Berlin . Die Chancen für eine Transfergesellschaft für die Beschäftigten stehen schlecht. Gespräche über einen Sozialplan beginnen am Montag.

Die Mitarbeiter der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin müssen sich selbst helfen. Eine Transfergesellschaft, die Beschäftigte für die ersten Monate nach dem Gang in die Arbeitslosigkeit auffangen, wird es nach heutigem Stand nicht geben.

Die Finanzierung eines solchen Hilfsinstruments für die Arbeitnehmer sei nicht Gegenstand der Verhandlungen, die noch bis zum 12. Oktober mit der Lufthansa und Easyjet exklusiv geführt werden, hieß es aus informierten Kreisen. Die beiden Airlines wollen jeweils Teile der Air Berlin übernehmen, jedoch nicht das gesamte Unternehmen. Die Lufthansa interessiert sich für insgesamt 93 der noch 134 Flugzeuge, Easyjet für 27 bis 30. Allerdings wackeln die Verhandlungen mit Easyjet nach Informationen der „B. Z.“, weil Easyjet sein Angebot reduziert habe und es mit der Lufthansa Konflikte über Landerechte gebe.

Die Fluggesellschaft hat kein Geld – wer kann, geht

Air Berlin selbst habe in der Insolvenz kein Geld für eine solche Transfergesellschaft. Das Unternehmen hält sich derzeit mithilfe des 150-Millionen-Euro-Kredits der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau über Wasser. Zuletzt hatte auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) eine solche Transfergesellschaft für die Beschäftigten gefordert.

Wer kann, verlässt Air Berlin. Seit dem Insolvenzantrag Mitte August habe die Airline schon mit 300 Mitarbeitern, die neue Jobs gefunden haben, Aufhebungsverträge unterschrieben, sagte ein Sprecher. In der kommenden Woche wird es zwei Jobmessen in der Air-Berlin-Zentrale geben. Am Dienstag treffen dort Unternehmen wie BASF, der Deutschen Bahn, Eurowings, der Stadler Pankow GmbH, Toll Collect, Zalando und die Bundesagentur für Arbeit auf Noch-Mitarbeiter von Air Berlin. Für Freitag laden Personalchefin Martina Niemann und der Generalbevollmächtigte Frank Kebekus ihre Leute ein, mit der Lufthansa-Tochter Eurowings in Kontakt zu treten.

Neue Arbeitgeber werden nicht ganze Gruppen übernehmen

Die Air-Berlin-Mitarbeiter müssen sich persönlich auf die Stellen dort bewerben. Einen Betriebsübergang, der ganzen Gruppen von Beschäftigten zu den bisherigen Konditionen den Weg in die neue Firma ebnet, wird es nicht geben. Die möglichen Übernehmer wollen sich nicht mit den vergleichsweise teuren Altverträgen belasten. Vor allem jene, die aus der 2007 von Air Berlin übernommenen Düsseldorfer Airline LTU kommen, verdienen deutlich mehr, als heutzutage in der Branche gezahlt wird.

Für die einstmals zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft beginnt nun wirklich der Kehraus, obwohl der Flugbetrieb noch weitergeht. Am Montag starten die Gespräche für einen Sozialplan. Das geht aus einer internen Mitteilung der Personalabteilung und des Generalbevollmächtigten Frank Kebekus hervor.

Verdi fordert Bundesregierung zum Einschreiten auf

Darin heißt es, dass „eine Fortführung des Geschäftsbetriebs aufgrund der hohen Verluste, die derzeit und prognostiziert dauerhaft entstehen, unmöglich und unzulässig“ sei. „Deshalb haben wir heute die Personalvertretungen und den Gesamtbetriebsrat der airberlin LuftverkehrsKG aufgefordert, Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan aufzunehmen.“

Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle forderte die Politik auf, nicht tatenlos zuzusehen, wie die Fluggesellschaft mit dem Schicksal tausender Beschäftigter spiele: „Die staatliche Bürgschaft der Bundesregierung war auch zur Rettung der Arbeitsplätze gedacht. Wenn Air Berlin die Massenkündigungen wahr machen sollte, ist das ein Missbrauch der Politik und der Steuerzahler, der nicht zugelassen werden darf! Die Politik muss jetzt eingreifen und die Käufer und Verkäufer zur Raison bringen.“

Mitarbeitern der Zentrale droht nahezu ausnahmslos die Kündigung

Der Betriebsrat hat sich auf massenhafte Entlassungen eingestellt, wie aus einer Mitarbeiterinformation des Betriebsrats Nord hervorgeht. In dem internen Papier heißt es: „Alle Mitarbeiter werden gekündigt!!!“

Der Betriebsrat Nord vertritt unter anderem die Mitarbeiter der Verwaltung am Standort Berlin, nach Angaben der Gewerkschaften sind das in der Hauptstadt etwa 1000 Mitarbeiter. Vor allem in der Zentrale dürften viele Mitarbeiter auf der Strecke bleiben.

Das Flugpersonal dürfte es weniger hart treffen

Für das fliegende Personal sind die Aussichten besser. Denn allgemein wird damit gerechnet, dass Konkurrenten nach dem Aus der Air Berlin die meisten Strecken weiter bedienen werden und dafür Piloten und Kabinenpersonal brauchen.

Die Lufthansa-Tochter Eurowings hat bereits erste Piloten aus den Reihen von Air Berlin eingestellt. Eine genaue Zahl nannte das Unternehmen bislang nicht. Für Crews der Air Berlin gebe es ein verkürztes Auswahlverfahren. „Aktive Air-Berlin-Crews gelten aufgrund des hohen Sicherheitsniveaus sowie der anerkannt guten Qualität der Aus- und Fortbildung für Cockpit- und Kabinenpersonal im Air-Berlin-Flugbetrieb als qualifizierte Bewerber für eine Tätigkeit in den Flugbetrieben der Eurowings Group“, teilte Geschäftsführer Michael Knitter mit. (mit dpa)