Hamburg. Das Nachrichtenmagazin „Spiegel“ wird ab Januar 2018 Verlage zur Kasse bitten, wenn sie mit der Platzierung ihrer Bücher werben wollen.

Die Vorweihnachtszeit ist für Buchverlage und Buchhandel eine ganz besondere. Hohe Umsätze zum Jahresende haben der Branche schon so manches Mal das Geschäftsjahr gerettet. Womöglich wird es auch dieses Jahr wieder so sein. Und doch ist 2017 alles ein wenig anders. Denn die Aussicht auf zusätzliche Belastungen ab 2018 verhagelt vielen Verlagen die an sich gute Weihnachtslaune gewaltig.

Auslöser des Unmuts ist eine Pressemitteilung des Spiegel Verlags vom 7. Dezember. Darin kündigt das Hamburger Nachrichtenmagazin „mit Wirkung zum 1. Januar 2018“ die „Durchführung“ einer „Qualitätsoffensive“ für die diversen „Spiegel“-Bestsellerlisten an.

Verlage werben gern damit, wenn ihre Titel sich auf den Listen des Magazins platzieren können. Das sollen sie künftig allerdings nur dann tun können, wenn sie dafür eine Lizenz erwerben: Für die Verwendung des „Spiegel“-Logos in Vorschauen, Werbemitteln und Anzeigen berechnet das Hamburger Zeitschriftenhaus ab dem 1. Januar 250 Euro. Die gleiche Summe wird fällig, wenn die Verlage das Logo auf ihre Titel pappen. Die Wut in der Buchbranche ist deshalb groß.

Buchhändler und Verleger sind empört

Unter dem Titel „Wir bezahlen nicht“ hatte das „Börsenblatt“ zuerst darüber berichtet. In dem Stück machen Buchhändler und Verleger ihrer Empörung Luft. Und Vertreter bestsellerträchtiger Großverlage rechnen schon mal vor, was sie der Spaß kosten könnte: Über voraussichtliche Mehrkosten „in Höhe einer Viertelmillion Euro“ klagt der Chef der Bonnier-Gruppe, Christian Schumacher-Gebler. Bei Random House, dem Buchverlag des Medienkonzerns Bertelsmann, rechnet man gar mit zusätzlichen Aufwendungen in Höhe von einer Million Euro.

„Der Wert der ,Spiegel‘-Aufkleber wird maßlos überschätzt“: Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Boersenvereins des Deutschen Buchhandels.
„Der Wert der ,Spiegel‘-Aufkleber wird maßlos überschätzt“: Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Boersenvereins des Deutschen Buchhandels. © imago/Sven Simon | imago stock&people

Alle Verlage ärgert zudem, dass der „Spiegel“ seine Pläne erst jetzt bekanntgegeben hat. Die Etatplanung für 2018 haben sie längst abgeschlossen.

Beim Nachrichtenmagazin versteht man die Aufregung nicht. Ein einheitliches Siegel sei erforderlich, um die Flut selbst gebastelter Logos einzudämmen. „Die zukünftige Überprüfung und Beratung zur korrekten Verwendung des Qualitätssiegels verursacht Aufwände“, sagt ein Sprecher zur Begründung der neuen Gebühr. Die veranschlagten Kosten der Großverlage seien aber „nicht realistisch“, da man für sie „Sondervereinbarungen“ vorgesehen habe. Und schließlich seien „alle bereits produzierten oder aktuell in Produktion befindlichen Materialien von dem Modell ausgenommen“ – auch wenn sie erst nach dem 1. Januar genutzt werden.

„Spiegel“-Bestsellerliste stand zuletzt in der Kritik

Die Verlage hat diese Zusage bisher nicht beruhigt. Dem „Spiegel“ sollte zu denken geben, dass im „Börsenblatt“ ausgerechnet der Chef der Osianderschen Buchhandlung, Heinrich Riethmüller, mit den Worten zitiert wird: „Der Wert der ,Spiegel‘-Aufkleber wird maßlos überschätzt.“ Riethmüller ist nicht irgendein Buchhändler, sondern Vorsteher des einflussreichen Börsenvereins des deutschen Buchhandels.

Die Affäre um das Buch „Finis Germania“ hat das Ansehen der „Spiegel“-Bestsellerliste mit Sicherheit auch nicht befördert: Als Juror der vom NDR und der „Süddeutschen Zeitung“ publizierten „Sachbücher des Monats“ hatte der „Spiegel“-Redakteur Johannes Saltzwedel das rechtsextreme Machwerk empfohlen. Wohl deshalb landete es später auch auf der „Spiegel“-Bestsellerliste, von der es von der Chefredaktion des Nachrichtenmagazins – zunächst ohne Angabe von Gründen – still und heimlich wieder entfernt wurde.

Bonnier-Verleger Schumacher-Gebler kann sich die „Zeit“ als Alternative zum „Spiegel“ vorstellen. Sie gibt seit Herbst mit dem ZDF und Deutschlandfunk Kultur eine eigene Sachbücher-Bestsellerliste heraus. „Konkrete Gespräche“ über weitere Listen hat es laut der „Zeit“ aber „bisher nicht“ gegeben.