nutzen ein.

Junge Erwachsene im Alter sind durchschnittlich 22 Stunden pro Woche online

Der Designer, der maßgeblich an der Entwicklung des iPhones beteiligt war, schlussfolgerte jedoch nicht daraus, dass das iPhone deshalb weniger häufig genutzt werden sollte – sondern verwies auf andere Geräte aus dem Hause Apple, wie die Apple-Watch, die auch zur Verfügung stünden. In Deutschland äußert sich die Telekom auf Nachfrage verhalten. Eine Sprecherin des Konzerns teilte mit, man unterstütze verschiedene Initiativen zum Jugendschutz. Konkrete Apps, um das Dauer-Surfen zu unterbinden, wurden allerdings nicht genannt.

Eine Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung von 2015 zeigt, dass junge Erwachsene im Alter zwischen zwölf und 25 Jahren durchschnittlich 22 Stunden pro Woche online sind – zur Unterhaltung, also nicht im Zusammenhang mit Schule oder Studium. Dabei spielt das Smartphone mit über 77 Prozent als Zugangsweg ins Internet die größte Rolle. Laut der Behörde sind aktuell 7,1 Prozent der zwölf- bis 17-jährigen Mädchen und 4,5 Prozent der gleichaltrigen Jungen von internetbezogenen Störungen betroffen.

Experten bringen die Abhängigkeit mit Depressionen in Verbindung

Studien renommierter US-Universitäten belegen, dass der ständige Vergleich mit Gleichaltrigen in sozialen Netzwerken zu psychischen Problemen führen kann. Einige Experten bringen die Abhängigkeit von Smartphones auch mit Depressionen in Verbindung. Es dürfte Jugendlichen daher nutzen, wenn ihre Eltern künftig einen kritischen Blick auf den geliebten Alleskönner werfen. Für Apple sollen die Nebenwirkungen des iPhones nicht zur Belastung werden, wünschen sich die Aktionäre.