Berlin. Sachsens Regierungschef Tillich schreibt einen Brandbrief an Kanzlerin Merkel: Er fordert darin mehr Geld für die ostdeutschen Länder.

Die ostdeutschen Ministerpräsidenten haben Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgefordert, bei den Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition mehr Geld für den Osten bereitzustellen. In einem Brief an Merkel vom 30. Oktober, der dieser Redaktion vorliegt, bittet Sachsens Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) im Namen seiner fünf Kollegen darum, „die besonderen Belange unserer Länder im Rahmen der Regierungsneubildung zu berücksichtigen.“ Der Osten Deutschlands weise noch immer „eine nahezu flächendeckende Strukturschwäche auf“.

Am heutigen Mittwoch wollen Union, FDP und Grüne unter anderem über gleichwertige Lebensbedingungen in Deutschland sprechen. In den großen Verhandlungsrunden sitzen auch immer die Ministerpräsidenten von Union und Grünen. Ihr Interesse ist es, noch mehr Geld vom Bund zu bekommen. Tillich, der seinen Rücktritt zum Jahresende angekündigt hat, ist noch Vorsitzender der Ost-Ministerpräsidentenkonferenz.

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    Für Ostdeutschland soll extra Geld bereitgestellt werden

    Konkret fordern die Regierungschefs Merkel nun auf, bei den Verhandlungen für eine neue Koalition ein „Fördersystem zur Unterstützung strukturschwacher Regionen“ durchzusetzen. Für Ostdeutschland solle dabei extra Geld bereitgestellt werden: Es werde „eine Abstufung der Fördersätze und eine Vorabquotierung für Ostdeutschland nötig sein“, heißt es in dem Brief. Auch Forschung und Entwicklung müsse im Osten besonders gefördert werden.

    Tillich warnt auch vor einem abrupten Braunkohleausstieg. Dieser würde Zehntausende Arbeitsplätze und die Ergebnisse von drei Jahrzehnten Aufbau Ost gefährden und „verbietet sich schon aus Respekt vor der Lebensleistung der Beschäftigten“. Strukturbrüche wie schon in den 1990er Jahren seien für die ostdeutschen Braunkohleregionen „nicht akzeptabel“, schreibt der CDU-Politiker. Vor einem Ende der Braunkohlewirtschaft müsse es in den Regionen Perspektiven für die Zukunft geben.

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      Tillich verlangt auch mehr Investitionen in die Infrastruktur

      Darüber hinaus verlangt Tillich im Namen seiner Kollegen mehr Geld für die Infrastruktur. Ostdeutschland brauche bessere Bahn- und Flugverbindungen sowie eine bessere Versorgung mit Internet und Mobilfunk: „Die künftige Bundesregierung sollte Sorge dafür tragen, den Ausbau der digitalen Infrastruktur in Ostdeutschland mit ausreichend Fördermitteln zu begleiten“, schreibt der sächsische Regierungschef. Er forderte Merkel außerdem auf, Altersarmut in Ostdeutschland zu verhindern und dafür zu sorgen, dass dort mehr Bundesbehörden ihren Sitz haben.

      Die Forderung nach mehr Finanzhilfen ist deshalb politisch brisant, weil sich alle Ministerpräsidenten und die große Koalition im vergangenen Jahr auf neue Regeln für einen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern geeinigt hatten. Er soll ab dem Jahr 2020 gelten, wenn der bisherige „Solidarpakt“ ausläuft, mit dem den ostdeutschen Ländern finanziell zusätzlich geholfen wurde. Wenn Tillich und seine Kollegen nun erneut ein „Fördersystem“ ab dem Jahr 2020 verlangen, dann ignorieren sie die bisher getroffenen Absprachen.