Friedrichshafen. Äpfel sind das beliebteste Obst der Deutschen, doch zurzeit kosten sie deutlich mehr als sonst. Schuld sind massive Ernteausfälle.

Angesichts einer schlechten Apfelernte rechnen die Landwirte in diesem Jahr mit deutlichen Verlusten – obwohl die Preise für das Obst steigen dürften. In Deutschland wird nur halb so viel geerntet wie im vergangenen Jahr. „Wir haben europaweit eine deutlich kleinere Ernte, weil es in vielen Ländern massiven Frost gab“, sagte Jürgen Nüssle von der Marketinggesellschaft Obst vom Bodensee. „Das lässt zwar den Preis steigen – allerdings reicht das bei Weitem nicht aus, um die Schäden zu kompensieren.“

Die Bauern in Niedersachsen und Hamburg gingen zuletzt von einer Gesamtmenge von rund 230.000 Tonnen aus – gut einem Drittel weniger als 2016, wie das niedersächsische Landesamt für Statistik (LSN) kürzlich mitteilte. Die Region Niederelbe sei dank Frostberegnungsanlagen mit Verlusten von geschätzt 35 Prozent glimpflich davongekommen, sagte Experte Dennis Hezel von der baden-württembergischen Landesanstalt für Entwicklung der Landwirtschaft (LEL).

In NRW ist die Ernte teilweise um 95 Prozent eingebrochen

Derzeit hoffen die Obstbauern in Norddeutschland auf ertragsstarke Sorten wie Jonagold und Braeburn, wie die Sprecherin des Landvolks Niedersachsen, Gabi von der Brelie, sagte. Da die Ernte dieser Sorten noch nicht abgeschlossen sei, könne erst in gut zehn Tagen eine Bilanz gezogen werden. Klar sei aber schon jetzt, dass das Wetter negative Folgen für die Ernte habe. Gerade sei der starke Regen ein großes Problem für die Region Niederelbe.

Auch in Nordrhein-Westfalen ist die Apfel-Ernte nach Einschätzung des Landwirtschaftsverbands um etwa die Hälfte eingebrochen. „Regional gibt es auch Ausfälle bis zu 95 Prozent“, sagte Verbandssprecher Bernhard Rüb. Die Apfelbäume hatten im Frühjahr wegen der warmen Witterung zu früh geblüht, als der Frost kam. Die Anbauer müssten massive finanzielle Einbußen hinnehmen. „Wenn das mehrere Jahre hintereinander vorkommt, sind die pleite“, sagte Rüb.

Ausfälle in Baden-Württemberg treiben Preise in die Höhe

Neben dem Alten Land in Hamburg und Niedersachsen ist der Bodensee eines der wichtigsten Anbaugebiete für Äpfel in Deutschland. Der Großteil der dortigen Ernte geht in den Groß- und Einzelhandel, wie Nüssle sagte. Die Kunden müssten derzeit mit einem Kilopreis von rund 2,99 statt 1,99 Euro rechnen. Wie viel davon beim Erzeuger ankommt, lasse sich pauschal nicht sagen – das sei etwa abhängig von der Sorte. „Es ist aber sicher weniger als die Hälfte.“

In Baden-Württemberg sind nach LEL-Schätzungen dagegen zwei Drittel einer Durchschnittsernte vernichtet worden. Europaweit drohe mit 9,3 Millionen Tonnen die schlechteste Apfelernte seit zehn Jahren. Für Deutschland wird mit 555.000 Tonnen (minus 46 Prozent gegenüber 2016) der geringste Ertrag seit der Wiedervereinigung erwartet.

24 Kilo Äpfel pro Kopf und Jahr

Äpfel sind mit Abstand das beliebteste Obst der Deutschen: Der Pro-Kopf-Verbrauch liegt bei über 24 Kilogramm im Jahr. Wegen der Häufung ungewöhnlicher Wetter-Ereignisse gingen die Obst-Anbauer davon aus, dass sie die Auswirkungen des Klimawandels zu spüren bekommnen. Die Apfelbauern reagieren, indem sie vermehrt Sorten anbauen, die mit andauernder Hitze klarkommen. (dpa)