Frankfurt. Ausländische Banken zeigen Interesse an der Übernahme der Frankfurter Commerzbank. Das Institut hat Angst und prüft Abwehrmaßnahmen.

Die Commerzbank sorgt vor: Sie holt sich offenbar Hilfe bei zwei US-Investmentbanken, um sich gegen eine Übernahme zu wappnen. So berichtet es jedenfalls die Zeitung „Financial Times“. Danach hat die Commerzbank die Mandate Goldman Sachs und Rothschild übertragen. Offenbar fürchten die Frankfurter, von einem Konkurrenten geschluckt zu werden. Das könnte auch Folgen für die Deutsche Wirtschaft haben: Die Bank betreut rund 60.000 Firmenkunden in Deutschland und ist in dem Segment Marktführer. Zudem hat sie mehr als 18 Millionen Privatleute und Unternehmer als Kunden. Die beteiligten Banken wollten sich nicht äußern.

In den vergangenen Wochen hatten verschiedene ausländische Großbanken Interesse an der Commerzbank bekundet: die italienische Unicredit sowie BNP Paribas und Crédit Agricole aus Frankreich. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron würde eine solche Annäherung begrüßen: Es sei gut, dass die Crédit Agricole sich auch Deutschland und einer so wichtigen Bank wie der Commerzbank hinwende, hatte er Anfang Oktober über seinen Sprecher mitteilen lassen. Ein Grund für das Interesse dürfte der bessere Zugang zum deutschen Markt sein. Außerdem haben sich die Aussichten für die deutsche Bankenbranche deutlich aufgehellt.

Neue Bundesregierung könnte die Staatsbeteiligungen überdenken

Ende Juli war etwa der Hedge Fonds Cerberus eingestiegen, er ist mit gut fünf Prozent inzwischen zweitgrößter Aktionär des Instituts – nach dem deutschen Staat. Es geht zunächst um den Anteil von 15,6 Prozent, den der Bund immer noch an der Commerzbank hält. Er war in der Finanzkrise dort eingestiegen, für zunächst 16,4 Milliarden Euro hatte er eine stille Beteiligung gekauft, weitere 1,8 Milliarden Euro investierte er in 25 Prozent der Aktien, beteiligte sich danach noch an einer Kapitalerhöhung. Insgesamt kostete das Aktienpaket gut fünf Milliarden Euro. Derzeit ist der Anteil rund 2,4 Milliarden Euro wert.

Eine neue Bundesregierung könnte die Staatsbeteiligungen überdenken, vor allem, wenn die FDP mitregierte. Doch dass der Bund sich jetzt schon von seinen Aktien trennen könnte, halten Analysten wie Philipp Häßler vom Bankhaus Equinet für recht unwahrscheinlich. Denn noch würde er bei einem Verkauf Verlust machen. Das sei nicht im Interesse der Steuerzahler. Deshalb hält Häßler Abwarten für sinnvoller. Denn Vorstandschef Martin Zielke, der die Bank seit Mitte 2016 lenkt, gestaltet sie tiefgreifend um: Sie soll digitaler werden und sich vollständig auf das Geschäft mit Privat- und Firmenkunden konzentrieren.

Interesse der ausländischen Konkurrenten könnte die Deutsche Bank anregen

Zudem sollen 9600 Vollzeitstellen wegfallen, die Verhandlungen mit den Arbeitnehmern laufen. Zuletzt beschäftigte die Bank rund 48.800 Mitarbeiter. Diese Restrukturierung werde man wohl erst abwarten, vermuten Beobachter. „Wenn dann auch die Zinsen und damit die Profitabilität deutlich steigen würden, könnten die Aktien mittelfristig auch noch stärker zulegen“, meint Analyst Häßler. Sollte dann noch eine Prämie gezahlt werden, käme man schon deutlich näher an den Preis, den der Bund gezahlt habe, vermutet er.

Das Interesse der ausländischen Konkurrenten könnte auch die Deutsche Bank wieder anregen, über ein Zusammengehen mit der Commerzbank nachzudenken. Möglicherweise wartet der Bund auch deshalb mit einem Ausstieg. Denn die Deutsche Bank räumt noch im eigenen Haus auf und muss eine überzeugende Strategie entwickeln. Deutsche-Bank-Chef John Cryan und Commerzbank-Chef Zielke hatten ein Zusammengehen schon 2016 sondiert und verworfen – vorerst.