Berlin. Sie kämpfen gegen Armut, Angst, Krankheit: Die Westerwelle Foundation unterstützt 25 Gründer aus Schwellen- und Entwicklungsländern.
Zinah Alkinani, Aditi Chadha und Swam Saung Oo haben sich schick gemacht. Sie sind die aufstrebenden Köpfe ihrer Heimatländer: gut ausgebildete Jungunternehmer, die in Indien, Myanmar und Irak die Gesellschaft zum Positiven verändern wollen. Sichtlich beeindruckt schreiten die drei über die roten Teppiche im herrschaftlichen Treppenhaus am Kurfürstendamm. Sie betrachten den Stuck an der Decke, die großformatigen Ölbilder an den Wänden. Tausende Kilometer wurden sie eingeflogen, um in den prachtvollen Räumen der Westerwelle Foundation beim Young Founders Programm Netzwerke zu knüpfen.
Firma im Irak mit ausschließlich weiblichen Angestellten
Dass sie einmal in einem Gebäude wie diesem sitzen und von einem erfolgreichen Unternehmen mit 60 Mitarbeitern berichten würde, das wäre Zinah Alkinani vor einigen Jahren noch im Traum nicht eingefallen. Erst 28 Jahre alt ist die Gründerin, die ihr vom Krieg gebeuteltes Land mit ihrer Unternehmensphilosophie revolutioniert: Sie führt die erste Firma im Irak, die ausschließlich weibliche Angestellte hat.
Viele der Frauen haben ihre Männer im Krieg verloren. In Heimarbeit fertigen sie Kosmetikprodukte, vor allem handgemachte Seifen aus natürlichen Inhaltsstoffen wie Honig, Milch oder Rosenwasser. „Seife herzustellen, war für mich schon immer ein Hobby“, erzählt die 28-Jährige, die zu Bürgerkriegszeiten in Bagdad Betriebswirtschaft studiert hat. „Von ursprünglich 150 Studenten haben nur 72 das Studium beendet. Viele sind getötet worden, wurden entführt oder brachen ab, weil der Weg zu gefährlich war.“
Das Leben von Guido Westerwelle in Bildern
Es geht darum, Netzwerke zu knüpfen und Investoren zu finden
Zinah Alkinani schluckt, lässt den Blick kurz aus dem Fenster gleiten. „Ich will meinen Abschluss nutzen, um allen damit zu helfen, die weniger Glück hatten, die keine Ausbildung abschließen konnten.“ Bei der Westerwelle Foundation möchte Alkinani Netzwerke knüpfen, um Investoren zu finden und richtige Arbeitsräume im Irak anmieten zu können. Die Stiftung stellt den jungen Gründern aus Schwellen- und Entwicklungsländern dazu deutsche Unternehmer an die Seite, die als Mentoren ein Jahr lang per Videotelefonie Tipps geben werden.
„2500 Bewerbungen aus rund 150 Ländern sind für das diesjährige Young Founders Programm eingegangen“, sagt Projektleiter Christian Rohde. 25 wurden ausgewählt.
Swam Saung Oo rief die ersten digitalen Arztsprechstunden ins Leben – über Facebook
Zu diesen handverlesenen Gründern gehört auch Swam Saung Oo aus Myanmar. Der 28-Jährige ist Mediziner und bringt obendrein einen Masterabschluss in Management mit. Swam Saung Oo will als Arzt nicht nur einzelnen Patienten helfen, sondern die Gesundheitsfürsorge seiner Gesellschaft insgesamt fördern. 2015 rief er die ersten digitalen Arztsprechstunden über den Facebook-Messenger ins Leben. Die Seite wuchs rasch auf 320.000 Follower.
Etwa 45 Personen arbeiten mittlerweile in Swam Saung Oos Unternehmen – die Hälfte von ihnen sind erfahrene Ärzte. Seit Kurzem betreiben sie auch eine kostenpflichtige 24-Stunden-Hotline. Per Fragenkatalog schätzen die Ärzte die Schwere einer Erkrankung ein und beraten, welche Notaufnahmen oder Fachmediziner infrage kommen.
Das Start-up will über Telefon- und Online-Angebote sowie Apps helfen
Ziel des Unternehmens ist es aber auch, auf allen medialen Kanälen das Wissen um Gesundheitsthemen voranzubringen. „Ansteckende Krankheiten wie HIV, Tuberkulose und Malaria sind in Myanmar sehr verbreitet“, sagt Swam Saung Oo. „Aber auch Sexualkunde ist nötig: Unsere Kultur hat in diesem Bereich viele Tabus.“
In Myanmar, wo Abtreibungen illegal sind, komme es gerade in ländlichen Regionen zu großen Problemen durch ungewollte Schwangerschaften, so der Arzt. Mit Unterstützung der neuen Regierung will sein Start-up durch Telefon-, Online-Angebote und Apps noch mehr Menschen helfen. „Dazu arbeiten wir eng mit den Telefongesellschaften, den Ministerien und auch vielen Nichtregierungsorganisationen zusammen.“
Smarter Schmuck „ruft“ in Notsituationen nach Hilfe
Während Swam Saung Oo seinen Service ausschließlich auf Birmanisch anbietet, will Aditi Chadha aus Indien für ihre Innovation möglichst viele globale Märkte erschließen. Gemeinsam mit ihrer Mutter, einer Modeschmuck-Expertin, hat die Mittdreißigerin kleine Taschenanhänger, genannt Dazl, entwickelt, die nicht nur schön aussehen, sondern auch smart sind: Über Bluetooth können die schmucken Stücke Signale an ein Handy senden.
„Wenn eine Frau sich unwohl fühlt oder in eine Notsituation gerät, kann sie auf den Anhänger drücken“, sagt Aditi Chadha. „Dann schickt ihr Handy automatisch eine Nachricht mit ihrem Standort an ihre Familie oder Freunde.“ Wenn es brenzlig wird, kann der Anhänger auch ein Alarmsignal ausspielen. „In einer patriarchalen Gesellschaft wie Indien gibt es solche Probleme oft“, sagt Aditi Chadha.
Doch auch in den USA würden ihre Schmuckstücke bereits Anklang finden. „Gern würden wir jetzt auch den europäischen Markt für uns gewinnen.“ Dazu fehlen der Unternehmerin bislang noch Investoren. Beim Young Founders Programm will sie nun lernen, wie man neue Geldgeber findet.