Washington. Der US-Leitzins werden erneut angehoben. Was langweilig klingt, ist wichtig für viele Menschen in aller Welt. Wir erklären die Folgen.

Wer kurz vor Weihnachten in New Yorks Fifth Avenue ein paar Geschenke einkaufen oder den Jahreswechsel im sonnigen Florida verbringen möchte, blickte am Mittwoch erneut nach Washington: Die US-Notenbank Fed beeinflusst mit ihrer Zinsentscheidung, wie der Euro zum US-Dollar steht. Ein starker Dollar heißt: Der Shopping-Trip nach Big Apple wird teuer. Die wichtigsten Fragen zur Zinsentscheidung am Mittwoch.

Ist die Erhöhung der erwartete Schritt?

Die Finanzwelt blickt gespannt, aber nicht gebannt nach Washington. Die Fachleute waren sich schon im Vorfeld weitgehend einig: Die US-Notenbank würde ihren Leitzins zum dritten Mal in diesem Jahr leicht erhöhen. Das Zielniveau liegt nun bei 1,25 bis 1,50 Prozent. Damit begibt sich die Federal Reserve langsam aber sicher in Richtung Normalität. Während der Finanzkrise und in den Jahren danach hatte die Notenbank mit extrem billigem Geld - praktisch auf Nullzinsniveau - versucht, die Wirtschaft in Gang zu halten.

Was sind die Gründe für den Anstieg?

Die deutlich geschrumpfte Arbeitslosigkeit rechtfertigt höhere Zinsen bereits seit längerem. Gegenwärtig liegt die Quote in den USA bei historisch niedrigen 4,1 Prozent, erst im November kamen 228.000 neue Stellen dazu. Der zweite wichtige Indikator für die Notenbanker ist die Preisstabilität. Auch hier gibt es nach langer Durststrecke Signale, dass die Zielmarke von knapp zwei Prozent bei der Teuerung erreicht werden kann. Trotz einiger positiver Zeichen schwächeln allerdings weiter die Löhne. Ein altes volkswirtschaftliches Modell, wonach mit dem Arbeitsmarkt über Lohnanstiege auch die Inflation anzieht, scheint nicht mehr ohne weiteres zu gelten.

Was bedeutet die US-Zinsanhebung für Deutschland und Europa?

Die Chefin der US-Notenbank: Janet Yellen.
Die Chefin der US-Notenbank: Janet Yellen. © REUTERS | JONATHAN ERNST

Die Europäische Zentralbank (EZB) ist längst noch nicht so weit mit der Normalisierung ihrer Zinsen und pumpt weiter billiges Geld in die Finanzsysteme. Die Bank of England hat zwar kürzlich nachgebessert, aber damit auch nur die Lockerung in Folge der Brexit-Entscheidung wieder ausgeglichen. Kritiker befürchten Überhitzungen in Europa, etwa an den Immobilien- und Aktienmärkten. Gleichzeitig könnte Geld in attraktiver werdende Dollar-Anlagen abfließen.

Gibt es auch positive Auswirkungen?

Neben den Risiken sehen Volkswirte auch Chancen: „Steigende Zinsen werden voraussichtlich eine Aufwertung des Dollar und eine Abwertung des Euro zur Folge haben“, sagt etwa Max Hanisch vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Dies sei gut für das exportorientierte Deutschland, wenngleich nur als temporärer Effekt. Dem Dax wird eine Jahresend-Rallye vorausgesagt.

Kann die Wirtschaft auch in den USA heißlaufen?

Einige Volkswirte schlugen schon in der vergangenen Woche vor, die US-Leitzinsen nicht nur um einen viertel Prozentpunkt, sondern gleich um 0,5 Punkte anzuheben. Das wäre ein historisch höchst seltener Schritt gewesen. Hintergrund ist die geplante Steuerreform von US-Präsident Donald Trump, die wie eine zusätzliche Konjunkturspritze auf die US-Volkswirtschaft wirken könnte. Wahrscheinlicher als ein großer, vor allem für Entwicklungsländer schwer zu verkraftender Zinssprung ist eine größere Zahl von Zinsschritten im neuen Jahr, um die Euphorie zu bremsen. Die Fed deutete am Mittwoch an, es könnte auch 2018 drei kleine Sprünge nach oben geben.

Wirkt sich der Wechsel an der Fed-Spitze auf die Zinspolitik aus?

Notenbankchefin Janet Yellen dürfte ihre letzte Zinsänderung bekanntgegeben haben. Im Februar übernimmt Jerome Powell das Zepter. Der gilt wie Yellen als moderat. Ihm wird jedoch ein sehr enges Verhältnis zu Finanzminister Steven Mnuchin nachgesagt. Und die US-Regierung hat an der Geldpolitik Eigeninteressen. Trump will den Arbeitsmarkt weiter befeuern und keinesfalls das Wachstum abwürgen – insofern könnte er versuchen, bei der eigentlich unabhängigen Fed den Fuß auf die Bremse zu stellen. „Wir werden sehen, wie weit die Fed 2018 gehen wird“, sagte der Londoner Finanzanalyst Dennis de Jong.