Berlin. Wegen eines Streiks sind die Darjeeling-Plantagen in der nordindischen Region verwildert. Die Folgen zeigen sich jetzt in Deutschland.

Es ist eine besondere Art der Teepause: Der Darjeeling gilt als exquisit, als eine Art Champagner unter den Tees. Nur: „Wer den sogenannten Second-Flush-Darjeeling liebt, muss geduldig sein, wir können ihn momentan nicht anbieten“, sagt Kathrin Gassert von der Teekampagne. Das Potsdamer Unternehmen ist seit Langem auf den Verkauf von Darjeeling im Internet spezialisiert. Teurer werde er voraussichtlich auch, meint die Expertin: „Mit einem Plus von zehn Prozent ist mindestens zu rechnen, für bestimmte Qualitäten sind auch bis zu 50 Prozent denkbar.“

Das hängt mit einem Streik in Indien zusammen. Der liegt nun schon etwas zurück, begann im Juni letzten Jahres. Er dauerte 104 Tage, endete erst Ende September wieder. Nach und nach zeigen sich nun die Folgen – auch hierzulande.

Es hat mit den Besonderheiten des Darjeeling zu tun. Er ist für Indien das, was für Frankreich der Champagner ist oder für Italien der Parmaschinken. Der Name ist international geschützt. So kommt der Tee nur aus der gleichnamigen Region im Bundesstaat Westbengalen im Nordosten Indiens.

Deutschland ist der größte Importeur in Europa

Dort wird er in 87 Teegärten an den südlichen Hängen des Himalaja-Gebirges geerntet, zum Teil liegen sie in 2000 Meter Höhe. Es ist eins der bekanntesten Teeanbaugebiete weltweit. Die Teeindustrie vor Ort macht einen Umsatz von rund 65 Millionen Euro pro Jahr.

Insgesamt werden auf 17.500 Hektar jedes Jahr rund 8500 Tonnen Darjeeling-Tee produziert, der dann in der ganzen Welt getrunken wird. Auch in Deutschland, dem größten Importeur in Europa. Die Teehändler hierzulande kaufen in einem normalen Jahr knapp 700 Tonnen ein.

Davon landet die Hälfte in hiesigen Regalen, der Rest wird weiter verkauft in andere Länder. Aber nicht 2017. Da war alles anders. Denn: Eigentlich wird Darjeeling dreimal im Jahr gepflückt: Der leicht blumig schmeckende First Flush im Frühjahr, der kräftigere Second Flush im Sommer. Dieser macht den größten Teil aus.

Im Herbst kommt dann noch der Autumnal Tee. Doch den Second Flush pflückte dieses Jahr kaum jemand – wegen des Streiks. Die Gärten verwilderten, so fiel auch die Herbsternte fast ganz aus.

Auf den Teeplantagen macht sich das Unkraut breit

Den Arbeitern ging es dabei nicht in erster Linie um ihre Löhne oder um Sozialstandards, sondern um ihren politischen Wunsch nach Autonomie. Der Großteil der Arbeiter auf den Plantagen gehört der nepalesischstämmigen Minderheit der Gorkha an, wie die meisten Bewohner der Region. Sie wollen seit Jahrzehnten einen eigenen Bundesstaat mit dem Namen Gorkhaland.

Immer wieder flammt dieser Konflikt mit der Regierung von Westbengalen auf. In diesem Sommer war der Auslöser die Idee der Regierung des Bundesstaates, in den staatlichen Schulen bengalischen Unterricht als Pflichtfach einzuführen.

Daraufhin gab es schwere Unruhen, auch Tote bei Protesten. Touristen flohen, Geschäfte und Schulen blieben geschlossen. Derweil machte sich auf den Teeplantagen das Unkraut breit. Die Teesträucher – lateinischer Name Camellia sinensis – wuchsen einfach so vor sich hin.

Der Vorrat an Second-Flush-Darjeeling reicht bis April 2018

Klassischerweise werden immer die beiden jüngsten Blätter und die Blattknospe gepflückt. „Die Teepflanzen mussten radikal zurückgeschnitten werden, damit die Kraft der Pflanzen im Frühjahr auch wieder in die jungen Triebe und den Tee geht“, sagt Maximilian Wittig, Geschäftsführer des Deutschen Teeverbandes. Und weiter: „Wie die zum Teil schon mehr als 100 Jahre alten Pflanzen das überstehen werden, ist offen.“

Vom First-Flush-Darjeeling 2017 gebe es derzeit noch genug. Der Vorrat an Second Flush reiche aber allenfalls noch bis April 2018. Noch lägen keine genauen Zahlen vor. Der Second Flush werde „frühestens wieder im Herbst 2018 zu haben sein“, sagt Teekampagnen-Expertin Gassert. „Es dauert, bis alles wieder in Ordnung kommt.“ Ihr Unternehmen hat seit Kurzem eine Alternative im Angebot: Assam-Tee.