Berlin. Die Stahlproduzenten streiten bei einem Gipfel über die Zukunft der Branche. Vor allem die weltweite Überproduktion ist ein Problem.

Der Stahlgipfel der führenden Industrie- und Schwellenländer hat die Gefahr eines Handelskrieges vorerst nicht bannen können. Die grundlegenden Probleme von Überkapazitäten und Subventionen seien nicht wirklich angegangen worden, kritisierte der Stabschef des US-Handelsbeauftragten, Jamieson Greer, am Donnerstag nach der Konferenz in Berlin. Daher behalte sich die US-Regierung weiter vor, sich gegen Marktverzerrungen zu wehren.

Die deutsche Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries sprach von einer grundsätzlichen Verständigung der über 30 Teilnehmerstaaten auf den Abbau schädlicher Subventionen und Überkapazitäten. Der Inhalt der Verständigung ist jedoch Magerkost.

Überproduktion lässt Preise sinken

Die Teilnehmer haben sich lediglich auf politische Handlungsempfehlungen verständigt. Das zeigt, wie schwierig die Lösung des Stahlproblems ist. Es geht um weltweite Überkapazitäten. Insgesamt 737 Millionen Tonnen Stahl wurden im vergangenen Jahr zu viel produziert. Um welche Dimension es dabei geht, verdeutlicht der Vergleich mit der deutschen Stahlbranche: Die hiesigen Unternehmen erzeugten im vergangenen Jahr 42 Millionen Tonnen.

Die Folgen der Stahlüberproduktion sind gravierend. Die Preise sind in den letzten Jahren zeitweilig massiv in den Keller gerutscht. Die Stahlindustrie in Europa oder den USA geriet mächtig unter Druck. Experten sehen die Verantwortlichen für diese Situation in erster Linie in China, das 2016 allein über 800 Millionen Tonnen Stahl herstellte und damit das Überangebot nährte.

China ist zu Zugeständnissen bereit

Weltweit wurden im vergangenen Jahr 737 Millionen Tonnen Stahl überproduziert.
Weltweit wurden im vergangenen Jahr 737 Millionen Tonnen Stahl überproduziert. © dpa | Patrick Pleul

Die chinesischen Staatsbetriebe warfen den Stahl stark subventioniert zu Dumpingpreisen auf den Markt. Sowohl die USA als Europa hielten zwar mit Strafzöllen dagegen. Doch das Pro­blem blieb ungelöst, hat sich an einem Punkt sogar noch verschärft. Die USA drohen auch europäischen Stahlherstellern mit Zwangsabgaben, gemäß der Linie des US-Präsidenten Donald Trump, die „America first“ lautet.

Mittlerweile bekennt sich auch China zum Abbau von Subventionen und Kapazitäten. Für das Schwellenland ist dieser Prozess allerdings mit beträchtlichen sozialen Herausforderungen verbunden. „China muss Hunderttausende Arbeiter umsiedeln“, erläutert der stellvertretende Wirtschaftsminister Li Chenggang. Denn bis zum Ende des Jahrzehnts soll die Stahlproduktion um bis zu 150 Millionen Tonnen gesenkt werden. Viele Stahlwerke müssen dafür geschlossen werden. Allein zwischen 2014 und 2016 seien bereits über 200.000 Stahlarbeiter umgesiedelt worden. Li verlangt daher auch von anderen Ländern einen Beitrag zum Abbau der Überkapazitäten. Im Gegensatz zu Zypries sind die US-Vertreter unzufrieden mit den jüngsten Ergebnissen.

Deutsche Stahlindustrie ist schon lange auf dem Rückzug

So sei nicht angesprochen worden, dass einige Länder ihre Stahlbranche marktverzerrend subventionieren und was geschehen muss, um diese Hilfen abzubauen. Deshalb behalten sich die USA weitere Strafzölle gegen andere Länder weiterhin vor. Die deutsche Stahlindustrie ist schon lange auf dem Rückzug. Vor 40 Jahren lag sie auf der Weltrangliste noch auf Platz drei. Heute dominieren Erzeuger aus China, Indien, Russland oder den USA die Branche. Der Aderlass geht weiter.

Das Traditionsunternehmen ThyssenKrupp will seine Stahlsparte in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem indischen Konzern Tata einbringen. Das hätte seinen Sitz in Amsterdam. Von den 20.000 Stellen der Sparte bei ThyssenKrupp fällt dann jede zehnte weg. In den Belegschaften geht die Sorge um die Jobs um.