Berlin. Dienstleistungen sollten für Frauen und Männer nicht unterschiedlich viel kosten. In diesem Fall kann man von den Österreichern lernen.

Frauen sollen für einen Kurzhaarschnitt über zwölf Euro mehr bezahlen als Männer? Wie bitte? Und das rosa „Bobby Car“ kostet vier Euro mehr als die rote Variante des Spielzeugautos? Es war überfällig, dass die Antidiskriminierungsstelle des Bundes die Preisdifferenzierung nach Geschlechtern untersucht hat. Das Ergebnis: Offenbar sind Frauen wieder mal die Dummen. Bei Dienstleistungen, die für Männer und Frauen angeboten werden, zahlen Kundinnen bei 30 Prozent der Angebote drauf.

Nicht gerechtfertigt ist der Preisunterschied dort, wo es sich um dieselbe Dienstleistung handelt – also auch denselben Arbeitsaufwand – und dennoch zwei Preise ausgewiesen werden. Beispiel Reinigung: Warum sollen Frauen für das professionelle Waschen einer Bluse im Schnitt 1,80 Euro mehr bezahlen als Männer für Hemden? Das ist nicht zu rechtfertigen – und im Übrigen auch gesetzeswidrig.

Es gibt keinen Präzedenzfall

Das Antidiskriminierungsgesetz verbietet die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts. Bislang ist laut der Behörde allerdings noch nie jemand vor Gericht gezogen, weil er sich an der Kasse ungerecht behandelt fühlte. Einen Präzedenzfall gibt es also nicht. Wohl auch, weil längst nicht jeder Preisunterschied auf bloße Ungleichbehandlung zurückzuführen ist. Deshalb lohnt sich ein genauer Blick auf das Thema: Vielfach steckt eben doch Mehraufwand hinter einem höheren Preis. Reinigungsunternehmen verweisen etwa darauf, dass Frauenblusen oft händisch gebügelt werden müssen, während Hemden automatisch gereinigt werden. Friseurmeister pochen darauf, dass ein Frauenhaarschnitt 15 Minuten länger dauert als beim Mann.

Tatsächlich aber liegen die Gründe für höhere Preise meist tiefer: Es sind die unterschiedliche Vorlieben der Geschlechter und ihre Bereitschaft dafür zu bezahlen. Beispiel Duschgel: „Prinzessin Sternenzauber“ für Mädchen kostet mehr als „Saubär“ für Jungs. Nun könnten Eltern auch zu einem neutralen Duschgel greifen. Sauber wird das Kind trotzdem. Tun sie aber nicht. Offenbar lassen sich Frauen im Schnitt eher auf den Kauf teurer Kosmetika oder Pflegeprodukte ein.

Die Unternehmen machen sich das zunutze. „Gender Marketing“ ist das Stichwort. Es meint, dass Produkte so konzipiert werden, dass sie ein bestimmtes Geschlecht ansprechen. Man kann den Unternehmen das kaum übelnehmen. Wo eine Nachfrage ist, ist ein Angebot – das ist legitim. Wer diese Ungleichheit bekämpfen will, der muss früh ansetzen: Bei der Sozialisation von Jungen und Mädchen und ihrer Rolle in der Gesellschaft. Dass Frauen auf rosafarbene Produkte und teure Kosmetika anspringen, kommt eben nicht von ungefähr.

Man kann nicht von gezielter Ungleichbehandlung sprechen

Der Schlüssel könnte in der Frage liegen, ob Verbraucher eine Alternative wählen können. Beim Duschgel ist das so. Von einer gezielten Ungleichbehandlung kann man hier nicht sprechen. Beim Frisör allerdings gibt es keine Wahlmöglichkeit. Dass nun zu der Diskriminierung, die Frauen etwa bei der Bezahlung im Job und bei ihren Karrierechancen erleben, nicht auch noch die Ungleichbehandlung an der Kasse kommt, gilt es zu verhindern. Die Gefahr besteht – immerhin geht es um alltägliche Dienstleistungen.

Sinnvoll wäre ein Modell, wie es sich in Österreich schon durchgesetzt hat: Der Preis einer Dienstleistungen wird nicht mehr nach Geschlecht ausgewiesen, sondern nach der Leistung. Im Falle der Reinigung: Automatisch waschen und von Hand bügeln. Aber auch der Kunde ist gefragt: Er muss mit kritischem Blick durch den Supermarkt gehen und sich fragen, ob ein höher Preis tatsächlich Qualität und Leistung oder reines Marketing widerspiegelt.