Peking/Berlin. 140 Überstunden menschenunwürdige Unterkünfte: Ein Bericht deckt nun eklatante Missstände bei der Spielzeugproduktion in China auf.

  • Die Spielzeugproduktion in China läuft im Akkordtempo
  • Das ist für die Arbeiter eine menschenunwürdige Belastung
  • Ein Bericht hat nun eklatante Missstände bei der Spielzeugproduktion aufgedeckt

Im Akkord stecken Arbeiterinnen die Einzelteile des Spielzeugs zusammen, kleben und fixieren sie. Zwölf oder gar 14 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, machen sie Barbies, Eisenbahnen und Co. für den Versand nach Europa oder Nordamerika fertig. Jetzt, in der Vorweihnachtszeit, ist der Druck in den chinesischen Fabriken noch größer, die Ware muss pünktlich ausgeliefert werden. Der Job der Arbeitskräfte birgt auch Gefahren: Sie hantieren mit giftigen Chemikalien, deren Dämpfe die Luft verpesten, heißer Kleber frisst sich in ihre Hände und Arme. Es mangelt an Schutzausrüstung. In den Fabrikräumen und den Unterkünften herrschen zudem eklatante Sicherheits- und Hygienemängel.

So steht es im „Toys Report 2017“, den die Nichtregierungsorganisationen China Labor Watch (CLW), die Christliche Initiative Romero und die Schweizer Solidar Suisse jetzt gemeinsam veröffentlicht haben. Er listet die Missstände in den chinesischen Fabriken im Detail auf. Undercover-Mitarbeiter hatten dafür wochenlang in den Fabriken gearbeitet – und die Bedingungen unter die Lupe genommen. Ihre Bilanz ist verheerend.

Im Auftrag von Großkonzernen wie Mattel oder Disney

Die verdeckten Ermittler berichten über massive Verstöße gegen Arbeitsschutzbestimmungen und gegen Menschenrechte, die in den großen chinesischen Spielzeugfabriken vorherrschen. Dabei handelt es sich um Spielzeugfabriken, die im Auftrag von Großkonzernen wie Mattel, Disney, Walmart, Tomy oder Hasbro produzieren. Spielzeug, das vor allem im Westen in den Kinderzimmern landet. Etwa 80 Prozent der in Deutschland verkauften Produkte werden in China produziert. Vor allem betrifft dies Spielzeug aus Kunststoff. Aber auch Holzspielzeug, Plüschtiere und Gesellschaftsspiele werden zum Großteil in Niedriglohnländern Asiens gefertigt.

Im August hatten die CLW-Ermittler vier große Spielzeugfabriken über einen längeren Zeitraum inspiziert: Shaoguan Early Light, Dongguan Chang An Mattel, Dongguan Qualidax und Shenzhen Winson Precision. Überall, so berichten sie, hätten exzessive Arbeitszeiten vorgeherrscht. Die Arbeiter, zumeist Frauen, leisteten monatlich mehr als 80 und bis zu 140 Überstunden – obwohl das chinesische Arbeitsrecht maximal 36 Überstunden im Monat vorsieht. Ohne die Mehrarbeit kämen sie vielfach nur auf einen Monatslohn von 1650 chinesischen Renminbi, umgerechnet etwa 210 Euro.

Der Kleber sah aus wie eine zweite Hautschicht

Die als Arbeiter eingeschleusten Ermittler haben laut Bericht mit 400 Arbeitern gesprochen. Und Ausbeutung am eigenen Leib erfahren: „Ich war an der letzten Station des Produktionsprozesses positioniert und musste die Heißklebe-Maschine nutzen, um die Barbie in der Verpackung zu befestigen. Ich wurde nicht unterrichtet, einen Mundschutz oder Handschuhe zu tragen“, berichtet einer.

Und weiter: „Nach einer Weile sah der Kleber auf meinen Händen wie eine zweite Hautschicht aus. Ich war so erschöpft, meine Hände hörten nicht auf zu arbeiten, und ich hatte keine Zeit, mich auszuruhen.“ Heimlich aufgenommene Fotos dokumentieren auch die „unwürdigen Unterkünfte“ der Arbeiter: Teilweise bis zu zehn Personen in einem winzigen Raum, wo sie im Sommer sengender Hitze ausgesetzt sind, hoffnungslos verdreckte Sanitäranlagen, kaputte Leitungen, vielfach muss per Wassereimer geduscht und gespült werden.

Verbraucher sollten mehr über die Herstellung wissen

Wegen gefährlicher Inhaltsstoffe und mangelhafter Produktsicherheit gerieten Spielsachen in den letzten Jahren immer wieder in die Schlagzeilen. Es ist auch nicht das erste Mal, dass China Labor Watch die Arbeitsbedingungen in den Spielzeugfabriken anprangert. Eine Untersuchung des Vereins Weltwirtschaft, Ökologie und Entwicklung (Weed) kam 2016 zu ähnlich drastischen Ergebnissen. Weed fordert ein Siegel für Spielware, die nach sozialen Kriterien produziert wurde.

Die Spielwarenkonzerne indes verweisen auf einen freiwilligen Verhaltenskodex, in denen sie versprechen, Arbeitsrechte einzuhalten. Diesem fehle es allerdings an Transparenz und Kontrolle, konstatieren die Organisationen hinter dem Spielzeug-Report. Sie fordern die Konzerne auf, schnell zu handeln. Zudem sollten auch die Verbraucher wissen, wie die Spielzeuge hergestellt werden, die Kinder bald unter dem Weihnachtsbaum finden.