Frankfurt/Main. Trotz der Pleite bleiben die Filialen des US-Konzerns Toys “R” Us in Deutschland geöffnet. Konkurrenz kommt vor allem aus dem Internet.

Erst hat er die Spielwarenbranche ausgesiebt, jetzt wird er selbst ein Opfer des sich wandelnden Einkaufsverhaltens, ein Opfer der Onlinegiganten: Der amerikanische Spielwarenhändler Toys “R” Us ist insolvent. Er hat in der Nacht zu gestern Gläubigerschutz beantragt. Anfällig geworden ist er durch hohe Schulden. „Die operativen Gesellschaften in Europa, Asien und Australien“ seien nicht betroffen, teilte die Kölner Deutschlandzentrale des Konzerns mit.

So kurz vor dem Weihnachtsgeschäft ist den Kölnern daran gelegen mitzuteilen, es handele sich „weder um eine Geschäftsauflösung noch einen Konkurs nach unserem Verständnis“. Soll heißen: Es geht weiter. Die amerikanische Gesellschaft hatte wissen lassen, es gehe nur um eine „Neustrukturierung der Schulden“, um weiter in „langfristiges Wachstum“ investieren zu können. Die Marken Toys “R” Us und Babies “R” Us sollten noch „für viele Generationen“ weiterleben.

Alte Kredite werden erstmal nicht bedient

Es sind offenbar die Eigentümer, die das wirtschaftliche Leben des amerikanischen Spielehändlers beendet hatten. Toys “R” Us war 2005 von Geldgebern um die Finanzinvestoren Bain und KKR übernommen worden – sogenannte Heuschrecken. Der Preis hatte bei 7,5 Milliarden Dollar gelegen. Den musste das Unternehmen selbst tragen, indem es mit Schulden vollgeladen wurde, während die Investoren auf pünktliche Gewinnausschüttung achteten.

Nun müssten langfristige Verbindlichkeiten von fünf Milliarden Dollar umgeschuldet werden, ließ Toys-Chef Dave Brandon wissen, dann gewinne man wieder Luft für weitere Investitionen. Die alten Kredite werden erstmal nicht bedient. Ziel sei, die Schuldenlast „während des laufenden Geschäftsbetriebes signifikant zu reduzieren.“ Eine solch derbe Finanzierungsmethode hat allerdings den Vorteil, Schwächen im operativen Geschäft offenzulegen. So kam heraus, dass Toys “R” Us die vor zwölf Jahren aufgebürdeten Lasten nicht mehr tragen konnte. Und das lag daran, dass Onlinehändler wie Amazon Toys “R” Us stark zusetzten.

Weihnachtsgeschäft ist entscheidend in der Spielzeugbranche

Weltweit betreibt das Unternehmen rund 1800 Filialen mit insgesamt rund 64.000 Beschäftigten. In Europa sind es etwa 320 Geschäfte, in Deutschland 65. Bis Ende des Jahres sollen noch zwei hinzukommen. „Nach einem bisher stabil verlaufenden Geschäftsjahr sehen wir dem anstehenden Weihnachtsgeschäft positiv entgegen“, ließ die Deutschlandzentrale wissen. Das Weihnachtsgeschäft ist entscheidend in der Spielzeugbranche: 40 Prozent des Jahresergebnisses werden im November und Dezember verdient.

Neue Spielwarengeschäfte zu eröffnen, ist in Deutschland im Wesentlichen Toys “R” Us gelungen. Die deutsche Niederlassung wurde 1986 gegründet, der erste Fachmarkt ein Jahr später in Koblenz. Bald werden es 67 Märkte in Deutschland sein. Der klassische Spielwarenhandel schrumpfte dagegen. 2014 gab es nur noch 3217 steuerpflichtige Unternehmen im Spielwareneinzelhandel, fast ein Drittel weniger als 2005.

Immer wieder von Kauflust überrascht

Die überlebenden Geschäfte schlossen sich zu Einkaufskooperationen zusammen, etwa in der Vedes-Gruppe oder unter dem Namen idee + spiel. Und sie konnten von wachsender Kauflust profitieren. Gaben die Deutschen 2009 noch knapp 2,4 Milliarden Euro für Spielwaren aus, waren es voriges Jahr schon rund 3,1 Milliarden, berichtet Willy Fischel, der Geschäftsführer des Handelsverbandes Spielwaren (BVS) in Köln: „In den letzten Jahren wurden wir immer wieder von der Kauflust der Konsumenten überrascht.“

Ein Grund: Da Paare immer später Kinder bekämen, könnten sie sich auch höherwertiges Spielzeug leisten, sagt Wolf M. Günthner, der Sprecher des Verbandes der Spielwarenindustrie in Nürnberg. Das mag dazu beigetragen haben, dass der stationäre Fachhandel in Deutschland einen stabilen Anteil von 35 Prozent am Spielwarenumsatz hat.

Schenkende Großeltern bevorzugen den Fachhandel

Über das Internet wurden voriges Jahr mit leicht steigender Tendenz 34 Prozent der Umsätze getätigt, der Rest über Verbrauchermärkte und Warenhäuser. Freilich mischt beim Internetgeschäft der stationäre Fachhandel mit. Auch Toys “R” Us verkauft seine Waren online. Und nicht aller Onlinehandel ist Amazon. Oliver Lederle etwa hat 1999 myToys.de gegründet und sich ein Jahr später den Otto-Versand als Kapitalgeber geholt. Die Mytoys-Gruppe mit Sitz in Berlin hat voriges Jahr nach einem Wachstum von 20 Prozent die Schwelle von einer halben Umsatzmilliarde geknackt. Zum Überleben der Spielzeugbranche tragen auch findige Spielehersteller bei. Die Ravensburger Gruppe will demnächst den US-Spieleverlag Thinkfun übernehmen und das Digitalgeschäft ausbauen.

Das wird schenkenden Großeltern vielfach zu kompliziert, weiß man in der Branche. Diese kaufkräftige Kundschaft sucht gern den Fachhandel auf. Damit die Enkel keine Grimasse zum Geschenk schneiden. Vielleicht hat ja der Fachhandel deshalb Zukunft und fürs Standardgeschäft auch der Onlinehandel. Nur eben die Großmärkte nicht.